StatCtr

Wednesday, October 23, 2013

BUCH 1 - Kapitel XVI - Christian und Anastasia Fanfiction

Kapitel XVI
Wie Ikarus zur Sonne
 Übersetzer: Janine Heistmann


Daidalus fertigt zwei Paar Flügel aus Wachs und Federn an. Eine für mich und eine für sich selbst. Ich wurde mehrere Male gewarnt, die Flugbahn nicht zu verlassen, wenn ich es sicher auf das Festland schaffen will. Ich sollte der Sonne nicht zu nah kommen oder zu dicht am Meer fliegen. Die Sonne würde das Wachs zum Schmelzen bringen und das Meer, die Federn so feucht machen, dass sie zu schwer zum Fliegen werden. Er probiert die Flügel zuerst aus, bleibt auf der richtigen Flugbahn und schafft es auf das Festland. Ich bin freudig erregt und fühle mich unbesiegbar. Ich segele neugierig durch die Luft. Die Sonne zieht mich magisch an. Ich kann ihrer Schönheit nicht entkommen. Ich bin geblendet. Ihre Schönheit und Wärme zieht mich an. Ich schalte auf Autopilot. Die Sonne bringt meine Federn zum Schmelzen und ich habe keine Federn mehr übrig, ich flattere nur noch mit meinen bloßen Armen. Ich strecke sie aus und versuche mich an der Sonne festzuhalten. Obwohl sie heiß ist, umschlinge ich sie und halte mich an ihr fest. Ich möchte nicht loslassen. Ich lasse mich von ihr einhüllen, obgleich ich weiß, dass ich brennen werde. Ich möchte sie umschlingen. Ich nähere mich der Sonne und warte darauf zu verbrennen … ich bin gewillt. Aber als ich ihr, dieser prachtvollen Kraft, unglaublich nahe kommen, wird ihr Glanz blendend hell. Ich warte darauf zu verglühen. Doch plötzlich wird sie zu Anastasia – meine Erlöserin. Ich schlinge mich um sie und wir verschmelzen miteinander.

Die Hitze … sie ist erstickend, übermächtig und gleichzeitig willkommen. Ich spüre eine Bewegung. Hände ziehen an ihr, ich stöhne: „Nein! Nein!”

Hände nehmen sie, reißen sie fort. Ich schlinge mich wie eine Siegesfahne um sie, um zu verhindern, dass sie von mir weggezogen wird. Plötzlich bewegen sich Fingerspitzen auf meiner Brust entlang. Anastasia versucht sich an mir festzuhalten. Ich rühre mich und stöhne, um sie in meiner Nähe zu behalten. Ich kuschele mich an ihre Brust und atme ihren Duft tief ein. Meine Augenlider flattern, langsam öffne ich meine Augen. Es war ein Traum. Sie liegt hier in meinen Armen. Erleichterung durchströmt mich. Meine Augen treffen verschlafen auf ihre babyblauen und ich murmele „Guten Morgen“, und blinzele. Ich bemerke, dass mein Kopf an ihrer Brust ruht und meine Beine um sie geschlungen sind. Ich habe sie gänzlich bedeckt, sie im Schlaf in meiner Umarmung gefesselt. Ich runzele die Stirn.

„Gütiger Himmel … selbst im Schlaf fühle ich mich zu dir hingezogen“, sage ich. Ich bewege mich und komme langsam zu mir – ziehe meine Glieder von ihr zurück. Meine Erektion drückt gegen ihre Hüfte. Ich bemerke, dass sie mich mit weit aufgerissenen Augen anstarrt. Ich lächele sie langsam und wollüstig an.

I melt with you by Nouvelle Vague

„Hm … hier ergeben sich ja ungeahnte Möglichkeiten, aber ich finde, wir sollten trotzdem bis
Sonntag warten.“ Ich beuge mich herunter und stupse  mit meiner Nase gegen ihr Ohr. Sie wird rot.

„Du bist so heiß“, murmelt sie und bringt mich damit noch mehr zum Lächeln.

„Du bist auch nicht zu verachten“, murmele ich zurück und presse mich anzüglich an sie. Sie wird roter. Ich liebe die Art, wie sie auf mich reagiert. Ich stütze mich auf meinem Ellbogen ab und blicke amüsiert auf sie hinab. Ich beuge mich weiter herunter und küsse sie zärtlich auf ihre überraschten Lippen.

„Gut geschlafen?“, frage ich. Sie nickt und blickt zu mir hinauf.

„Ich auch“, sage ich stirnrunzelnd. „Sehr gut sogar“, sage ich. Diese Erkenntnis überrascht mich und verwirrt mich.

„Wie spät ist es?“ frage ich und sie blickt auf ihren Wecker.

„Es ist 7.30 Uhr“, sagt sie verschlafen.

„7.30 Uhr … scheiße.“ Scheiße! Scheiße! Scheiße! Ich habe ein Meeting und werde zu spät kommen!!

Ich springe aus dem Bett und ziehe mir meine Jeans über. Sie beobachtet mich vergnügt. Von meinem gewohnten kontrollierten Verhalten ist nichts zu sehen. Ich, Christian Grey, bin spät dran und durch den Wind. Das ist noch nie passiert.

„Du hast einen schlechten Einfluss auf mich. Ich habe ein Meeting und muss dringend los. Ich muss um acht in Portland sein. Lachst du mich etwa aus?“ frage ich und muss bei ihrem Anblick ebenfalls schmunzeln.

„Ja“, antwortet sie. Ich grinse.

„Ich bin spät dran. Normalerweise passiert mir das nie. Noch eine Premiere, Miss Steele.“ Ich ziehe meine Jacke über, beuge mich zu ihr herunter und umfasse ihr Gesicht, jede Hand auf einer Seite.

„Sonntag“, sage ich voller Verheißung.

„Ich lehne mich nach vorn und küsse sie schnell. Ich sammle meine Sachen vom Nachttisch zusammen und nehme meine Schuhe in die Hand. Ich werde sie im Auto anziehen.

„Taylor kommt später vorbei und kümmert sich um den Käfer. Ich habe es ernst gemeint. Lass ihn stehen. Wir sehen uns am Sonntag bei mir. Ich melde mich per Mail.“ Und wie ein Wirbelwind gehe ich zur Tür hinaus und bin verschwunden.

Ich renne die Treppen hinunter und nehme immer zwei oder drei auf einmal und renne zum Auto. Eine ältere Frau, die gerade mit ihrem Hund spazieren war, bleibt auf der Stelle stehen, da sie denkt, dass ich sie umrennen werde. Zu meiner eigenen Überraschung murmele ich ein „Hallo“ und zaubere so ein Lächeln auf ihr Gesicht. Obwohl ich nervös und aufgebracht sein müsste, dass ich zu spät dran bin, fühle ich mich eher beschwingt. Es gibt nur einen Grund dafür. Ihr Name ist Anastasia Steele. Ich habe die Nacht mir ihr verbracht. Nicht weil sie betrunken war, nicht weil ich keinen anderen Platz zum Schlafen hatte, sondern weil ich es wollte, weil sie es wollte. Ich fühle mich unglaublich ausgeruht – ich hatte keine Albträume. Sogar der Zuhälter konnte sich keinen Weg in meine Träume bahnen. Jedes Mal, wenn sie die Nacht mit mir verbracht hat, habe ich gut geschlafen. Das kann kein Zufall sein! Es war bereits das dritte Mal.

Schnell steige ich in mein Auto ein und stelle mein Handy in die Vorrichtung. Ich schlüpfe in meine Schuhe und wähle Taylors Nummer, als ich aus der Parkbucht herausfahre. Er antwortet beim ersten Klingeln.

„Ja, Sir“, meldet er sich.

„Taylor, ich bin spät dran. Wo sind Sie?“ frage ich. Er hält geschlagene drei Sekunden inne – es ist seine Art zu zeigen, dass er total geschockt ist. Normalerweise zeigt er keine Emotionen, er ist so passiv wie ich.

„Ich bin im Hotelrestaurant, Sir. Ihr Geschäftspartner sind gerade angekommen“, sagt er.

„Ok. Beschäftigen Sie sie. Ich bin in fünfzehn Minuten da.“

“Ja, Sir.”

“Ach Taylor, wie sieht es mit dem Liefertermin für das Blackberry aus?“

„Es sollte gegen 13.00 Uhr geliefert werden“, sagt Taylor mit Genugtuung in seiner Stimme. Er ist froh, das Problem endlich gelöst zu haben.

„Ich fahre heute nach Seattle zurück. Sie müssen Miss Steeles Auto für mich verkaufen. Haben Sie bereits mit dem Händler gesprochen?“

„Ja Sir. Er war überrascht. Da wir aber schon viele Autos bei ihm gekauft haben, war er bereit eine angemessene Summe dafür zu bezahlen. Er sagt, dass er einen Sammler kennt, der dem Auto gern zu seinem früheren Glanz verhelfen möchte“, sagt Taylor widerwillig. Als ob diese kaum fahrbare Todesfalle irgendeinen Restaurierungswert haben würde.


„In Ordnung. Berichten Sie mir danach davon. Treffen Sie mich in zehn Minuten an der Tür.“

„Ja Sir“, sagt er und ich lege auf.

Ich fahre von der Autobahn ab und um das Heathmans herum. Vorm Hotel bleibe ich stehen und werfe dem Hotelangestellten die Schlüssel zu, welche er mit einem großen Grinsen auffängt. Taylor wartet an der Tür.

„Wie viele sind es?“ frage ich ohne langes Federlesen.

„Es sind vier Leute, Sir. Sie warten in einem privaten Sitzungsraum. Ros ist hier. Ich habe mir die Freiheit genommen, ihr gestern Abend zu schreiben und sie zu bitten, heute früh hier zu sein“, sagt Taylor und blickt mich teilnahmslos an.

Ich werfe ihm einen kurzen Blick zu. Er kennt mich wirklich gut. Als ich den privaten Tagungsraum betrete, ist Ros bereits da und spricht mit den Kunden. Alle erheben sich von ihren Plätzen, als ich hinein komme. Taylor stellt sich neben die Tür, ein teilnahmsloser Blick zeichnet sich auf seinem Gesicht ab und er starrt geradeaus. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass er sowohl seine Augen, als auch seine Ohren offen hält. Ich schüttele mit jedem der Kunden Hände, bedenke Ros mit einem Kopfnicken und sage „Ros.“ Sie antwortet mit einem „Mr. Grey.“

Wir reden weiter über die geschäftlichen Belange. Taylor hat bereits meinen Laptop hochgefahren und ihn auf meinen Platz gestellt. Bereits auf der Fahrt hierher habe ich gehört, dass eine Mail eingegangen ist. Ich öffne die Nachricht und habe sofort ein Leuchten in meinen Augen. Die Nachricht ist von Anastasia. Sie hat meinen Hinweis beherzigt und ihre Gedanken und Gefühle, die die Thematik von letzter Nacht betreffen, aufgeschrieben.


Von: Anastasia Steele
Betreff: Tätlicher Angriff und Körperverletzung: Die Nachwirkungen.
Datum: 27. Mai 2011                        08:06 Uhr
An: Christian Grey

Sehr geehrter Mr. Grey,

Sie wollten wissen, wieso ich so durcheinander war, nachdem Sie mich – welchen
Euphemismus sollten wir dafür verwenden? – versohlt, bestraft, geschlagen, misshandelt
haben. Nun, während der gesamten beunruhigenden Prozedur habe ich mich erniedrigt,
gedemütigt und misshandelt gefühlt. Und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass Sie
Recht haben – es hat mich erregt, worauf ich definitiv nicht vorbereitet war. Wie Ihnen ja
bewusst ist, bin ich in puncto Sexualität noch sehr unbedarft und wünschte, ich würde ein
wenig mehr Erfahrung mitbringen, sodass es mich nicht ganz aus heiterem Himmel
getroffen hätte. Dass mich diese Situation erregt hat, war ein echter Schock für mich.
Am meisten setzt mir jedoch zu, wie ich mich danach gefühlt habe, was noch viel
schwieriger zu beschreiben ist. Ich war glücklich, weil Sie glücklich waren. Ich war
erleichtert, dass es nicht ganz so schmerzhaft war, wie ich gedacht hatte. Und als ich in
Ihren Armen lag, habe ich so etwas wie … Befriedigung empfunden. Aber genau das macht
mir zu schaffen, und ich habe sogar ein schlechtes Gewissen deswegen. Es passt so gar
nicht zu mir, deshalb bin ich verwirrt. Beantwortet das Ihre Frage?
Ich hoffe, die Geschäftswelt zeigt sich in gewohnt stimulierender Art und Weise … und
dass Sie nicht zu spät zu Ihrem Meeting gekommen sind.

Danke fürs Hierbleiben


Ana
___________________________________________________________________________

Endlich teilt sie mir mit, wie sie sich während und nach der Bestrafung gefühlt hat. Letzte Nacht war ich wirklich besorgt – ich dachte, sie entgleitet mir vielleicht, weil ihr die Bestrafung nicht gefallen hat. Sie klingt wirklich wie Tess D’Urbervilles. Aber das ist eigentlich nicht überraschend – schließlich hat sie sich für die Erniedrigung entschieden. Umgehend antworte ich ihr. Ros leitet das Gespräch und ich bin der stille Beobachter.


Von: Christian Grey
Betreff: Keine falschen Gewissensbisse
Datum: 27. Mai 2011                        08:25 Uhr
An: Anastasia Steele

Ein interessanter, wenn auch leicht übertriebener Betreff, Miss Steele.

Um Ihre Fragen zu beantworten: Ich entscheide mich für »Versohlen« – denn genau das
war es. Sie schreiben, Sie hätten sich gedemütigt, erniedrigt und misshandelt gefühlt – Tess
D‘Urbervilles lässt grüßen. Wenn ich mich recht entsinne, waren Sie diejenige, die sich
diese Erniedrigung ausgesucht hat. Empfinden Sie tatsächlich so, oder glauben Sie nur,
dass Sie so empfinden sollten? Das sind zwei grundverschiedene Dinge. Wenn Sie
tatsächlich so empfinden, könnten Sie vielleicht versuchen, diese Regungen zu akzeptieren,
sich mit ihnen zu arrangieren? Für mich? Genau das würde eine Sub nämlich tun.
Außerdem bin ich dankbar für Ihre Unerfahrenheit, schätze sie und beginne erst jetzt,
allmählich ihre Bedeutung zu begreifen. Mit einfachen Worten – es bedeutet, dass Sie in
jeder Hinsicht mir gehören.
Ja, Sie waren erregt, was wiederum für mich sehr erregend war. Das ist nichts Schlimmes.
Und glücklich trifft es nicht einmal annähernd. Ich würde es eher als ekstatisch
bezeichnen.
Eine Tracht Prügel im Zuge einer Bestrafung ist wesentlich schmerzhafter als eine
erotische. Schlimmer wird es nicht mehr werden, es sei denn, natürlich, Sie machen sich
eines groben Verstoßes schuldig. In diesem Fall würde ich ein Züchtigungsmittel zu Hilfe
nehmen. Meine Hand hat sehr gebrannt. Aber ich mag das.
Auch ich habe große Befriedigung empfunden. Mehr, als Sie ahnen.
Verschwenden Sie Ihre Energie nicht auf Regungen wie Gewissensbisse oder das Gefühl,
etwas Falsches zu tun. Wir sind Erwachsene, die einvernehmlich eine Vereinbarung
getroffen haben, und was wir hinter geschlossenen Türen tun, ist allein unsere Sache.
Werfen Sie Ihre Gewissensbisse über Bord und hören Sie auf Ihren Körper.
Die Welt der großen Geschäfte ist nicht einmal annähernd so stimulierend wie Sie, Miss
Steele.


Christian Grey CEO,

Grey Enterprises Holdings Inc.

Ich drücke auf Senden und nicke Ros zu, da sie unseren zukünftigen Kunden einen wichtigen Punkt vermittelt. Ich lehne mich zurück und höre interessiert zu. Innerhalb von zwei Minuten erscheint Anastasias Antwort in meinem Posteingang. Meine Atmung beschleunigt sich vor Aufregung. Ich bewege meine Maus und klicke auf Öffnen.




Von: Anastasia Steele
Betreff: Einvernehmliche Erwachsene!
Datum: 27. Mai 2011                        08:27 Uhr
An: Christian Grey

Sollten Sie nicht in einem Meeting sein? Es freut mich sehr zu hören, dass Ihre Hand gebrannt hat. Würde ich auf meinen Körper hören, wäre ich inzwischen schon in Alaska.


Ana

PS: Über Ihren Vorschlag, diese Regungen zu akzeptieren, werde ich in Ruhe nachdenken.

Sind wir etwa streitsüchtig diesen Morgen? Genauso, wie ich es mag. Sie spielt mit mir, ohne es zu wissen. Es ist unglaublich heiß und frustrierend zugleich. Ihre zusätzliche kleine Anmerkung lässt mich hoffen. Ich seufze erleichtert. Nachdem ich einige Grundsatzfragen bezüglich der künftigen Märkte beantworte, tippe ich meine Antwort.


Von: Christian Grey
Betreff: Sie haben schließlich nicht die Polizei gerufen
Datum: 27. Mai 2011                        08:36 Uhr
An: Anastasia Steele

Miss Steele,

ich sitze tatsächlich mitten in einem Meeting über künftige Märkte, falls es Sie
interessieren sollte. Nur fürs Protokoll, darf ich Sie daran erinnern, dass Sie neben mir gestanden haben und genau wussten, was auf Sie zukommt.
Sie haben mich zu keinem Zeitpunkt gebeten, damit aufzuhören – Sie haben keines der
Safewords benutzt.
Sie sind eine erwachsene Frau und haben jederzeit die Möglichkeit, Nein zu sagen.
Offen gestanden, freue ich mich schon auf das nächste Mal, wenn meine Handfläche vor
Schmerz glüht. Und offensichtlich hören Sie nicht auf den richtigen Teil Ihres Körpers.

In Alaska ist es sehr kalt, deshalb ist es kein idealer Ort für eine Flucht. Ich würde Sie finden. Schließlich kann ich Ihr Handy orten, schon vergessen?

Und jetzt gehen Sie zur Arbeit.


Christian Grey CEO,

Grey Enterprises Holdings Inc.

Alaska … Baby, ich würde dich selbst am anderen Ende der Welt finden. Nimm das Miss Steele! Wie du mir, so ich dir. Ich drücke auf Senden. Ihre Antwort kommt augenblicklich. Ich kann ihr loses Mundwerk quasi durch den Laptop hören und würde es nur zu gerne zügeln.


Von: Anastasia Steele
Betreff: Stalker
Datum: 27. Mai 2011                        08:37 Uhr
An: Christian Grey

Sind Sie wegen Ihrer Stalker-Neigungen in Therapie?


Ana

Und natürlich habe ich genau so etwas erwartet. Ich lächele und versuche, gegenüber den Leuten, mit denen ich hier ein Meeting habe, nicht wie ein Idiot zu wirken.


Von: Christian Grey
Betreff: Stalker? Ich?
Datum: 27. Mai 2011                        08:39 Uhr
An: Anastasia Steele


Ich bezahle dem ehrenwerten Dr. Flynn ein kleines Vermögen für die Behandlung meiner
Stalker- und sonstigen Neigungen.

Und jetzt machen Sie, dass Sie zur Arbeit kommen.


Christian Grey CEO,

Grey Enterprises Holdings Inc.

Natürlich wird sie dies nicht tun, sondern weiter mit mir diskutieren.


Von: Anastasia Steele
Betreff: Teure Scharlatane
Datum: 27. Mai 2011                        08:41 Uhr
An: Christian Grey

Dürfte ich in aller Bescheidenheit vorschlagen, sich eine zweite Meinung einzuholen?
Ich bin nicht sicher, ob Dr. Flynn durchschlagende Erfolge verbuchen kann.


Miss Steele

Von: Christian Grey
Betreff: Zweite Meinung
Datum: 27. Mai 2011                        08:44 Uhr
An: Anastasia Steele


Es geht Sie zwar nichts an, Bescheidenheit hin oder her, aber Dr. Flynn ist die zweite
Meinung. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie trotz Ihres neuen Wagens rasen müssen und setzen sich damit einem unnötigen Risiko aus – ich glaube, das verstößt gegen unsere
Regeln.

LOS, ZUR ARBEIT.


Christian Grey CEO,

Grey Enterprises Holdings Inc.

Hört sie überhaupt mal auf mich? Und nicht anders erwartet, erscheint eine weitere Nachricht von ihr.


Von: Anastasia Steele
Betreff: BEFEHLE IN GROßBUCHSTABEN
Datum: 27. Mai 2011                        08:48 Uhr
An: Christian Grey

Als Objekt Ihrer Stalker-Neigungen geht mich das sehr wohl etwas an, finde ich.
Noch habe ich nicht unterschrieben. Deshalb: Regel, Segel, Schornsteinflegel.
Außerdem fange ich erst um halb zehn an.


Miss Steele



Von: Christian Grey
Betreff: Deskriptive Linguistik
Datum: 27. Mai 2011                        08:50 Uhr
An: Anastasia Steele


Schornsteinflegel? Ich glaube nicht, dass dieses Wort tatsächlich existiert.


Christian Grey CEO,
Grey Enterprises Holdings Inc.


_________________________________________________________________________________

Von: Anastasia Steele
Betreff: Deskriptive Linguistik
Datum: 27. Mai 2011                        08:53 Uhr
An: Christian Grey

Irgendwo zwischen Kontrollfreak und Stalker, würde ich sagen. Und deskriptive Linguistik
ist eindeutig ein Hard Limit für mich. Hören Sie jetzt endlich auf, mir auf die Nerven zu
gehen? Ich würde sehr gern mit meinem neuen Wagen zur Arbeit fahren.


Ana


___________________________________________________________________________

Von: Christian Grey
Betreff: Anstrengende, aber amüsante junge Frauen
Datum: 27. Mai 2011                        08:56 Uhr
An: Anastasia Steele


Meine Hand juckt bereits. Fahren Sie vorsichtig, Miss Steele.


Christian Grey CEO,

Grey Enterprises Holdings Inc.

Nach weiteren dreißig Minuten ist das Meeting vorbei. Ros und ich bleiben aber  noch und sehen uns noch einige Geschäftspläne an und diskutieren über unsere Pläne, ein neues Dock in Asien zu kaufen und es so vor den überirdischen Kosten zu beschützen. Es ist nach elf Uhr, als Ros sich auf den Rückweg nach Seattle macht. Ich sollte mich auch bald auf den Weg machen. Ich gehe in meine Suite und natürlich hat Taylor bereits alles gepackt.

Er kommt herein.

„Sir, Miss Steeles Blackberry steht kurz vor der Zustellung. Innerhalb der nächsten Stunde sollte sie es in den Händen halten. Es ist vollgeladen, mit ihren Kontaktinformationen versehen und außerdem mit ihrem E-Mail Account eingerichtet. Ich habe ihre Telefonnummer an Ihr Gerät weitergeleitet, Sir“, sagt er und man kann einen Hauch von Stolz in seiner Stimme ausmachen. Ich nicke. Effizienz sollte Taylors zweiter Vorname sein.

„Wenn Miss Steele heute Abend nach Hause fährt, fahren Sie zu ihr und holen ihr Auto ab, um es zu verkaufen. Danach fahren Sie zurück nach Seattle.“

„Ja, Sir“, sagt er.

Ich schreibe Anastasia eine weitere Nachricht. Sobald ihr Blackberry geliefert wird, kann sie sie lesen.



Von: Christian Grey
Betreff: Blackberry GELIEHEN
Datum: 27. Mai 2011                        11:16 Uhr
An: Anastasia Steele


Ich muss jederzeit Kontakt mit Ihnen aufnehmen können, und da wir offenbar in
schriftlicher Form am aufrichtigsten miteinander kommunizieren können, dachte ich, ein
Blackberry wäre vielleicht genau das Richtige.


Christian Grey CEO,

Grey Enterprises Holdings Inc.

Obwohl ich weiß, dass sie ausflippen wird, wenn ich ihr noch ein weiteres Gerät schenke, will ich, nein ich muss immer mit ihr in Kontakt sein können. Ich muss wissen, wo sie ist, wie es ihr geht und mit wem sie zusammen ist. Ich brauche die Kontrolle. Ich kenne es einfach nicht anders. Sie ist mein. Ich teile nicht, was mir gehört. Ich bin vereinnahmend.


Von: Anastasia Steele
Betreff: Konsumverhalten außer Rand und Band
Datum: 27. Mai 2011                        13:23 Uhr
An: Christian Grey

Wenn Sie mich fragen, sollten Sie sofort Dr. Flynn anrufen.
Ihre Stalker-Neigungen gehen endgültig mit Ihnen durch. Sobald ich von der Arbeit wieder
zuhause bin, melde ich mich per Mail.
Danke für das zweite technische Spielzeug.
Ich habe nicht gelogen, als ich gesagt habe, Sie wären der ideale Verbraucher. Wieso tun
Sie das?


Ana


Von: Christian Grey
Betreff: Noch so jung und schon so scharfsinnig
Datum: 27. Mai 2011                        11:16 Uhr
An: Anastasia Steele


Ein stichhaltiges Argument, Miss Steele.
Dr. Flynn ist im Urlaub.
Und ich tue es, weil ich es kann.

Christian Grey CEO,

Grey Enterprises Holdings Inc.

Da wir gerade bei Dingen sind, die ich kann. Ich glaube nicht, dass ich möchte, dass mein eigener Arzt Anastasias Verhütungsproblematik löst. Zumal er männlich ist. Ich möchte nicht, dass sich irgendein anderer Typ Anastasias intimste Stelle anguckt, selbst wenn er ein Arzt ist. Ich werde ihr die beste Gynäkologin der Stadt besorgen. Andrea hat mir gerade erst die Zustimmung für das Treffen per E-Mail geschickt. Sie wird am Sonntag um 13:30 Uhr ins Escala kommen. Sobald Geld keine Rolle spielt, ist selbst ein Treffen an einem Sonntag um die Mittagszeit kein Problem. Das ist einer der Gründe, warum ich es liebe, so viel Geld zu haben. Man kann sein Leben selbst bestimmen … zumindest meistens. Wenn es um Miss Steele geht ist alles möglich.

Ich schicke ihr eine weitere E-Mail mit der Uhrzeit unseres Treffens. Weil ich bald los muss, bin ich in Eile. Ich habe nun eine Woche hier verbracht und ich bin angespannt. Bald werde ich wieder in Seattle in meinen eigenen vier Wänden sein und einige Geschäfte erledigen.

___________________________________________________________________________________________

Von: Christian Grey
Betreff: Sonntag
Datum: 27. Mai 2011                        13:40 Uhr
An: Anastasia Steele


Sollen wir uns Sonntag um 13:00 Uhr treffen?
Der Arzt kommt um 13:30 Uhr ins Escala.
Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Seattle.
Ich hoffe, der Umzug geht reibungslos über die Bühne, und ich freue mich schon auf Sonntag.


Christian Grey CEO,

Grey Enterprises Holdings Inc.

Ich mache mich auf den Weg zum Auto, um nach Hause zu fahren. Obwohl die Fahrt nach Seattle reibungslos läuft, dauert sie lange. Ich möchte noch vor der Rush Hour in der Stadt sein. Musik hilft immer - Kings of Leon. Die Melodie hallt laut durch die Lautsprecher meines R8. Closer … Als er singt “Sie nahm mein Herz und meine Seele”, beschleunigt sich mein Atem. Hat Anastasia das auch mit mir gemacht?

Ich summe den Text mit, als sich mein Herz zusammenzieht:

Closer - Kings of Leon

Du erschütterst mich bis ins Mark
Lässt mich zurück, ganz allein, mit meiner Liebe
Denkst Du an mich?
Wo bin ich jetzt? Baby, wo schlafe ich?
Es fühlt sich so gut an, aber ich bin alt,
2000 Jahre des Jagens fordern ihren Tribut

Ob sie wohl auch so oft an mich denkt, wie ich an sie? Angst ergreift mich als ich den Text verinnerliche. Sie hat mich bis ins Mark erschüttert. Ich seufze erleichtert auf, als das Lied endet.

Der Text geht mir durch den Kopf, wie eine kaputte Schallplatte, wieder und wieder. „Denkst du an mich? Denkst du an mich? Denkst du an mich Anastasia?” Ich  schüttele meinen Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Als ich am Escala ankomme, ist es bereits nach 17:00 Uhr. Ich parke in einer meiner Buchten in der Tiefgarage des Escala und mache mich schnell auf den Weg zu den Aufzügen. Ich gebe meinen Code ein und langsam bringt mich der Aufzug hinauf zu meiner Suite. Als ich ankomme, begrüßt mich Mrs. Jones.

„Willkommen zu Hause, Mr. Grey. Sollen ich Ihnen ihr Abendessen fertig machen, Sir?“

„Ja. Ich bin ich 15 Minuten so weit, Mrs. Jones“, sage ich und mache ich auf den Weg in mein Zimmer. Ich lege mein Jackett ordentlich über einen Stuhl und gehe schnell duschen. Ich ziehe mir eine schwarze Jeans  und ein weißes Leinenhemd an. Keine Socken oder Schuhe. Ich gieße mir selber ein Glas Wein ein, um ihn zu dem köstlichen Fisch, den Mrs. Jones gekocht hat, zu trinken. Ich wähle Anastasias Nummer. Sie sollte bereits Feierabend gemacht haben. Aber sie geht nicht ran. Ich blicke finster drein. Es ist nach halb 6. Ich rufe Taylor an.

“Ja, Sir”, antwortet er nach dem zweiten Klingeln.

„Wo sind Sie?“ frage ich.

„Ich habe gerade Miss Steeles Auto verkauft und die Auszahlung erhalten. Nun bin ich auf dem Weg zurück ins Hotel, um den SUV zu holen, Sir.“

„Was hat Miss Steele gemacht?“

„Sie und ihre Mitbewohnerin waren mit dem Packen beschäftigt“, antwortet er und verschafft mir damit Erleichterung. Sie war also beschäftigt, aber zu Hause.

„Hat sie etwas zu Ihnen gesagt`“, frage ich fest.

„Sie hat mich gefragt, wie lange ich für Sie arbeite.“

„Das war’s?“ , hake ich nach.

„Ja Sir. Ich bin nicht lange geblieben. Sie hat nur schnell ihre Habseligkeiten aus dem Auto genommen“, antwortet er.

„Wann werden sie aufbrechen?“

„Ich werde wahrscheinlich innerhalb der nächsten 30 Minuten aufbrechen, Sir“, erwidert er.

„Ich werde Sie über den morgigen Tag informieren, wenn Sie hier sind“, sage ich.

„Ja, Sir“, antwortet er und ich lege auf.

Ich esse auf und gehe in mein Büro. Mein Telefon klingelt. Ich greife aufgeregt danach, da ich denke es ist Anastasia.

„Hallo?“ sage ich ohne auf die Nummer zu achten. Klinge ich vielleicht ein bisschen zu sanft?

„Oh, das ist soooo süß!“ reizt Elliot mich.

Scheiße! Ich wollte ihm doch keine Gelegenheit bieten, mich aufzuziehen.

„Was ist los, Elliot?“ sage ich in einem Ton, den er von mir gewohnt ist.

„Nichts. Ich wollte dich nur fragen, wann Mia morgen zurückkommt.“

„Ah”, sage ich und gebe ihm die Zeit durch.

„Gut. Danke, dass du sie abholst, Bro. Aber du weißt ja, dass ich deiner Freundin bei ihrem Umzug nach Seattle helfe!“ sagt er stichelnd.

„Was? Hat deine Freundin etwa ihre Meinung bezüglich des Umzugs geändert?“ necke ich ihn.

„Nein natürlich nicht. Du verträgst ja nicht mal einen Scherz, Bro!“ sagt er. „Hey, ich gehe jetzt zu den beiden. Soll ich ihr irgendetwas von dir ausrichten?“ fragt er stichelnd. Verdammter Bastard.

„Nichts, was ich ihr nicht selber sagen könnte. Danke“, sage ich und lege auf.

Das Gespräch macht mich eifersüchtig. Er wird Anastasia sehen und ich nicht. Verdammt. Ich kann sie nicht einmal erreichen! Es ist nun schon das dritte Mal, dass ich sie anrufe und sie hat immer noch nicht geantwortet! Es ist zum Verrücktwerden! Ich möchte sie per Telefon oder E-Mail erreichen können. Ist es zu viel verlangt, dass sie rangeht oder mir eine Nachricht schreibt?

Ich versuche mich selbst zu beruhigen, indem ich mir sage, dass sie umzieht und sie wahrscheinlich ihren Laptop bereits eingepackt hat. Aber hat sie auch ihr Telefon eingepackt?

Ich werde heute Abend auf einer Benefizveranstaltung erwartet. Meine Gedanken drehen sich gänzlich um Anastasia. Das wird mir ein bisschen Ablenkung verschaffen. Etwas zu tun. Ich verlasse mein Büro und gehe zu meinen Kleiderschrank. Die Abendgarderobe ist vorgeschrieben. Ich finde meinen Smoking und als ich nach einer Fliege suche,  streicht meine Hand langsam über die silberne Krawatte. Ich schließe meine Augen und versuche meine Atmung wieder in den Griff zu kriegen. Was hat sie mir in nur so kurzer Zeit angetan? Was passiert mit mir? Ich war noch nie zuvor von einer Frau so angetan. Nicht einmal, als ich gedacht habe, dass ich in Elena verliebt bin und das war ich natürlich nicht. Ich ziehe meine Socken und Schuhe an. Bevor ich meine Suite verlasse, rufe ich Anastasia noch einmal an. Wieder nicht. Ich fahre mir frustriert mit meinen Händen durch meine Haare und gehe durch den großen Raum. Sie hat gesagt, dass sie mich anruft, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt und sie hält sich nicht daran.  Ich wähle noch einmal ihre Nummer. Es klingelt viermal und dann geht die Mailbox ran. Dieses Mal hinterlasse ich ihr eine wütende Nachricht:

„Anastasia, du musst wohl erst noch lernen, meinen Erwartungen gerecht zu werden. Geduld gehört nicht zu meinen Stärken. Wenn du sagst, du meldest dich nach der Arbeit, solltest du den Anstand besitzen, es auch zu tun. Sonst mache ich mir nur Sorgen, und das ist eine Regung, die mir fremd ist und mit der ich auch nicht gut umgehen kann. Ruf mich an.“ Ich lege auf.

Es ist so verdammt frustrierend! Wenn sie in der Nähe wäre, würde ich zu ihr fahren und dafür sorgen, dass meine Hand wieder schmerzt! Aber jetzt muss ich mich auf der Benefizveranstaltung blicken lassen. Ich werde hinfahren, Hallo sagen, einen Check ausstellen und wieder gehen. Ich eile aus meiner Suite und meine Gedanken drehen sich immer noch um Anastasia.

*
Es ist nach 22.00 Uhr und ich habe noch immer keinen Anruf oder eine Nachricht von Anastasia erhalten. Angst keimt in mir auf. Was stimmt nicht? Warum hat sie mich nicht angerufen oder mir geschrieben? Sie hat gesagt, dass sie mich anruft. Es muss etwas passiert sein. Ich halte die Ungewissheit nicht länger aus und sende ihr eine Nachricht von meinem Blackberry:


Von: Christian Grey
Betreff: Wo bist du?
Datum: 27. Mai 2011                        22:15 Uhr
An: Anastasia Steele


‚Sobald ich von der Arbeit zuhause bin, melde ich mich per Mail.‘ Das hast du mir vorhin geschrieben. Arbeitest du immer noch oder hast du aus Versehen dein Telefon, den BlackBerry und den Laptop eingepackt?
Ruf mich an, sonst sehe ich mich gezwungen, Elliot einzuschalten.


Christian Grey CEO,

Grey Enterprises Holdings Inc.


Nachdem ich diese Nachricht abgeschickt habe, verabschiede ich mich und nicke den liebäugelnden Frauen zu, obwohl es das letzte ist, was ich tun möchte. Eilig verlasse ich das Gebäude. Ich löse meine Fliege im Auto, sobald der Hoteldiener es mir vorgefahren hat. Ich fahre schneller, als ich sollte, nach Hause. Ich warte die fünfzehn Sekunden, die das Garagentor braucht, um sich zu öffnen und fahre ungeduldig hinein. Ich parke das Auto in einer meiner Buchten. Ich steige aus und drücke den Rufknopf des Aufzuges. Sie werden nie wieder die gleichen für mich sein. Jedes Mal, wenn ich einen betrete, denke ich an sie. Ich schließe meine Augen auf dem Weg zu meinem Penthouse. Sobald ich meine Suite betrete, seufze ich und gieße mir ein Glas Wein ein, ziehe mein Jackett aus, lege es über einen Stuhl und gehe zu meinem Piano. Irgendwie passiert es mir immer, dass ich ein trauriges, elendes Stück spiele … wieder und wieder. Die Musik ist trist, traurig und überflutet mich mit unbekannter Sorge.  

Suffocation by Chopin

Ungefähr dreißig Minuten nachdem ich angefangen habe zu spielen, klingelt mein Telefon in meiner Tasche. Dieses Mal überprüfe ich die Nummer. Mein Herz setzt eine Sekunde aus. Es ist Anastasia. Erleichterung durchströmt mich. Endlich ruft sie an.

“Hi”, antworte ich sanft. Für einige Sekunde ist sie ruhig. “Hi”, antwortet sie endlich.

“Ich habe mir Sorgen gemacht”, sage ich besorgt.

„Ich weiß. Es tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe. Mir geht es gut.“ Ich lehne mich zum Piano, lasse die Erleichterung durchsickern und mich aus meiner Erstickung holen. Meine Augen sind immer noch geschlossen. Ich sage, „Hattest du einen schönen Abend?“ Und weißt du, welche Art von Stürmen, du in meiner gepeinigten Seele ausgelöst hast? Nur der Klang deiner Stimme befreit mich schon vorm Ersticken und meiner Qual. Ich atme langsam.

Nocturne from The Secret Garden

„Ja. Wir sind mit dem Packen fertig. José war hier und hat Kate und mir etwas vom Chinesen mitgebracht.“ Als sie seinen Namen ausspricht, merke ich wieder, wie ich langsam in das Meer der Qualen zurückgezogen werde. Ich erinnere mich daran, dass sie mich anruft und mit dieser süßer Stimme mit mir spricht. Sie gehört immer noch mir.

„Wie geht es dir?“ fragt sie mich.

„Atme Grey, atme, erinnere ich mich selbst. Schließlich seufze ich resigniert … aber nur vorerst.

„Ich war auf einer Benefizveranstaltung. Es war total langweilig, deshalb bin ich so schnell ich konnte wieder gegangen“, sage ich und es gelingt mir nicht, die Traurigkeit und Resignation aus meiner Stimme zu verbannen.

„Ich wünschte, du wärst hier“, flüstert sie.

„Tatsächlich?“ frage ich leise, immer noch zutiefst traurig. Mein Herz presst sich zusammen. Bis zu diesem Moment habe ich noch nicht einmal bemerkt, wie groß die Angst sie zu verlieren war.

„Ja“, flüstert sie bestimmt. Ich schließe die Augen und versuche ihr zu glauben. Letztlich seufze ich.

„Sehen wir uns Sonntag?“ frage ich und habe Angst vor ihrer Antwort.

„Ja, Sonntag“, murmelt sie.

„Gute Nacht“, sage ich und will sie nicht gehen lassen.

„Gute Nacht, Sir“, sagt sie. Darauf war ich nun wirklich nicht vorbereitet. Sie trifft mich völlig unerwartet. Ich atme scharf ein. Sie zieht mich mit zwei simplen Wörtern aus meinem Elend!

„Viel Glück morgen beim Umzug, Anastasia“ sage ich mit sanfter Stimme. Wir hängen wie zwei Teenager am Telefon. Keiner ist gewillt, aufzulegen.

„Du legst auf“, flüstert sie und bringt mich zum Lächeln.

„Nein, du legst auf“, sage ich grinsend.

„Ich will aber nicht“, sagt sie und ich wünsche mir, dass sie hier ist … in meinen Armen.

„Ich auch nicht“, sage ich.

„Warst du sehr wütend auf mich?“ fragt sie besorgt.

„Ja“, antworte ich.

„Bist du es immer noch?“

„Nein.“

„Du wirst mich also nicht bestrafen?“ fragt sie beunruhigt.

„Nein. Ich bin eher der spontane Typ“, antworte ich.

„Das ist mir auch schon aufgefallen“, gibt sie zurück.

„Sie können jetzt auflegen, Miss Steele.“

„Soll ich das wirklich, Sir?“ sagt sie und mein Herz setzt für einen Schlag aus.

„Geh ins Bett, Anastasia“, sage ich und die Erleichterung bahnt sich nun endgültig ihren Weg.

„Ja, Sir“, sagt sie. Dennoch bleiben wird beide am Telefon.

„Wirst du es irgendwann schaffen, dass zu tun, was man dir sagt?“ frage ich. Ich bin sowohl amüsiert, da sie genauso von mir angetan ist, wie ich und von ihr und gleichzeitig verärgert, weil sie keinen einzigen gehorsamen Knochen in ihrem Körper hat. Ich seufze.

„Vielleicht. Warten wir erst einmal den Sonntag ab“, sagt sie und legt endlich auf.

Was mache ich nur mit dir Anastasia? Oder schlimmer, was würde ich ohne dich machen? Langsam mache ich mich auf den Weg in mein Schlafzimmer. Mit meinen Gedanken bin ich nur bei Anastasia und fünf Minuten später, liege ich nur mit meinen Boxershorts bekleidet in meinem Bett. Ich drifte langsam in den Schlaf und habe ihr schüchternes Lächeln vor Augen.

With or Without You by U2



No comments: