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Saturday, July 26, 2014

BUCH II - Kapitel XIV - Christian und Anastasia Fanfiction

Kapitel XIV

Ich unterwerfe mich dir



Mein Blick ist fest, meine Augen unerschrocken; fokussiert, unerschütterlich. Mein stechender Blick lässt keinen Zweifel daran, wer hier das Kommando hat und Leilas Blick ruht auf mir. Sie umklammert die Waffe in ihrer Hand noch fester. Jetzt oder nie. Mein Blick wird völlig kalt und total dominierend. Für einen Augenblick sieht Leila so aus, als wäre sie gerade bei etwas Unerlaubtem erwischt wurden – wie ein Kind, das sich gerade an den Süßigkeiten bedient hat. Mein Blick ist der eines Doms, der absoluten Gehorsam sucht. Sie kennt diesen Blick. Das ist der Blick, der ihre Unterwerfung fordert. Leilas vorherige Doms haben sie zur Sklavin trainiert. „Als ob“ zu fordern, führt beim Sklaven neben der Hilflosigkeit, auch zur Kontrolle über sein oder ihr Verhalten. Sie ist sich bewusst, dass die „Als ob“ Position von ihr verlangt wird, da mein Blick, ihr diese vorschreibt. Sie hat diesen Blick schon einige Male in der Vergangenheit gesehen und sie hat absolut nicht die Macht, das Verhalten, das ich in diesem Moment von ihr verlange, zu verändern.

Ich mache einen Schritt in das Apartment. Ich habe die Kontrolle und die dominante Seite an mir, ist wie eine Verlängerung meines Körpers, eine zweite Natur. Mein Blick bohrt sich in Leila, wie zu der Zeit, als Leila mich berührt hat und Bestrafung gefordert hat – sie kennt diesen Blick. Der Blick, den sie erwidert, ist herausfordernd; sie versucht sich gegen meinen Willen, sie zu dominieren, zu widersetzen, und an ihrem eigenen Willen festzuhalten, um ihr Ziel zu verfolgen. Aber das wird nicht passieren!

Sie blinzelt einige Male, um der anschwellenden Macht meines Blickes, meinem Willen über sie, auszuweichen – die Unterwürfigkeit wurde durch ihre vorherigen Ausbildungen tief in ihr verankert; die Spannung zwischen uns wächst, wird größer wie zu der Zeit, als sie meine Sub wurde. Ich fülle den ganzen Raum mit meiner Dominanz, sie ist greifbar, fühlbar, stark und geladen mit anschwellender Macht. Macht zu dominieren, Macht zu erobern. Mein Blick zwingt Leila in ihren demütigen Modus, sucht den Schalter, um diesen Modus wieder anzuschalten, sie dazu zu bringen, sich mir zu unterwerfen, wie sie es schon für so viel Monate getan hat: zuerst bleibt sie reglos und schließlich finde ich den Schalter in Leilas Verstand. Die ursprüngliche Verbindung, die sie dazu bringt, sich mir zu unterwerfen, meinem Willen, meinen Lüsten zu beugen, und sich der Kontrolle hinzugeben. Ihr Kopf taucht etwas ab und sie blickt mit ihren müden, gequälten braunen Augen gehorsam durch ihre langen Wimpern auf.

Ich spüre, dass Taylor hinter mir nervös wird. Schließlich zielt Leila immer noch mit einer Waffe auf Anastasia und ich versuche mich unterdessen in das Apartment vorzubewegen, indem ich meinen Körper als Schild benutze, um Anastasia zu beschützen; er ist extrem nervös. Allerdings kann ich es nicht riskieren, dass Taylor voreilig handelt und er Blut vergießt. Ich möchte Leila helfen. Ich halte meine Hand hoch, um Taylor aufzuhalten, sodass er jeglichen Instinkt, Leila niederzuschießen unterdrückt, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Ich weiß, dass sich Taylor bemüht, seine Instinkte, die er durch die Militärausbildung gewonnen hat, im Zaum zu halten. Ich kann sie unter Kontrolle bekommen, ohne einen Muskeln zu bewegen. Allerdings wage ich es auch nicht meinen Blick von Leila abzuwenden, oder auch nur zu blinzeln. Ich sehe vor mir eine Frau, die nur noch der Schatten ihrer selbst ist. Verwirrt, dreckig, verloren, fast schon von Sinnen. Das ist nicht die Leila, die ich kenne, die  Leila, die durch meine Tür gekommen ist. Sie war lebhaft, aufgeweckt, dynamisch, verschmitzt und plötzlich habe ich Mitleid mit ihr. Ich sorge mich um sie und sie in diesem Zustand zu sehen … ich fühle mich schuldig. Aber ich kann diese Gefühle jetzt nicht die Oberhand gewinnen lassen. Mein oberstes Ziel ist, sie zu überwältigen. Meine Angst, dass sie Anastasia verletzen könnte, gewinnt wieder die Oberhand. Das darf nicht passieren. Lieber sterbe ich an ihrer Stelle. Die Stille im Raum wird von meinem Willen, Leila zu beherrschen, dominiert. Alles und jeder andere sind in diesem Moment aus meinen Gedanken verbannt. Wenn ich zögere, wird Anastasia verletzt werden. Das darf nicht passieren. Die Stille ist vorherrschend. Die Stille ist laut. Die Stille ist dunkel. 

(The Sound of Silence by Simon and Garfunkel)

Ich bleibe entschlossen, und mein Blick bohrt sich in sie, zwingt sie dazu, sich mir zu unterwerfen, zwingt sie dazu, jeden Gedanken und jegliche Entscheidungsfähigkeit aufzugeben. Ich muss derjenige sein, der bestimmt. Ich zwinge sie dazu, sich mir zu öffnen, mich anzusehen, ihren Dom, ihren Meister. Meine Haltung ändert sich plötzlich, als ihre Barrieren langsam zu bröckeln beginnen. Ich fühle mich stärker, kontrollierter und verantwortlich für sie. Sie ist mit mir verbunden und nur mit mir allein. Sie sieht niemanden, hört niemanden, erkennt niemanden, außer mir. Ich bin ihr Meister, ihr Gott. Leilas Lippen teilen sich, um sich ihren schnelleren Atemzügen anzupassen. Ihr unterwürfiges, erwartendes Selbst kommt zum Vorschein, antwortet auf meinen Ruf, ihre Existenz zu übernehmen. Sie errötet abwartend. Leila steht völlig unter meiner Kontrolle. 

(Take Over Control by Afrojack)

Nun ist sie in ihrem „Als ob“-Modus. Als sich die Intensität meines Blickes auf sie fokussiert, die Kontrolle über sie übernimmt, ihren Körper und ihren Verstand erobert, forme ich mit meinen Lippen, „knie“. Es ist ein sprachlicher Befehl, dem ein Sklave, sobald er ihn hört, gehorchen muss, ein Befehl, der den Sklaven/Sub in die Knie zwingt. Ihre erste Ausbildung hatte sie in Goreanischer Unterwerfung. Der sprachliche Befehl in Gorean dafür lautet nadu. Nadu ist die erste Position, die ein neuer Sklave beigebracht bekommt. Ein kniender Sklave oder Sub wird darauf verwiesen, seinen Rücken durchzudrücken, während er auf seinen Fersen sitzt, und den Kopf zu heben, während der Blick nach unten gerichtet ist. Sie ist dazu angehalten, die Handflächen auf ihre Oberschenkel zu legen. Aber ich habe die goreanischen Befehle nie bei ihr verwendet. Nadu bedeutet knien und ich habe es bei ihr nur in der Normalform verwendet. Knien als sprachlicher Befehl, ist immer noch die erste und meistbenutze Position, wie in Gorean. Plötzlich lässt sich Leila auf ihre Knie sinken, ihr Kopf ist gebeugt, und schließlich fällt diese unheilbringende Waffe, die sie gehalten hat, aus ihren Händen und scheppernd zu Boden.

Mein erstes Ziel ist es, die Waffe aufzusammeln, sodass die Gefahr im Raum gebannt ist. Ich beuge mich herunter und hebe die Waffe auf, blicke sie angewidert an und verstaue sie schließlich sicher in meiner Tasche. Mein Blick wandert wieder zu Leila, um sicher zu stellen, dass sie gehorsam neben der Kücheninsel kniet. Nun, da die Hauptgefahrenquelle im Raum gebannt ist, muss ich Leila entsprechende Hilfe besorgen und ich kann es nicht ertragen, dass Anastasia mich beobachtet.

„Anastasia geh mit Taylor“, weise ich sie an. Schließlich betritt Taylor das Apartment, geht zu Anastasia und bittet sie mit einem flehenden Blick mit ihm zu kommen.

„Ethan?“ fragt Anastasia mit leiser Stimme.

„Unten“, erkläre ich und mein Blick ruht immer noch auf Leila. Anastasia bewegt sich nicht von ihrem Platz. Sie ist regungslos. Ich blicke sie mit demselben herrschenden Blick an, aber sie kann ja sowieso nicht hören! Herrgott nochmal, einmal, Anastasia! Mach, was man dir sagt! Ein einziges Mal!

„Anastasia …“, sage ich mit warnender, abgehackter Stimme. Sie blinzelt mich an und ist nicht in der Lage, mich zu verstehen. Automatisch gehe ich zu Leila und stelle mich neben sie. Ich stelle mich schützend vor sie, als würde Taylor sie jeden Moment niederschießen oder um Anastasia zu beschützen, als hätte Leila, eine zweite Waffe, die sie gleich ziehen wird. Ich bin die Trennwand zwischen beiden Polen im Raum. Anastasias Blick ist auf die Szene vor ihr fokussiert, verwirrt, schockiert, und zutiefst betrübt. 

(Misery by Maroon 5)

Ich kann ihren Blick nicht länger ertragen und ich muss mich um Leila kümmern. Bitte, Ana! Was muss ich tun, um dich hier rauszukriegen?

„Um Himmels willen, Anastasia, kannst du ein einziges Mal tun, was ich dir sage, und einfach gehen?“ zische ich sie mit kalter, eisiger Stimme an, während sich unsere Blicke treffen. Aber es hat natürlich keinen Effekt auf sie! Ich bin wütend, dass sie noch immer hier ist, dass sie mich mit diesem enttäuschten Blick ansieht. Sie muss gehen! Ich muss mich um Leila kümmern, sie wieder in Ordnung bringen, und die Gefahr, die sie für Anastasia darstellen könnte, ein für alle Mal, beseitigen! Kann sie das nicht verstehen? Aber wir reden schließlich von Anastasia. Natürlich hat sie ihren eigenen Kopf.

„Taylor! Bringen Sie Miss Steele nach unten. Sofort!“ Taylor nickt unbequem, aber entschlossen.

„Wieso?“ flüstert Anastasia,

„Geh. Nach Hause. In meine Wohnung.“ Ich starre Anastasia mit frostigem Blick und ohne zu blinzeln an. Wirst du verdammt nochmal tun, was ich dir sage, ohne andauernd zu hinterfragen?  „Ich muss mit Leila allein sein“, sage ich. Ich muss mit ihr sprechen und ihr Hilfe besorgen.

Anastasia blickt zu Leila hinab.

„Miss Steele … Ana“, sagt Taylor, fleht Anastasia an, hält ihr seine Hand hin, um das Apartment zu verlassen. Anastasia kann sich nicht bewegen. Ihr Mund steht offen, ihre Augen sind weit aufgerissen, völlig schockiert und ich kann den Blick auf ihrem Gesicht nicht ertragen. Darum muss ich mich später kümmern. Aber im Moment muss ich mich um ein Problem kümmern, dass ich selber kreiert habe. Ich muss ihr die Hilfe zukommen lassen, die sie braucht. Ich bin ja nicht völlig aus Eis! Ich muss den Schaden beheben, den ich ihr zugefügt habe. Das ist das Mindeste, das ich für sie tun kann! Aber Anastasia versteht es nicht.

„Taylor“, brülle ich ihn an und schließlich versteht Taylor. Er beugt sich herunter und nimmt Anastasia in seine Arme und trägt sie aus dem Apartment.

Sanft und liebevoll streichle ich Leilas Kopf und murmele, „Mach dir keine Sorgen, Leila … ich werde dir helfen, ich werde dafür sorgen, dass sich jemand um dich kümmert.“

Als Taylors schritte immer leiser werden, sich entfernen, beuge ich mich herunter, hebe Leila hoch und trage sie in Anastasias Badezimmer. Neben der Badewanne stelle ich sie auf ihre Füße und schließe die Tür, sodass sie auch ja nicht die Möglichkeit hat, zu fliehen. Aber sie sieht reuevoll aus und wird nicht weglaufen. Sie blickt mich liebevoll an. Ich fühle mich für ihren derzeitigen Zustand verantwortlich, auch wenn er von tragischen Geschehnissen ausgelöst wurde. Sie hat mich gesucht und auf abgefuckte Art und Weise verstehe ich sie sogar sehr gut. Sie hat durch Anastasia versucht, Rache an mir zu üben.  Tief in mir weiß ich, dass sie glaubt, ich hätte ihr Unrecht getan. Wenn man bedenkt wie abgefuckt ich bin, wäre es nicht das erste Mal, dass ich jemandem Unrecht getan habe.

Ich drehe den Wasserhahn auf und fülle die Wanne mit heißem Wasser. Leilas Haarsträhnen kleben an ihrer Kopfhaut, von Öl und Schmutz, schlaff und leblos, als hätte sie sich seit Wochen nicht gewaschen. Ihr Gesicht ist von Dreck gemischt mit Tränen verschmiert und so getrocknet. Ihre Nagelbette sind voll getrocknetem Schmutz. Sie riecht nach Schweiß, Blut und ungewaschenem Dreck. Sie war noch nie so. Sie war immer sauber, hat immer angenehm gerochen, hat sich immer gepflegt. Was ist mit dir passiert Leila? Ich gebe etwas Bade Öl in das heiße Wasser und lasse es sich auflösen und aufschäumen. Als die Wanne mit schaumigem, heißem Wasser gefüllt ist, ziehe ich Leila ihren dreckigen Designer Trenchcoat lautlos aus. Nun sehe ich, dass sie ganz schön an Gewicht verloren hat. Mein Herz zieht sich vor Schwermut zusammen. Schicht für Schicht ziehe ich Leila ihre dreckigen Klamotten aus, bis sie nackt vor mir steht. Ihrem Körper ist deutlich anzusehen, dass sie einiges an Gewicht verloren hat. Man kann ihre Rippen zählen und ihr einstiges C-Körbchen hängt nun schlaff an ihrem Körper herab. Ich hebe sie hoch, sie ist so leicht, und lege sie in das Wasser. Ohne ein Wort zu sagen, taucht sie in das Wasser ein.

„Leila, ich bin gleich wieder da. Die bleibst schön hier, okay?“ frage ich behutsam. Sie nickt. Ich gehe in die Küche und wähle Dr. Flynns Nummer.

„Christian?“ meldet er sich.

„John, ich habe Leila gefunden“, antworte ich.

„Oh, welch Erleichterung. Wo sind Sie?“

„Ich wasche sie gerade, wir sind in Anastasias Apartment. Sie ist eingebrochen und hat eine Waffe auf Anastasia gerichtet!“

„Guter Gott!“

„Ja! Das können Sie laut sagen. Sie haben ja bereits einen Platz für sie reserviert. Sie müssen herkommen und sie abholen und sie dann in die Einrichtung bringen.“

„Ja, natürlich. Geben Sie mir die Adresse. Ich werde noch eine Krankenschwester mitbringen. Ich werde bald da sein“, sagt er.


Ich gebe John Anastasias Adresse und er verspricht mir, innerhalb der nächsten zwanzig Minuten hier zu sein. Ich kehre ins Badezimmer zurück, knie mich neben die Badewanne und beginne, den Schmutz von Leila zu waschen. In einem der Schränke finde ich einen Waschlappen. Ich wasche ihr Gesicht und befreie es von allem Schmutz. Die Bandage an ihrem Arm hängt bereits halb herunter und ist völlig verdreckt. Behutsam entferne ich sie. Stumm blickt Leila mich an und in ihren Augen zeichnen sich Emotionen ab, die ich nicht benennen kann. Ich nehme Wasser,  gieße es über ihr Haar und gebe schließlich etwas Shampoo in meine Handflächen, ehe ich ihr sanft das Haar wasche. Ihr Haar ist so schmutzig, dass es erst beim dritten Mal Waschen anfängt zu schäumen. Nachdem ich das letzte bisschen Shampoo aus ihrem Haar gespült habe, wasche ich ihren Körper und säubere sie. Anschließend lasse ich das Badewasser ab, drehe den Duschkopf auf und spüle sie ab. Als ich fertig bin, nehme ich ein Handtuch und schlinge es um ihr Haar. Dann nehme ich ein weiteres Handtuch und wickele es um ihren mageren Körper. Ich hebe Leila hoch und laufe im Wohnzimmer mit ihr in meinen Armen in Taylor hinein. Er steht gelassen da, aber sein Blick ist alles andere als gelassen.

„Anastasia?“ frage ich und er schüttelt den Kopf. Ich bringe Leila in Anastasias Schlafzimmer und lege sie auf Anas Bett. Ich sehe in ihre Schubladen nach und finde Unterwäsche, eine Jeans und eine Bluse. Nachdem ich Leila trocken gerubbelt habe, ziehe ich ihr Anastasias Sachen an, die lose an ihrem Körper hängen.

Mein Blackberry beginnt in meiner Tasche zu vibrieren.

„Grey“, sage ich barsch.

„Christian, wir sind unten. Schwarzer Streifenwagen. Sollen wir hochkommen?”

„Nicht nötig, John. Ich bringe sie runter.“

„Leila“, sage ich behutsam zu ihr. „Dr. Flynn ist draußen. Du brauchst Hilfe. Okay?

„Ich habe Angst, Meister“, flüstert sie.

„Brauchst du nicht. Man wird sich gut um dich kümmern. Dafür werde ich sorgen.“

In Anastasias Schrank finde ich eine Decke und wickele Leila darin ein.

„Ich bringe dich jetzt nach unten.“ Sie nickt.

„Taylor, schließen Sie hier zu und folgen Dr. Flynns Streifenwagen. Sie müssen mich ins Escala zurückbringen“, weise ich ihn an.

„Ja, Sir“, sagt er.

Taylor öffnet die Eingangstür und hält sie für mich und Leila auf. Als wir hinausgehen, schließt er sie ab. Auch wenn ich sie eingetreten habe, war sie nicht verschlossen und das obere Schloss ist nicht kaputt gegangen. Taylor wird nur das untere morgen austauschen lassen müssen.

Ich mache mich auf den Weg nach unten und finde dort John Flynn, der Jeans und ein T-Shirt trägt, mit einer sachlichen Krankenschwester mit hellblauem Kittel. Die Krankenschwester öffnet die linke Beifahrertür. Ich steige mit Leila in meinen Armen hinein. Dr. Flynn fährt in Richtung der Psychiatrie in Fremont. In weniger als zwanzig Minuten sind wir dort.  John nimmt einen Hintereingang, nachdem er einen Code eingegeben hat. Wir fahren durch ein großes Eisentor und Taylor folgt uns im SUV.

Als wir die Einrichtung erreichen, warten zwei weitere Sanitäter in Kitteln auf uns. Ich trage Leila noch immer in meinen Armen.

„Leila, Dr. Flynn wird dafür sorgen, dass du die angemessene Hilfe bekommst. Ich werde dich jetzt hier allein lassen. Sie werden sich gut um dich kümmern. Arbeite an deinen Problemen und werde wieder gesund.“

Sie sieht verängstigt aus.

„Hab keine Angst. Ich werde nicht zulassen, dass dir jemand wehtut. Dir wird es hier gut gehen. Du wirst hier viele Sachen machen können, die dir Spaß machen, Malen zum Beispiel. Malst du immer noch gern?“

Ein schwaches Funkeln zeichnet sich in ihren Augen ab, als sie nickt.

„Okay. Ich werde dich jetzt in den Rollstuhl setzen, und“, sage ich und zeige auf John, „das ist Dr. Flynn. Er wird dafür sorgen, dass du die Hilfe bekommst, die du brauchst. Wenn du mir etwas sagen möchtest, musst du über Dr. Flynn mit mir kommunizieren. Verstehst du?“

Sie nickt.

„Komm, Leila. Bringen wir Sie rein und beruhigen Sie“, sagt John sanft, aber mit seiner autoritären Dr. Stimme. Leilas Blick wird sanfter und sie sieht mich noch einmal an.

„Er ist gestorben, Meister. Er wurde ermordet“, sagt sie über ihren Geliebten.

„Ich weiß, Leila. Es tut mir leid. Wirklich. Ich werde alles tun, um dir zu helfen. Aber du kannst nicht herumlaufen und mit einer Waffe herumfuchteln und andere als Geisel nehmen. Du darfst Anastasia keine Angst einjagen. Verstehst du?“

„Liebst du sie, Meister?“ fragt sie und überrascht mich, blickt mir direkt in die Augen.

„Ja“, sage ich leise. „Das tue ich.“ Sie nickt wieder. „Das freut mich“, antwortet sie.

„Auf Wiedersehen, Leila“, sage ich und drehe mich um und suche Taylor.

„Lassen Sie uns zurück ins Escala fahren, Taylor. Wie ging es Miss Steele, als Sie sie am Apartment abgesetzt haben?“

Taylor wird ganz unbehaglich. Sein Verhalten zeigt mir, dass sie nicht zum Escala gefahren sind.

„Wo zur Hölle ist sie hingegangen?“ schreie ich Taylor wütend an. Ich koche vor Wut.

„Mr. Grey, sie wollte nicht ins Escala. Ich habe ihr gesagt, dass Sie möchten, dass sie ins Apartment zurückkehrt, aber sie hat gesagt, dass sie mit Ethan noch kurz etwas trinken geht und dann zurück zum Escala fährt. Sie sagte, jetzt wo wir wissen, wo Leila ist, gibt es keine Notwendigkeit mehr für die ganzen Sicherheitsmaßnahmen. Ich soll Ihnen sagen, dass sie sich später sehen.“

„Verdammt! Verdammt! Scheiße!!” sage ich mit zusammengebissenen Zähnen, als ich mir energisch mit den Händen durchs Haar fahre.

„Ich muss sie anrufen!“ sage ich, aber Taylor verlagert schon wieder unbehaglich das Gewicht. „Was?“ blaffe ich ihn giftig an.

„Sie hat ihre Tasche im SUV vergessen, Sir“, sagt er.

Vor Wut balle ich meine Hände zu Fäusten und frage, „Also haben Sie keine Ahnung, wo sie ist?“

„Nein, Sir.“

„Haben Sie gesehen, in welche Richtung sie gegangen sind?“

„Sie waren zu Fuß, sie könnten ein Taxi genommen haben, Sir. Also nein, habe ich nicht.“

„Verdammt! Hat sie irgendetwas gesagt?“

„Sie war so aufgelöst und hat mich gefragt, ob ich ihr Apartment durchsucht habe. Ich habe ihr erzählt, dass wir es durchsucht haben. Es tut mir leid, Mr. Grey!“ sagt er und ist wütend auf sich selbst. „Leila ist uns allen entschlüpft. Ich fühle mich schrecklich deswegen. Vor allem wegen Miss Steele. Es war schrecklich zu sehen, wie eine Waffe auf sie gerichtet wurde. Es tut mir leid!“ sagt Taylor und schüttelt völlig verzweifelt seinen Kopf.

„Lassen Sie uns fahren!“ sage ich ohne ein weiteres Wort und gehe zum SUV. Taylor fährt mich zum Escala.

Mrs. Jones ist in der Küche und bereitet das Abendessen zu.

„Gayle! Ist Anastasia nach Hause gekommen?“ frage ich.

„Nein, Mr. Grey, ist sie nicht“, antwortet sie und bemerkt, dass ich ziemlich verärgert bin.

„Möchten Sie etwas essen, Sir?“ fragt sie leise. Ich schüttele meinen Kopf.

„Später.“ Taylor steht direkt hinter mir.

„Taylor, ich möchte, dass Sie mit dem Sicherheitsteam nach Anastasia suchen, eine Bar nach der anderen, in ganz Seattle! Rufen Sie mich an, wenn Sie sie finden. Suchen Sie in den Straßen, überprüfen Sie alles. Lassen Sie nichts unversucht! Verstehen Sie?”

„Ja, Sir“, sagt er und verschwindet schnell in seinem Büro.

Ich nehme meinen Blackberry hervor und wähle Welchs Nummer.

„Welch hier“, meldet er sich.

„Welch, können Sie die Handynummer von Ethan Kavanagh herausfinden?“

„Das könnte einige Zeit in Anspruch nehmen, Sir“, antwortet er.

„Zeit, die ich nicht habe! Ich muss ihn finden; orten Sie seine Position, jetzt!“

„Wissen wir, welchen Anbieter er hat?“

„Keine Ahnung! Deshalb kommen Sie mit ihren verrückten Detektivskills ins Spiel!“ zische ich.

„Ich kann danach suchen, Sir; es ist wie ein Schuss ins Blaue. Es kann mich Stunden kosten, es herauszufinden.“

„10 Minuten! Machen Sie sich an die Arbeit und informieren Sie mich!“

Taylor und seine Leute haben bereits das Apartment verlassen, um einige Bars in Seattle, sowie die Straßen zu überprüfen. Ich bin nervös, kurz vorm Platzen und habe Angst, dass Anastasia mich verlassen wird, nachdem sie das mit ansehen musste. Mein Leben geht gerade verdammt noch mal vor die Hunde und ich kann absolut nichts tun!

Ich wähle Taylors Nummer.

„Ja, Sir“, sagt er mit angespannter Stimme.

„Ich brauche Updates.“

„Wir gehen in verschieden Richtungen, Sir. Wir haben die Stadt in Quadranten aufgeteilt und jeder von uns sucht einen bestimmten Standort auf. Wir verteilen uns, sodass wir so viele Bars wie möglich überprüfen können.“

„Gut! Infomieren Sie mich nach jeder Bar.“

„Ja, Sir!”, antwortet er entschieden.

Ich gehe in die Küche und gieße mir einen Brandy ein. Normalerweise trinke ich nichts Hochprozentiges, aber es ist ja auch nicht wie gewohnt. Mein Blackberry vibriert und ich gehe augenblicklich heran.

„Hier ist Welch, Mr. Grey“, sagt er und Hoffnung keimt in mir auf.

„Irgendwelche Neuigkeiten?“

„Mr. Grey, ich habe den Anbieter und die Handynummer von Ethan Kavanagh gefunden, aber entweder ist sein Telefon leer oder ausgeschaltet. Ich kann es nicht orten, Sir“, sagt er enttäuscht. Ich fühle mich wie zerbrochen.

„Scheiße!“ brülle ich.

„Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Sir?“, fragt er.

„Nein!“ sage ich und lege auf.

In einem Zug kippe ich meinen Brandy hinter und gieße mir noch einen weiteren ein, um auch diesen in einem Zug auszutrinken. Ich gehe auf und ab. Noch immer keine verdammten Neuigkeiten! Keine Anrufe! Warum Ana? Warum hörst du nie auf mich? Warum kannst du nicht einmal tun, was man dir sagt? Warum? Warum quälst du mich so?

Ich gehe in Taylors Büro und überprüfe seine Kameras, um zu sehen, ob sie kommt. Nichts! Niemand kommt! Ich habe das Gefühl, dass es das war, dass sie mich endgültig verlässt! Oh verdammt! Ich weiß nicht, was ich machen soll! Ich weiß nicht, wo ich sie finden soll! Wo könnte sie hingehen? Sie hat keinen Schlüssel. Was ist, wenn sie mit Kavanagh mitgegangen ist, um in einem Hotel zu übernachten? Tröstet Kavanagh sie? Hält er sie in seinen Armen? Stillt er ihren Schmerz? Verdammt!

Ich gehe auf und ab, auf und ab, auf und ab. Wenn der Boden mit Teppich ausgelegt wäre, würde man bereits eine Spur erkennen können! Mein Blackberry vibriert erneut.

„Mr. Grey, Sawyer hat eine Bar komplett durchsucht und es gab keine Spur von Miss Steele.“

„Wo sind Sie jetzt?“

„Ich bin im O’Malleys, etwas nördlich von Miss Steeles Apartment“, sagt er und laute Stimme, ein Basketballer Ansager, möglicherweise von einer Fernsehübertragung im Hintergrund, sind zu hören.

„Irgendeine Spur von ihr?“ frage ich und gehe neben dem Piano auf und ab.

„Ich bin immer noch auf der Suche, Sir. Ich habe sogar auf der Damentoilette nachgesehen“, sagt er verärgert. Ich höre, wie sich die Doppeltür im Wohnzimmer öffnen. Mein Kopf schnellt herum und dort steht Anastasia  stark betrunken!

„Sie ist hier“, blaffe ich Taylor an und lege auf.

Ich drehe mich zu Anastasia und blicke sie böse an. „Wo zur Hölle hast du gesteckt?“ frage ich sie und koche vor Wut.

Sie taumelt an der Stelle, wo sie steht und blinzelt.

„Hast du getrunken?“ frage ich wütend. Ihr ist es nicht gestattet, so exzessiv zu trinken! Wir haben uns darauf geeinigt. Das ist eine meiner Regeln. Ich weiß, dass wir sie nicht mehr befolgen, aber das gehört doch zum klaren Menschenverstand!

„Ein bisschen“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. Sie macht mich verdammt wütend. Sie gehorcht nie, sondern macht stets, was sie will! Völlig hilflos und aufgebracht, fahre ich mir mit den Händen durchs Haar. Ich kann nicht einmal auf sie zugehen, so wütend bin ich. Sie wird noch Angst vor mir kriegen und davonlaufen!

„Ich habe dir doch gesagt, du sollst hierher fahren“, sage ich mit bedrohend leiser Stimme. „Es ist Viertel nach zehn. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht“, sage ich.

„Ich habe mir mit Ethan ein ...“, sagt sie und verbessert sich, „zwei oder drei Drinks genehmigt, während du dich um deine Ex gekümmert hast“, faucht sie mich giftig an. „Ich wusste ja nicht, wie lange du …“, sagt sie und schluckt. Ihr Mund formt sich zu einem kleinen ‚o‘, um die giftige Luft aus ihrem Körper entweichen zu lassen. Dann fährt sie fort, „bei ihr bleiben würdest.“ Sie gibt auf, völlig niedergeschlagen und betrübt. Oh nein! Nein! Nein! Tu mir das nicht an! Gib mich nicht auf!

Ich kneife meine Augen zusammen und sehe sie an, versuche sie abzuschätzen. Ich will nicht, dass sie davonläuft. Ich mache ein paar Schritte auf sie zu. Aber als ich ihre Haltung bemerke, bleibe ich stehen.

„Wieso drückst du es so aus?“

Sie zuckt erschöpft mit den Achseln und blickt auf ihre Finger hinab, als würden sie die Antwort bereithalten, die sie sucht. Sie verabschiedet sich von ihrem Körper, ihrem Verstand, von unserer Beziehung!

„Was ist los, Ana?“ frage ich sie entsetzt.

Sie steht einfach nur da, blickt auf ihre verschränkten Finger, nicht gewillt, mir in die Augen zu sehen. Schließlich hebt sie ihren Kopf und schluckt.

„Wo ist Leila?“

„In einer psychiatrischen Klinik in Fremont“, sage ich und versuche ihre Miene abzuschätzen. Sie hat sich von mir abgeschottet. Sie versucht sich emotional von mir zu distanzieren.

„Ana, bitte, was ist los?“ frage ich. Ich kann den Abstand zwischen uns nicht ertragen. Ich hatte einen beschissenen Abend. Meine Vergangenheit kracht mit Höchstgeschwindigkeit in meine Zukunft und ich habe nicht die Möglichkeit, das zu ändern! Ich stelle mich vor Anastasia. „Was ist los?“ flüstere ich.

Schwermütig schüttelt sie ihren Kopf, schluckt heftig. „Ich tue dir nicht gut“, flüstert sie.

„Wie bitte?“ flüstere ich alarmiert. Das kann ich nicht! Das kann sie nicht zu mir sagen! Weiß sie denn nicht, wie sehr ich sie liebe? Weiß sie nicht, dass ich heute Abend bereit war, für sie zu sterben?

„Wie kommst du denn darauf? Wie kannst du so etwas denken, Ana?“

„Ich kann nicht alles sein, was du brauchst“, sagt sie. (All I Believe In by Magic Numbers) Woher will sie wissen, wie es tief in meinem Herzen aussieht?

„Du bist alles, was ich brauche … alles, was ich will.“

„Aber als ich dich mit ihr gesehen habe …“, sagt sie und hält inne, nicht in der Lage den Rest ihrer Gedanken in Worte zu fassen. Ihre Augen sind betrübt, ihr Gesicht vor Pein verzehrt.

„Wieso tust du mir das an, Ana?  Warum?“ sage ich voller Qual. „Hier geht es nicht um dich, Ana. Sondern um sie“, sage ich und will, dass sie versteht, dass ich etwas widergutmachen musste, jemandem helfen musste, der einst in meinem Leben war. „Im Moment ist Leila ein sehr krankes Mädchen“, versuche ich ihr zu erklären.

„Aber Christian, ich habe es doch gespürt … was zwischen euch einmal war …“, sie verstummt traurig und hat sich schon ihre eigene Meinung gebildet.

„Was? Nein!“ Ich versuche, sie zu erreichen, die kurze Distanz zwischen uns zu schließen, die sich wie Kilometer anfühlt. Aber sie tritt einen Schritt zurück, distanziert sich selbst von mir. Oh Gott! Nein! Es wäre besser, wenn sie mich schlagen würde. Der eine Schritt, den sie gerade zurückgemacht hat, lässt all die Kraft aus meinen Gliedern weichen. Automatisch lasse ich meine Hände zu meinen Seiten fallen. Schockiert, besorgt, schlecht. Ich blinzele, als ich beginne, zu verstehen. Sie will mich nicht! Gott! Sie will mich nicht mehr! Ich kann ohne sie nicht leben! Ich drehe durch, so sehr wie noch nie zuvor. Der Schmerz, dass sie mich verlässt. Ich fühle mich, als ob meine ganze Welt auf einmal zerbrechen würde.

„Du läufst also weg?“ flüstere ich. Die Angst, dass sie nicht mehr da ist, ist so groß, dass ich sie nicht ertragen kann. Ich würde sterben! Sie kann mich nicht verlassen! Sie kann einfach nicht! Sie kreuzigt mich dafür, dass ich Leila geholfen habe! Verlass mich nicht, Ana. Ich bin doch nur in dich verliebt … nur in dich allein! Niemand sonst … keine einzelne Seele im ganzen Universum, nur du! Als ich dich gesehen habe, dich getroffen habe, hatte ich Angst dich kennenzulernen. Als ich dich wieder getroffen habe, hatte ich Angst, dich zu küssen … Als ich dich schließlich im Heathmans Aufzug geküsst habe, hatte ich Angst, dich zu lieben und jetzt, wo ich dich liebe, habe ich Angst, dich zu verlieren. Ich will dich nicht verlieren! Du bist die einzige, die mich so sehr verletzen kann!

Ich wollte jemandem helfen, der einmal Teil meines Lebens war … aber du hast es missverstanden und mit etwas anderem verwechselt. Ich liebe nur dich! Ich habe doch nur so verdammte Angst, dir zu zeigen, wer ich wirklich bin. Weil wenn ich es tue, wirst du es wahrscheinlich nicht mögen und das ist alles, was ich ertragen kann! Ich bin unwürdig, ich weiß das … aber, aber ist meine Liebe für dich so etwas Schlimmes, dass du sie nicht ertragen kannst? Bring meine Seele nicht um, Ana, ich flehe dich an! 

(I Can’t Live Without You by Mariah Carey)

Mein Verstand arbeitet auf Hochtouren, doch mein Mund kommt dabei nicht hinterher, muss noch viel nachholen … alles, was ich flehend herausbringe ist, „Das kannst du nicht machen.“

„Christian … ich …“, sagt sie bestürzt. „Ich…“ Sie kann ihre restlichen Gedanken nicht in Worte fassen. Sie will nichts mit mir zu tun haben.

„Nein! Nein! Nein!“ stöhne ich qualvoll, nicht so, als ob mich jemand verlassen würde, sondern so, als würde jemand sterben. Ich bin irreparabel. Verlass mich nicht! Die schlimmste Misere in meinem Leben wäre, dich zu verlieren, verstehst du das nicht? Verfolge mich! Verletz mich! Brich mich! Mach mich wahnsinnig! Mach mich verrückt! Aber verlass mich nicht! Sei für immer bei mir! Du lässt mich in der immerwährenden Hölle zurück … völlig verloren, wenn ich dich nicht finde und habe! Ich kann nicht ohne mein Leben leben! Du bist meine Seele und du raubst sie mir. Ich wäre noch kränker, als zu dem Zeitpunkt, als du mich gefunden hast! All meine Fähigkeiten sind weg und ich stehe am Rand der Zerstörung … Bitte Gott! Lass sie bei mir bleiben! Lass sie sehen, wie sehr ich sie liebe …

Bestürzt blicke ich mich um, mit wirr gewordenen Augen … flehe Gott an, dass er meine Qual sieht! Diese alles verzehrende Misere bringt mich um! Sie bricht mir mein Herz und zerschmettert meine Seele! Du liebst mich, Ana! Betrüg dich nicht selbst! Was für ein Recht hast du, mich zu verlassen? Gott! Du erlegst uns das auf! Immer wenn es schwer wird, lässt du mich im Stich!

„Du kannst nicht gehen, Ana. Ich liebe dich!“

„Ich liebe dich auch, Christian. Es ist nur …“, sagt sie und ich unterbreche sie.

„Nein! Nein!“ Ich suhle mich in meiner Verzweiflung, umfasse meinen Kopf mit meinen Händen, wiege ihn vor und zurück. Ich würde lieber sterben! Ich würde lieber sterben, als dass du mich verlässt! Verlass mich einfach nicht …

„Christian …“

„Nein“, flüstere ich und all meine Kraft und Energie ist aus meinem Körper gewichen. So verzweifelt war ich noch nie. Meine Augen weiten sich vor Entsetzen, mein Atem ist unregelmäßig, mein Herz ist kurz davor, aus meiner Brust zu springen und plötzlich realisiere ich, dass ich sie auf jede Weise nehmen werde. Wenn sie mich als ihren Sklaven haben will, werde ich ihr Sklave sein. Wenn sie mir die Seele aus dem Leib prügeln will, bin ich bereit mich ihr zu unterwerfen. Wenn sie mich für meine Vergehen bestrafen will, werde ich sie gewähren lassen. Verlass mich einfach nicht … sei für immer bei mir. Auf jede Art und Weise …

Ich falle vor ihr auf die Knie, senke meinen Kopf, sitze auf meinen Fersen und spreize meine Finger auf meinen Schenkeln. Ich atme tief ein und werde zu dem unterwürfigen Sklaven, der ich schon einmal war. Für Anastasia. Jetzt kann sie mich für meine Vergehen bestrafen. Sie kann mich nehmen, schlagen, lieben, benutzen. Mach, was immer du willst mit mir, Anastasia! Liebe mich oder töte mich! Aber lass es deine Entscheidung sein. Solltest du dieses Haus verlassen, bin ich sowieso tot!

Schließlich verlasse ich meinen Körper, gehe in meine unterwürfige Haltung über, der eines Sklaven, der dazu bereit ist, jedem Befehl ohne Widerrede und Gedanken zu folgen. Ohne jede Rechte. Mein Atem beruhigt sich und mein Bewusstsein verabschiedet sich. Ich blicke herab, gehorsam. Bereit für ihre Anweisungen. Bereit für ihre Bestrafungen. Bereit für meine Herrin. Ich bin ihr Sklave.

„Christian! Was tust du da?“ quiekt sie mit hoher, panischer Stimme. Diese Panik ist bestimmt nicht mir gewidmet, dem wertlosen Sklaven. Ich bleibe reglos. Ich habe keinen Befehl erhalten, ihr zu antworten. „Christian, sieh mich an!“ befiehlt sie. Meine Herrin bittet mich, sie anzusehen. Was soll ich anderes tun, als ihr zu gehorchen?

Ich blicke ohne zu zögern auf und gehorche ihrer Anweisung. Ich blicke sie an und bin bereit, eine weitere Anweisung von ihr entgegen zu nehmen. Erwartend blicke ich meine Herrin an. Gib mir einen Befehl, Herrin! Mach, was immer du willst mit mir. Ich gehöre dir und zwar nur dir. Weißt du denn nicht, dass ich dich liebe? 

(I Will Always Love You by Whitney Houston)

Sie blickt mich entsetzt und fassungslos an. Sie steht über mir und ich knie zu ihren Füßen, bereit, mich ihr zu unterwerfen. Ich blicke sie an. Gib mir einen Befehl, Herrin. Bitte mich, dich zu lieben … bitte mich, dir zu dienen … bitte mich, dich zu berühren … lass mich nur nicht allein. Mach was immer du willst! Ich bin nichts als dein Sklave. Will sie mich nicht einmal, wenn ich ihr diene? Gib mir einen Befehl und ich werde alles stehen und liegen lassen. Übernimm mich, kontrollier mich, hab mich, tu was immer du willst … solange du bei mir bist. Tu es mit mir, tu es mir an.

Anastasia schüttelt den Kopf, als sie scharf die Luft einsaugt. Sie ist entsetzt.

„Christian … Christian, bitte tu das nicht. Ich will das nicht“, flüstert sie. Passiv betrachte ich meine Herrin. Ich bewege mich nicht, bringe kein Wort heraus. Ich habe nicht die Erlaubnis, zu sprechen. Ihre Stimme bricht.

„Wieso tust du das? Rede mit mir“, flüstert sie. Ich bin still. Stille ist gut, sie wird von einem Sklaven gefordert. 

(Enjoy the Silbence by Depeche Mode)

Oh, sie fragt mich etwas. Ich blinzele einmal. Sie befiehlt mir.

„Was soll ich dir denn sagen?“ frage ich meine Herrin leise. Meine Stimme ist samtig, aber ohne jede Emotion und geistlos, wie ein Sklave sprechen sollte.

Anastasias Gesicht nimmt einen gepeinigten Ausdruck an und Tränen beginnen ihre Wangen hinabzulaufen. Warum ist meine Herrin so betrübt? Ich habe nicht die Erlaubnis, sie zu trösten. Ich bin in meinem Sklavenmodus. Ich darf ohne ihre Erlaubnis nicht sprechen. Ich darf meine Hand nicht heben und ihr diese Tränen wegwischen. Ich habe nicht das Recht dazu. Das Gesicht meiner Herrin wird immer bekümmerter und gequälter. Was quält sie? Passiv ruht mein Blick auf ihr. Ich sehe, wie ein Schaudern durch ihren Körper fährt. Sie schluckt heftig, als würde sie sich verschlucken. Ihr Blick ruht auf mir, obwohl ihre Augen einen betrübten, besorgten Eindruck machen. Bestimmt nicht wegen mir; nicht für einen unwürdigen Sklaven …

Anastasia, meine Herrin, sinkt vor mir auf die Knie. Eine Herrin begibt sich nicht auf das Level ihres Sklaven, das Level ihres Subs. Das ist völlig falsch! Sie hebt ihre rechte Hand und wischt sich mit ihrem Handrücken heftig die Tränen weg. Ich würde das gern tun, Herrin, aber du bittest mich nicht darum. Du gibst mir nicht die Erlaubnis.

Sie blickt mich eindringlich an und meine Augen weiten sich ein wenig. Ich muss mich ihr unterwerfen, das ist alles, was ich weiß. Ich bleibe regungslos. Ich habe nicht die Erlaubnis.

„Christian, du musst das nicht tun“, sagt sie mit flehender Stimme. Muss ich doch! Du willst mich nicht! Du wirst weglaufen!

„Ich werde nicht weglaufen. Ich habe es dir wieder und wieder gesagt. Ich werde dich nicht verlassen”, sagt sie zutiefst aufrichtig. Ich habe Angst. Du wirst weglaufen. Ich kenne keine andere Art, dich hier zu halten.

„Alles, was passiert ist … Es ist zu viel für mich. Ich brauche nur etwas Zeit, um in Ruhe nachzudenken. Ein bisschen Zeit für mich. Wieso musst du immer automatisch vom Schlimmsten ausgehen?“

Aber ich weiß, dass sie davon laufen wird! Sie kennt noch nicht das Schlimmste. Sie weiß nicht, wie schlecht ich bin. Sie weiß nicht, dass ich ein Teufel bin. Ich bin nicht gut! Ich bin nicht gut für sie und doch will ich sie. Ich liebe sie und würde für sie sterben! 

(You Know No Good by Amy Winehouse)


Plötzlich öffnen sich bei ihr die Schleusen und sie beginnt zu erzählen. „Ich wollte vor-schlagen, dass ich in meine Wohnung zurückgehe und heute Nacht dort bleibe. Du gibst mir nie Zeit … du weißt schon, Zeit, um in Ruhe über alles nachzudenken. Du musst schon zugeben, dass bei dir zu sein, und die Dinge zu sehen, die du tust… Das ist ziemlich viel für mich …“, sagt sie zutiefst betrübt und beginnt heftig zu Schluchzen, tiefe, herzzerreißende Schluchzer. Sie hat mir noch immer nicht die Erlaubnis gegeben, sie zu trösten. Obwohl ich das gerne möchte, bleibe ich auf meinem Platz. Ich runzele lediglich die Stirn. „Ich habe einfach keine Zeit, ein bisschen nachzudenken. Wir kennen uns kaum, und all der Ballast,
den du mit dir herumschleppst … Weißt du, wie schwer es für mich ist, damit umzugehen? Ich brauche etwas Zeit, um alles zu durchdenken. Und jetzt, da Leila sich nicht länger auf der Straße herumtreibt und keine Bedrohung mehr ist. Ich dachte … ich dachte …“ Sie ist in ihren Gedanken versunken. Immer noch laufen ihr die Tränen über ihr Gesicht. Schließlich schaffe ich es etwas, die Schwelle des Subdaseins zu erklimmen und der zu sein, der ich war, auch noch so unsicher. Ich höre ihr aufmerksam zu. Sie spricht mit mir. Nicht mit dem Sub, nicht mit dem Sklaven, nicht mit dem Dom. Aber mit ihrem Freund. Dem normalen Christian. Ich höre zu.

„Dich mit Leila zu sehen …“, sagt sie und verstummt, als wäre es zu schmerzhaft, zu sprechen, zu qualvoll, zu herzzerreißend. Ihre Lippen beben und ihr Gesicht erzittert, als würde sie hart darum kämpfen, nicht die Fassung zu verlieren. „Es war so ein riesen Schock. In dieser kurzen Zeit, auch wenn es mir wie eine quälende Ewigkeit vorkam, habe ich einen Einblick in dein früheres Leben bekommen. Und offen gesagt“, sagt sie mit gequälter Stimme, wie immer, wenn sie etwas vermutet. Sie atmet tief ein und blickt auf ihre verschränkten Finger. Die Tränen laufen ihr über ihre nun schon aufgedunsenrn Wangen und fährt fort, „Ich habe begriffen, dass ich nicht gut genug für dich bin. Eine Erkenntnis und ein Weckruf mit einer gigantischen Einsicht in dein Leben. Du weißt schon. Ich habe solche Angst bekommen. Ich habe solche Angst, dass du dich irgendwann mit mir langweilen wirst und mich verlässt … Du wirst mich verlassen, Christian!“ sagt sie und blickt zu mir auf.

„Weißt du, was dann mit mir passieren wird? Ich werde so enden wie Leila!“ sagt sie und hebt ihren Daumen an. Daraufhin erweicht sich ihre Stimme kaum merklich. „Ich werde als Schatten meiner Selbst enden. Denn ich liebe dich, Christian Grey, und wenn du mich verlässt, werde ich in einer Welt ohne Licht leben. Ich werde in der Dunkelheit leben. Ich will dich nicht verlassen. Aber ich habe solche Angst, dass du mich verlässt … Das wäre meine persönliche Qual.“

Sie sieht mich nicht mehr an, aber ich höre ihr aufmerksam zu. Sie schüttelt ihren Kopf und mit der demütigsten Stimme, die je an ihr gehört habe und leise flüsternd sagt sie, „Ich verstehe einfach nicht, wieso du ausgerechnet mich attraktiv findest. Verstehe ich nicht. Du bist … na ja du eben … Dieser Gott! Und dann sieh mich an … ich bin nichts“, Sie zuckt mit den Achseln und erwidert erneut meinen Blick „Ich kapiere es einfach nicht. Du bist wunderschön und sexyer als alle anderen und erfolgreich … Und gut und nett und liebevoll – all das – und ich nicht. Von all den Dingen, die du gern machst, verstehe ich nichts. Ich kann dir nicht geben, was du brauchst. Wie könntest du jemals glücklich mit mir sein? Wie soll ich dich halten können?“ Ihre Stimme wird zu einem traurigen Flüstern.

„Ich habe noch nie verstanden, was du überhaupt an mir findest. Und als ich dich vorhin mit Leila gesehen habe, ist mir das erst so richtig bewusst geworden“, sagt sie wimmernd und wischt sich mit ihrem Handrücken über die Nase, blickt mich immer noch an.

Sie bohrt ihren Blick in mich, bemüht sich, meine Schale, meine unterwürfige Haltung zu brechen, mich zu erreichen. Will sie mich erreichen, zu mir vordringen? 

(Somewhere Only We Know by Keane)

„Willst du die ganze Nacht hier knien? Denn falls ja, werde ich es auch tun“, schnauzt sie mich schließlich an, obwohl ihr auf ihren Knien nicht wohl zu sein scheint. Sie legt ihren Kopf schief und schließlich kann der Christian, den sie kennt, den Kopf heben. Sie blickt mich suchend an.

„Christian, bitte, bitte, sprich mit mir“, fleht sie mich an und dreht vor Unbehagen ihre Hände auf ihrem Schoß hin und her, windet sich in ihrer Position.

Sie sieht mich weiter abwartend an. Sie wartet darauf, dass ich etwas sage. Ich weiß nicht, ob ich die Erlaubnis habe. Wenn ich meinen Sub-Modus aufgebe, wird sie mich vielleicht verlassen.

„Bitte“, fleht sie mich erneut an.

Mein Blick verdunkelt sich und schließlich schaffe ich es aus meinem Sub-Modus heraus. Ich hätte nie gedacht, dass ich dahin noch einmal zurückkehren würde. Ich möchte die Lücke zwischen uns schließen, meine Hände nach ihr ausstrecken. Mein Herz und meine Seele sind bereit, zu ihr zu rennen. 

(I Wanna Run To You by Whitney Houston)


3 comments:

Anonymous said...

Wow! Einfach nur Wow! Was für ein super Kapitel!
Christians Gedanken und Gefühle als Sub...klasse beschrieben!
Gruß, und ich bin gespannt auf mehr

Anonymous said...

Wahnsinn ich liebe es christians seite zu lesen...freu mich immer wenn ich seh das ein neues kapitel da ist...kannst du schon sagen wann wir weiter lesen können ?;-)

Anonymous said...

Wow..ich liebe es christians seite zu lesen...bitte sag mir das es bald weiter geht:-D Gruß