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Saturday, February 1, 2014

BUCH II - Kapitel I - Christian und Anastasia Fanfiction

Kapitel I
Bis zur Hölle und zurück

Übersetzer: Janine Heistmann



„Mommy, ich habe Hunger!“ sage ich und suche sie. Aber Mommy ist nicht hier.

„Mommy! Mommy!“ Mommy ist im Schlafzimmer. Ich gehe zur Tür. Ich darf sie nicht öffnen, wenn sie geschlossen ist. Aber ich bin so hungrig. Die Tür ist sehr schmutzig. Überall sind Dreckflecken. Ich greife nach der Türklinke. Im Zimmer gibt es Krach. Mommy weint. Ist sie verletzt? Der Mann ist hier. Ich darf nicht ins Schlafzimmer, wenn der Mann hier ist. Aber ich bin so hungrig. Langsam öffne ich die Tür. Ich spähe hinein. Mommy beugt sich über das kleine Bett. Sie hält sich am Metall fest. Sie ist nackt. Der böse Mann ist hinter Mommy. Er hat kein Hemd an, dafür aber eine Hose. Ich sehe nur seinen Rücken. Er schubst Mommy. Mommy weint. „Nicht! Bitte! Hör auf!” sagt sie.

„Du gehörst mir! Wenn ich deine Muschi will, kriege ich sie auch, du Hure!”

„Das Kind ist in der Wohnung, bitte!“ fleht sie weiter. Oh, ich bin das Kind.

„Mommy“, sage ich verängstigt. „Ich habe Hunger …“

Mommy schreit noch lauter. „Jesus Christus!“ Mommy klingt erschrocken.  „Bitte, lass mich gehen! Mein Kind …” sagt sie mit kleinlauter und verängstigter Stimme.

Er zieht seinen Gürtel aus den Schlaufen seiner Hose und schlägt Mommy sehr schnell damit. Mommy schreit auf. Er ist so wütend. Er dreht sich zu mir um und sein Pullermann hängt heraus. Ich renne in die Küche. Ich kann mich nirgends verstecken. Ich verstecke mich unter der Spüle. Er findet mich. Meine kleinen Hände zittern. Ich verdecke mein Gesicht mit meinen Händen. Vielleicht sieht er mich dann nicht. Aber er sieht mich immer. Er greift mich am Ellenbogen und zieht mich aus dem Schrank heraus. Mein Arm zerkratzt.  Ich stoße meinen Kopf am Küchenschrank. Ich habe zu viel Angst, um zu schreien. Er schlägt mich noch fester, wenn ich schreie. Wenn ich keinen Mucks von mir gebe, macht er vielleicht nicht so doll.

„Du kostet mich meinen Spaß, du kleines Stück Scheiße!“ Er zieht an mir und dreht mich herum. Er zieht meine Hose herunter und schlägt mich immer wieder. Es tut weh.

„Mommy!“ schreie ich. „Mommy, aua! Hilf mir Mommy!” Er erinnert sich an seinen Gürtel in Mamis Zimmer. Er steht auf und zieht mich an meinem Arm in Mamis Zimmer. Er wirft mich aufs Bett. Er nimmt den Gürtel und schlägt mich damit. Ich schreie. Es tut so weh! Mommy rollt sich auf dem Boden zusammen. Wenn ich schreie, weint sie noch mehr. Aber Mommy kommt nicht, um ihn aufzuhalten. Sie weint einfach noch lauter. Er wirft mich auf den Boden. Er hebt seinen großen Fuß hoch. Dann tritt er mich. Ich rolle auf dem Boden entlang. Schließlich stoppt mich die Wand. Ich weine leise. Ich verdecke meinen Mund, um das Geräusch zu unterdrücken.

„Die Schlampe und ihr verdammter Bastard!“ schreit er. Er dreht sich um. Ich höre, wie er davongeht. Ich habe Angst, zu gucken. Ist er weg? Mir tut alles weh. Ich blute ein bisschen am Kopf. Mommy kriecht langsam. Sie greift nach dem alten T-Shirt auf dem Boden und zieht es sich an. Mommys Hände zittern. Sie sieht mich nicht an. Sie kriecht ins Bad. Ich beobachte Mommy und weine leise vor mich hin. Sie kommt aus dem Bad zurück. Mommys Augen sind groß, rot und ängstlich. Sie hält eine kleine Flasche. Mommy wird mich nicht ansehen. Sie geht in die Küche. Langsam gehe ich hinter her. Sie dreht den Wasserhahn auf. Dann füllt sie den dreckigen Becher mit Wasser. Sie setzt sich auf die Couch und zittert immer noch. Tränen strömen ihr über die Wangen, aber sie macht keinen Mucks. Nur Tränen.

Mommy öffnet die Flasche. Sie schüttelt sie. Sie sieht sie an. Sie sieht mich mit ihren traurigen Augen an. Sie weint noch mehr. Sie lächelt nicht. Sie hält sich die Flasche an den Mund. Trinkt sie aus. Sie trinkt das Wasser. Ich habe auch Hunger, Mommy, denke ich mir. Aber ich werde nichts sagen. Mommy ist traurig. Sie liegt auf der Couch.

„Komm her, Christian“, sagt sie. Ich gehe zu ihr.

„Leg dich neben Mommy“, sagt Mommy. Ich klettere auf das Sofa. Ich lege mich neben sie. Sie hält mich fest. Ich habe Hunger. Aber Mommy hält mich fest. Es ist besser, wenn sie mich festhält. Mommys Augen weinen noch mehr. Sie macht immer noch keinen Mucks. Sie küsst meinen Kopf.

„Lebewohl, Christian“, sagt sie. Mommy ist müde. Sie will schlafen. „Gute Nacht, Mommy“, sage ich. Wir schlafen beide.

 **** ♡ *****

Ich wache auf. Ich rüttele Mommy an. Es ist dunkel draußen.

„Mommy, ich habe immer noch Hunger“, sage ich. Aber sie wacht nicht auf.

Neben ihr liegt diese kleine Flasche. Sie hat heute davon gegessen. Es ist kein Deckel drauf. Ich hebe sie auf. Irgendetwas klappert darin. Ein Spielzeug? Es ist klein. Etwas zu essen! Ich bin so hungrig! Ich lasse das kleine Essen aus der Flasche auf meine Hand fallen. Es ist nicht rund. Vielleicht kann ich es essen. Es ist Mommys Essen, aber vielleicht ist es Mommy egal. Ich bin so hungrig. Ich stecke es in den Mund und kaue. Es schmeckt ekelig, es ist bitter. Ich spucke es aus.

„Mommy! Ich habe Durst!“ Aber, Mommy ist zu müde und sie bewegt sich nicht. Ich gehe auf dem klebrigen, grünen Teppich. Ich gehe in die Küche. Ich schiebe den Stuhl vor die Spüle. Ich habe Durst und mein Mund ist trocken. In der Spüle liegt ein dreckiger Becher. Er ist klebrig und hat braune Flecken. Ich fülle das Wasser aus dem Wasserhahn hinein und trinke. Bäh!

Ich gehe zurück, um mit Mommy weiter zu schlafen. Vielleicht macht sie mir etwas zu essen, wenn sie aufwacht. Mommy ist kalt. Ich habe meine Kuscheldecke. Ich decke sie zu. Ich lege meinen Kopf auf Mommys Arm. „Mein Bauchi tut weh, Mommy …“, weine ich. Ich habe solchen Hunger. Meine Tränen laufen auf Mommys Shirt.

„Kann ich was zu essen haben, wenn du aufwachst, Mommy? Bitte, Mommy.“

Ich weine und weine, aber Mommy hört mich nicht.

Ich sitze kerzengerade im Bett, als ich von meinen eigenen Schreien geweckt werde. Ich blicke mich um. Es ist dunkel, aber das nächtliche Licht Seattles scheint durch meine deckenhohen Fenster. Ich sehe die Space Needle in der Ferne. Verdammt! Meine Albträume sind wieder da.

SONNTAG


Erbärmliche, schlaflose Nächte werden mich nun wieder begleiten. Ich stehe auf. Auf meinem Nachttisch steht das Modell der Blanik L23. Ich habe bis spät in die Nacht gebaut. Ich streiche darüber. Ein Geschenk von meiner ersten Liebe. Die erste Liebe, die ich gestern so fürchterlich in den Sand gesetzt habe! Wie haben wir es in so kurzer Zeit geschafft, alles zu verbocken? Wir wollten doch auf dem Piano miteinander schlafen. Sie hasst mich … Allein der Gedanke daran raubt mir den Atem und ich bringe einen weiteren würgenden Ton aus meiner Kehle hervor. Ich blicke auf die Notiz, die sie hinterlassen hat. 


Always on My Mind by Michael Buble

„Das hier hat mich an eine glückliche Zeit erinnert.“ Diese verdammten Tränen verraten mich erneut. Meine Augen füllen sich und drohen mir über die Wangen zu strömen. Mit dem Handrücken wische ich mir über die Augen, um die Tränen am Fallen zu hindern. Grob reibe ich mir meine Augen, um die Tränen zu unterdrücken … Ich habe es verbockt!

In meiner Seele klafft ein riesiges Loch; es nagt an mir und quält mich. Was ist das für ein Schmerz, den ich vorher noch nie erlebt habe? Es ist, als ob ein Teil von mir gestorben wäre. Nicht ein anderes Wesen, oder eine andere Person, sondern ich selbst. Ich blicke auf die Uhr. 3:13 Uhr. Ich kann zu Anastasia gehen und sie um Vergebung bitten. Wie soll ich mit diesem Schmerz leben? Ich fühle mich, als ob ein wilder Löwe in mir gefangen ist, der versucht seine Krallen in mir zu vergraben und mein Herz verspeist! Was für ein prometheisches Leid ich durchlebe! Es ist, als ob mein Herz immer wieder wachsen würde, damit dieser qualvolle Löwe es gierig verschlingen und verzehren kann. Ein schmerzvoller Biss nach dem anderen! Ich habe meinen Lebenssinn verloren …

Du liebst sie, du verdammter, wertloser Bastard! Es gibt so viele Menschen, in die du dich verlieben kannst, und du verliebst dich ausgerechnet in einen Engel und ziehst sie in deine persönliche Hölle hinein! Ich denke immer wieder an den Vorfall zurück. Die Scham erdrückt mich fast. Ich habe mich an ihrem Schmerz erfreut. Es hat mich angetörnt! Gott, vergib mir! Natürlich hasst sie mich … sie hat mich gebeten, sie zu schlagen, um mir zu gefallen, aber sie hat es nicht ertragen. Wäre es nicht besser, wenn ich mit jemandem zusammen wäre, der keine Emotionen hat und einfach nur ficken will? So wie es vor Anastasia immer wahr? Geht es ihr ohne mich nicht viel besser? Ich bin nichts, ich zerstöre sie nur und Kate hat es schon einmal gesagt … „Seit sie dich kennt, weint sie nur noch!“ Also war sie glücklich, bevor sie mich getroffen hat. Ich habe einen Eindruck davon bekommen, als wir in Georgia Segelfliegen waren … Das war eine glückliche Zeit. Wenn ich ihr Raum gebe, dann wird ein anderer Scheißkerl sofort meinen Platz einnehmen. Das kann ich nicht ertragen! Ich würde schlicht und einfach sterben oder den Scheißkerl umbringen! Egal wie ich mich entscheide, ich würde uns beide zerstören … Bedeutet Liebe denn nicht, alles zu geben und im Gegenzug nichts zu erwarten?

Ich würde Anastasia mein Schicksal in die Hand geben, ohne darüber nachzudenken. Wenn sie mein Herz brauchen würde, würde ich es mir ohne zu überlegen, rausschneiden! Aber zu wissen, dass sie mit jemand anderem zusammen sein könnte, würde mich zerstören. Jede Faser meines Körpers sagt mir, dass ich nicht gut für sie bin. Sie ist unglücklich mit mir. Aber ich will sie … zurück. Sie gehört mir und mir allein! Ich bin ein verdammt selbstsüchtiger Mann. Ich werde alles tun, damit ich sie zurückbekomme. Ich werde alles sein, so sein, wie sie mich will.

Anastasia liebt mich. Langsam sickert dieses Wissen durch und ich war doch so erschrocken, als sie es mir erzählt hat. Zumindest als sie es mir erzählt hat, als sie wach und bei vollem Bewusstsein war.

„Ich habe mich in dich verliebt, Christian! Ich habe mich in dich verliebt, Christian! Ich habe mich in dich verliebt, Christian! Ich habe mich in dich verliebt, Christian!“ Ihre Liebeserklärung erklingt immer und immer wieder in meinem Kopf. Ich werde alles tun, um sie zurückzubekommen und glücklich zu machen. Wie konnte ich nur den Schwanz einziehen, wo ich doch ganz genau weiß, dass sie mich liebt und ich sie? Was trennt uns noch außer meiner Abgefucktheit? Dr. Flynn hat gesagt, dass es nur einmal im Leben passiert, dass man jemanden findet, der einen genauso sehr liebt wie man selbst. Einmal im Leben! Ich werde es nicht versauen! 

I Never Told You by Colbie Caillat

Sie hat mir gesagt, dass sie das Schlagen so sehr hasst, wie ich das Angefasst werden! Warum habe ich dann zugestimmt, sie zu schlagen? Warum hat sie das Safeword nicht benutzt? Wenn ich sie zurückbekomme, schwöre ich bei Gott, dass ich sie nie wieder in mein Spielzimmer bringe, selbst wenn sie mich darum bittet. Ich vibriere vor Wut! Ich hätte nicht nachgeben sollen und sie nicht mit dem Gürtel schlagen sollen! Ich habe mich so dumm verhalten! Entschlossen stehe ich vom Bett auf und nehme den Schlüssel für mein Spielzimmer. Ich öffne die Tür und werfe einen Blick auf die aufgereihten Gürtel, Peitschen und Bestrafungsmittel. Nacheinander nehme ich sie von der Wand. Ich nehme sie wie einen Stapel Feuerholz auf den Arm. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und werfe sie in den großen Kamin. Mrs. Jones wird es nicht gefallen, dass sauber machen zu müssen, aber ich muss diesen Scheiß verbrennen … einen Teil meiner Seele mit dem Feuer reinigen … Entweder verbrenne ich mich selbst oder ich verbrenne diese Dinge! Alles, was ich mache, verletzt sie! Ich will … nein ich muss sie glücklich machen.

Meine gesamte Welt stürzt um mich herum zusammen. Sie wollte nicht, dass ich sie anfasse. Oh Gott! Ich bin erbärmlich … Jetzt hasst sie meine Berührung! Wie soll ich damit fertig werden? Das Feuer leckt zunächst an den Gürteln, Peitschen und Floggern. Als es Feuer fängt, verschlingt es die ledernen Bestrafungsmittel wie ein hungriges Monster. Ich beobachte völlig gleichgültig, wie sie verbrennen. Damit verbrenne ich einen Teil meiner Vergangenheit. Ich biete einen Teil meiner dunklen Seele an.

Nachdem das Feuer meine früheren Sünden verzehrt hat, gehe ich langsam in mein Büro. Seitdem Anastasia mich gestern verlassen hat, wurde der Schmerz mein konstanter Begleiter. Neigungen, die ich vorher noch nie erfahren habe. Nachdem ich mein Büro betreten habe, schließe ich die Tür. Ich schalte meinen Laptop an. Ich möchte ihr eine Liebeserklärung schreiben. Aber die wird sie womöglich verschrecken, da sie weiß, wie abgefuckt ich bin. Wahrscheinlich werde ich sie damit noch mehr verletzen. Ich google meinen Namen und sehe mir die Bilder an. Ich scrolle mich durch die Seiten und finde schließlich das Bild von Anastasia und mir auf ihrer Abschlussfeier. Ich speichere es. Ich sehe mir ihr Bild an. Es wurde erst vor so kurzer Zeit gemacht und dennoch hat sie meinen Körper und meine Seele gefangen genommen. An diesem Tag hat sie zugestimmt mit mir zusammen zu sein. Aber damals war es noch ein ganz anderer Kontext, als ich heute bereit bin zu gehen. Was hast du mit mir gemacht Ana? Ohne dich bin ich ein gebrochener Mann. Ziellos … planlos … Wie bist du nur zu meiner Lebenslinie geworden?

Ich muss etwas tun. Es ist einfach nicht meine Art, herumzusitzen und nichts zu tun, während ich gebrochen bin, meine Freundin gebrochen ist, wir auseinander gebrochen sind. Ohne sie bin ich bedeutungslos, aber irgendein Scheißkerl wird sich bemühen, in ihr Leben zu treten und das wird gleichzeitig sein und mein Ende sein! Verdammt!

Ich gehe in mein Schlafzimmer und nehme eine kurze Dusche.  Mit der Dusche verbinde ich zu viele Erinnerungen an Anastasia, um zu lange in ihr zu bleiben, ohne mich körperlich und emotional zu verletzen. Ich bin eh schon an meinem Limit. Viel mehr kann ich nicht ertragen. Wie üblich wasche ich mir meine Haare, seife mich ein, spüle mich ab und steige aus der Dusche. Meine Brust ist noch immer wund und rot, aber ich heiße den Schmerz willkommen. Er ist das einzige, das mich daran erinnert, dass Anastasia Teil meines Lebens gewesen ist. Ich steige aus der Dusche und trockne mich ab. Ich ziehe meine Jogginghose und meine Laufschuhe an. Als ich in die Küche zurückkehre, sehe ich, wie Mrs. Jones in der Küche arbeitet.

Sie beäugt mich vorsichtig und als sie mein verbessertes Auftreten bemerkt, fragt sie, „Möchten sie jetzt frühstücken, Mr. Grey?“

„Ja. Danke, Mrs. Jones.“

„Ist Omelett in Ordnung, Sir?“ fragt sie.

„Und Früchte, bitte“, antworte ich. Nach meiner Antwort blickt sie auf und schenkt mir ein aufrichtiges Lächeln.

„Natürlich, Sir“, antwortet sie professionell.

Sie reicht mir meinen Kaffee. Nach wenigen Minuten steht mein Frühstück vor mir. Ich esse automatisch. Nicht da ich es brauche oder will, sondern eher aus Gewohnheit. Taylor kommt ins Wohnzimmer und nimmt seinen üblichen Platz am Eingang ein. Ich drehe mich zu ihm und mit einem Nicken meinerseits, tritt er auf mich zu. Seine Augen sind eisern und geben nichts preis. Nichts über meinen Zusammenbruch in seiner und Mrs. Jones Anwesenheit.

„Taylor, ich werde laufen gehen.“

„Ich ziehe mich an, Sir“, antwortet er.

„Nein, nicht nötig. Ich werde nur zu Dr. Flynns Büro laufen.“ Er hebt leicht eine Augenbraue. Aber dann setzt er wieder seinen üblichen Gesichtsausdruck auf, als ob er die Ecken eines zerknitterten Lakens festziehen würde. Alles ist innerhalb der Norm. Sein Ausdruck ist gelassen und ruhig.

„Möchten Sie, dass ich Sie abhole, Sir?“

„Nein”, ich muss allein sein. „Aber Sie können etwas anderes für mich tun.“

„Alles, was Sie möchten, Sir“, sagt er enthusiastisch, als ob die Normalität wieder in unser Leben eingekehrt wäre.

„Ich möchte, dass sie ein Auge auf Miss Steele haben. Sie haben gesagt, dass sie nicht …“ Ich halte inne, um das Brechen meiner Stimme zu verbergen. „Den Umständen nach ging es ihr gestern nicht besonders gut.“ Taylor nickt und seine Augen nehmen einen stählernen Ausdruck an, sein Kinn ist gespannt und er schluckt, als würde er einen Felsbrocken hinunterwürgen müssen. Zu mehr ist er nicht im Stande. Ja! Anastasia hat uns alle rumgekriegt und selbst Taylor hat sie gern. Ich glaube, dass er wütend auf mich ist, aber er wird es mir nicht zeigen.

„Ich möchte, dass sie ihr Bankkonto prüfen und herausfinden, wie viel Geld sie hat. Da sie ihr Blackberry hier gelassen hat, möchte ich, dass sie ihr altes Handy verfolgen. Da sie so außer sich war“, sage ich. Ich weiß, dass sie verschlossen ist und da ihre Mitbewohnerin nicht da ist, möchte ich nicht, dass irgendetwas passiert, „Ich möchte sichergehen, dass es ihr gut geht.“ Taylor nickt. „Überprüfen Sie regelmäßig ihr Konto, um zu sehen, ob sie Geld einzahlt. Ich weiß, wie stur sie ist und vielleicht entscheidet sie sich ja dagegen, dass Geld zu nehmen. Aber auch darum werde ich mich kümmern, wenn es so weit kommen sollte.“ Ich muss irgendetwas tun, um diesen Schmerz in mir zu lindern. Ich schicke Taylor weg, sammle Anas Laptop, ihren Blackberry und die Autoschlüssel ein und gehe zurück in mein Büro. Ich werde dir zeigen, dass ich um dich kämpfen kann, Anastasia!

Ich nehme meinen Blackberry und rufe Dr. Flynn an. Nach dem dritten Klingeln meldet er sich und klingt ziemlich verschlafen.

„Hallo?“

„John!“ sage ich und kann den Schmerz in meiner Stimme nicht unterdrücken. Nach diesem einen Wort ist er putzmunter.

„Was ist denn los?”

„Anastasia hat mich gestern verlassen und ich glaube ich werde sterben!”

„Lass uns reden. Was ist passiert?“

„Ich möchte nicht am Telefon darüber sprechen. In 20 Minuten in deinem Büro“, sage ich entschlossen.

Er hält kurz inne, „Einen Moment“, sagt er und fragt seine Frau etwas mit gedämpfter Stimme. Dann ist er zurück am Telefon, „Okay. Bis gleich!“ Ich lege auf.

Ich renne zu Dr. Flynns Büro. Der Schmerz, den ich nach unserer Trennung verspürt habe, war ein Schock für meinen Körper. Er kam mit solcher Kraft, dass es mich quasi aus meinem Körper katapultiert hat. Heute bin ich wieder zurück in meinem Körper und fühle den Schmerz, wie viele einzelne Stiche. Es ist die reinste Qual. Als ich an Johns Büro ankomme, ist er noch nicht da. Ich gehe hin und her und wenn der Boden nicht aus Stein, sondern eine Teppich wäre, würde er nun eine deutliche Spur aufzeigen. John ist drei Minuten zu spät. Er sieht meinen Gesichtsausdruck. Ich bemerke, dass er lediglich Jeans und T-Shirt trägt. Aber schließlich ist Sonntag und dies ist ein Notfall.

Sobald er die Tür öffnet, gehe ich hinein.

„Komm herein, Christian“, sagt er mit leicht spöttischer Stimme, aber ich sehe auch sein Lächeln. Auf direktem Weg gehe ich in sein Büro. John setzt sich in seinen Lederstuhl und bedeutet mir, mich aufs Sofa zu setzen. Ich setze mich, stehe jedoch gleich wieder auf. Ich bin völlig rastlos. Er beäugt mich.

„Christian, ich glaube …“ sagt er, aber ich unterbreche ihn.

„John, ich befinde mich in der Hölle!“ Das schockiert ihn. Er hebt seine Augenbrauen und sieht mich an, als ob mir eben gerade ein Geweih gewachsen wäre. Da er nicht weiß, was er sagen soll, entscheidet er sich für, „Erzähl‘s mir.“

Ich schreite durch den Raum und bleibe direkt vor ihm stehen. „Letzte Nacht war Anastasia bei mir. Ich war aufgeregt und völlig erleichtert zugleich, dass sie aus Georgia zurück ist. Genau genommen, hat mich die ganze Geschichte mit Leila ziemlich beschäftigt und ich war nicht ganz bei mir …“ Aufgebracht schreite ich wieder im Raum hin und her. Schließlich setze ich mich erschöpft aufs Sofa.

„Ich war bereit, Zugeständnisse für sie zu machen, John. Aber eins hat zum anderen geführt und sie hat ihre Augen verdreht. Dafür wollte ich sie versohlen. Sie wusste das. Sie hat ein Spiel daraus gemacht. Ich habe sie spielerisch gejagt und schließlich hat sie offenbart, dass sie das Bestrafen genauso sehr hasst, wie ich angefasst zu werden! Diese Offenbarung war entsetzlich für mich“, sage ich und stehe auf, um wieder auf und ab zu gehen.

„Wie hast du dich dabei gefühlt?“ fragt John. Ich muss mal im Handbuch für Psychologen nachsehen, ob sie einem diese Frage als allererstes beibringen. Als ich ihn gerade völlig verzweifelt anblicke, sehe ich, dass er sich nach vorn beugt und meinen Worten gebannt lauscht. So als würde er sagen, „Und was ist dann passiert?“ Was auch immer ich ihm erzähle, er schafft es immer, die Ich-habe-schon-alles-gehört-und-gesehen-Ausstrahlung zu haben. Aber jetzt ist es anders. Das ist etwas, was er vorher noch nicht gehört hat.

„Es hat mir den Atem verschlagen und ich habe mich selbst verabscheut! Aber dann hat Anastasia gesagt, dass es nicht ganz so schlimm für sie ist, wie für mich … also das Anfassen. Sie hat gesagt, dass sie dem ganzen zwiespältig gegenüber steht. Sie mag es nicht, bestraft zu werden, aber wenn es nur zum Spaß ist, dann macht es ihr nichts aus. Sie sagt, es sind die Umstände, die wichtig sind …“ Ich atme tief aus. John bedeutet mir mit einem ungeduldigen Zeichen seiner Hand, dass ich weiter sprechen soll.

„Aber dann hat sie gesagt, ‚Zeig es mir. Zeig mir, wie sehr es wehtun kann.‘ Zuerst wollte ich es nicht tun! Das ist ja, als wenn man zu einem trockenen Alkoholiker sagen würde ‚Hier ist dein Lieblingscocktail! Zeig mir, wie sehr du ihn liebst!‘ Ich habe sie mehrmals gefragt, ob sie das wirklich will. Und.“ Ich stöhne und richte meinen Blick gen Himmel, als ob ich jaulen würde wie ein Wolf, „Schließlich habe ich nachgegeben und sie sechsmal mit einem Gürtel geschlagen. Sie hat mich nicht aufgehalten, sie hat kein Safeword benutzt und als es vorbei war, wollte sie nichts mehr mit mir zu tun haben!“ sage ich in einem schnellen, verzweifelten, ermatteten Atemzug. „Ich glaube, sie hasst mich einfach …“ Ich sacke wie ein geschlagener Mann zusammen. Geschlagen vom Leben, geschlagen von der Liebe.

„Glaubst du wirklich, dass sie dich hasst oder vielmehr das bestimme Bedürfnis, das du hast?“

„Sie hat mich mit diesem verabscheuenden Blick angesehen. Alles wäre besser gewesen, als dieser Blick. Sie hätte mich lieber schlagen, niederschießen, niederstechen, oder sogar ganz töten sollen. Aber nicht dieser Blick, John! Ich kriege ihn nicht aus meinem Kopf! Sie sah so verletzt aus.  Ich habe sie verletzt. Ich bin ihr nachgegangen, aber ich glaube, sie hätte mich weggeschubst, wenn sie die Kraft dazu gehabt hätte. Bis zum Sonnenaufgang habe ich sie im Arm gehalten, sie um Vergebung gebeten, und gebetet, dass sie aufhört, mich zu hassen. Aber das, was sie später offenbart hat, war schlimmer als Hass …“ sage ich und sacke noch weiter zusammen.

„Was hat sie denn offenbart?“ fragt Dr. Flynn und seine Augenbrauen schießen empor, als wäre dies der Höhepunkt von ‚Best of Freud‘ – der Miniserie. Seine Stimme ist eine Oktave höher und er  das bemerkt, da er sich räuspert und mit seiner Hand gestikuliert.

„Sie hat gesagt, dass sie sich in mich verliebt hat“, sage ich kleinlaut. Ich bin ihrer Zuneigung nicht würdig.

„Warum fühlst du dich ihrer Liebe nicht würdig?“ fragt John aufrichtig.

„Sieh sie dir doch an, John! Wegen all den Dingen, die ich mit ihr machen will, fühlt sie sich elendig. Ich möchte sie wirklich bestrafen, aber ich glaube, dass hat sich geändert. Ich werde mich von allem fernhalten, dass sie von mir fernhalten würde. Heute Morgen habe ich all meine Gürtel, Peitschen und Flogger im Kamin verbrannt!“

In diesem Moment könnte ich Dr. Flynn mit einer Feder umlegen. Er sitzt zusammengesunken in seinem Sessel und gafft mich an.

„Was hast du gemacht?“ Seine Frage klingt wie ein Quietschen.

„Ich habe sie verbrannt und damit einen Teil meiner Vergangenheit. Ich bin bereit mein Leben für Anastasia in den Griff zu kriegen.“

Sprachlosigkeit hätte ich eigentlich nie mit Dr. Flynn in Verbindung gebracht. Er hat sonst immer eine professionelle Meinung oder irgendeine Therapeutenwitzelei auf Lager. Er starrt mich eine gefühlte Ewigkeit an, bevor er zu sprechen beginnt.

„Christian, Anastasia hat in den letzten Wochen mehr Fortschritt erzielt, als ich in den letzten zwei Jahren!“

„Und wo stehe ich jetzt? Ich habe es königlich in den Sand gesetzt! Für sie war sie immer ‚Der Fels von Gibraltar‘, unerschütterlich, du weißt schon … Aber ich bin zu verdorben! Ich habe sie zerstört! Ich habe ihre Liebe genommen und sie missbraucht. Ich habe Angst bekommen, John! Ich verdiene ihre Liebe nicht!”

Ich sehe zu ihm hinauf und sacke wieder zusammen. Dieses Mal sinke ich auf den Boden.

„Christian!“ stößt Dr. Flynn hervor, als er auf die Füße springt.

„Sag mir, wie ich es wieder in Ordnung bringen kann, John!“ bitte ich ihn und knie immer noch auf dem Boden. Ich sehe zu ihm auf, bin ein gebrochener Mann. „Ich will sie zurück. Ich bin bereit alles zu tun, um sie zurück zu bekommen …”

Dr. Flynn erhebt sich von seinem Sessel. Er geht herum, holt sich ein Kissen und wirft es lässig auf den Boden.

„Ich kann es nicht ertragen, dich hier auf dem Boden sitzen zu sehen … Willst du die Meinung eines Freundes oder eines Therapeuten?“ fragt er, als er sich neben mich auf den Boden setzt. Er rutscht unbehaglich hin und her, da er die Position auf dem Boden nicht unbedingt gemütlich findet.

„Wie du ja weißt, bin ich beides für dich“, sagt er. Ich blicke auf. „Ich brauche beides, John“, antworte ich.

„Also gut“, sagt er, „Wie wäre es, wenn wir uns erst einmal etwas gemütlicher hinsetzen? Ich trainiere auch. Aber wie es scheint, nicht so oft wie du. Wie wäre es, wenn ich mich wieder auf meinen Sessel setze und du auf die Couch, Christian? Ich bin nicht wirklich gut im Yoga“, sagt er und zuckt zusammen.

Ein kleines Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, ist aber verschwunden, bevor es meine Augen erreicht. Ich rutsche herüber zum Sofa, stütze mich mit meinen Händen darauf und setze mich schließlich. Dr. Flynn fühlt sich etwas besser, nachdem ich dieses Zugeständnis eingegangen bin. Er steht auf, hebt das Kissen hoch und geht zurück zu seinem Sessel.

John blickt mich eindringlich an. „Die nächste Frage stelle ich dir als dein Freund und dein Therapeut zugleich und ich habe dir diese Frage bereits vorher gestellt: Was würdest du für sie aufgeben? Was würdest du tun?

„Was immer es braucht!“

„Das ist nicht spezifisch genug, Christian. Ich frage dich noch einmal: Welche Zugeständnisse würdest du machen? Du musst erst einmal dein Leben in den Griff bekommen, wenn du willst, dass das mit euch klappt. Du musst absolut entschlossen sein“, sagt er mit festem Blick.

„Ich bin bereit, nur noch Blümchensex zu haben, wenn sie das will. Ich bin bereit, ach zum Teufel, ich habe Angst mich meinem Spielzimmer auch nur zu nähern … Ich würde all diesen Scheiß aufgeben, wenn sie das will! Keine Bestrafung … nichts. Ich würde allem aus dem Weg gehen, was mich von ihr fernhalten würde. Wie ein Gift!“

„Okay … Und jetzt kommt die alles entscheidende Frage. Wirst du es ihr übel nehmen, dass sie dich von den Dingen fernhält, an die du gewöhnt bist, die du magst, die du begehrst? Ich möchte, dass du gut darüber nachdenkst, Christian!“ sagt er eindringlich. „Wenn du es nämlich nur tust, um sie zurückzubekommen, dann wirst du nicht nur das, was du mit ihr haben könntest zerstören, sondern auch Anastasia … unwiderruflich. Wenn diese Beziehung wirklich funktionieren soll, musst du dich ändern. Dies ist die Chance für dich, eine persönliche Metamorphose zu erreichen, von einem Teenager zu einem Erwachsenen, zumindest auf emotionale Art und Weise.“

Ich sehe John an. „Seit sie mich verlassen hat, bin ich tausend Tode gestorben! Ich fühle mich, als hätte ich ein klaffendes Loch in meiner Brust.“ Ich verdeutliche es ihm, mit meinen Händen, die ich zu Fäusten geballt habe und in meine Brust drücke. Meine Augen sind weit aufgerissen. Ich sehe ihn flehend an. „Wenn du einen magischen Zaubertrank hättest, der das heilen und sie aus meinem System verbannen kann, gib ihn mir. Und das nicht einmal, weil ich ihre Liebe nicht will oder ihr meine Liebe nicht geben will, sondern weil ich so abgefuckt bin und ich sie nicht verderben möchte!“

„Du weißt ja, was ich gewohnt bin, was ich mag und was ich begehre … aber als sie mich mit diesem verabscheuenden Blick angesehen hat, habe ich gemerkt, dass es total egal ist! Dass bedeutet mir alles nichts mehr. Verschwunden. Simsalabim!“ Ich mache eine verschwindende Bewegung mit meinen Händen. „Ich brauche sie mehr als meinen nächsten Atemzug!“

„Du glaubst vielleicht, dass ich Anastasia fallen lassen würde und mich doch wieder für den Scheiß meiner Vergangenheit entscheiden würde? Vielleicht verdiene ich diese Prüfung ja. Wird das Verlangen weg sein? Vielleicht nicht. Aber ich werde auf jeden Fall lernen, dieser Verlockung aus dem Weg zu gehen.“ Ich blicke auf meine Hände und fixiere meinen Blick auf die Tischlampe. Wenn man sich selbst am Weinen hindern will, ist es hilfreich ins Licht zu blicken. Das beherrsche ich perfekt. Aber ich bin bis oben hin mit Emotionen gefüllt, ich kann nicht mehr. Ich reibe mir heftig die Augen, damit sie mich nicht verraten können. Tief einatmen, Grey!, sage ich mir selbst. „Du fragst mich also, ‚Was beinhaltet alles?’, um sie bei mir zu halten. Hier ist meine Antwort: Es ist genau das; wirklich alles. Weil ich in sie verliebt bin, John! 

I Will Always Love You by Whitney Houston 

Wie verrückt, innig, unwiderruflich! Ich liebe sie mehr, als mein eigenes Leben! Sie ist mein Leben … Sie ist meine verdammte Seele. Durch sie bin ich erst richtig lebendig geworden. Ich vergesse, was ich für ein Stück Scheiße bin, wenn sie in meiner Nähe ist. Ich werde alles tun, um sie zu beschützen und in Sicherheit zu wissen. Ich werde sie lieben und jeglichen Kompromiss eingehen, den sie mir abverlangt. Aber sie wird mir nicht glauben.“

John seufzt. „Erste Liebe“, und lächelt. „Tja, dabei kann ich dir behilflich sein. Ich bin so froh, dass du dir endlich eingestanden hast, was ich schon lange weiß.”

„Aber sie hasst mich … sie liebt mich auch. Sie hasst die Art, wie ich bin und sie hat mir nicht einmal erlaubt, sie anzufassen. Ich durfte ihr nicht mal einen Abschiedskuss geben!“ sage ich betrübt.

„Wie sah sie aus, als sie gegangen ist?“

„Gebrochen, verletzt. Ich habe mich bei Taylor über sie erkundigt. Er hat sie nach Hause gebracht. Er hat gesagt, dass sie die ganze Fahrt über geschluchzt und ihm nicht erlaubt hat, ihr zu helfen. Er hat gesagt, dass sie einfach davon gestolpert ist“, sage ich und mein Blick ruht irgendwo in der Ferne. Wieder fühle ich mich, als würde ich meinen Körper verlassen.

„Christian! Konzentrier’ dich!“ schnappt John.

„John! Ich sterbe jeden Tag!“

„Jetzt werde ich dir verraten, wie du die Situation wieder in den Griff bekommen kannst. Kannst du ihr noch ein paar Tage geben? Auf diesem Wege erhält sie die Möglichkeit, ihre Gefühle zu sortieren und du wirst sie nicht verschrecken. Dann kannst du mit ihr sprechen. Wirklich sprechen. Bring vorher alles in Ordnung und finde heraus, was genau falsch gelaufen ist. Abgesehen vom Versohlen natürlich.“

Ich weiß, was falsch gelaufen ist. Die ganze Geschichte mit dem Vertrag. Das ist falsch gelaufen. Eine vertragliche Beziehung funktioniert nicht, wenn zwei Menschen ineinander verliebt sind. Unsere Beziehung war voller Regeln und Grenzen … Jetzt hat sich alles geändert. Scheiß auf den Papierkram! Ich bin absolut entschlossen. Ich stehe auf.

„Danke, John“, sage ich.

„Bitte“, sagt er. „Gibt es irgendetwas Neues von Leila?“

„Noch nicht. Aber ich werde dich umgehend informieren, wenn wir sie finden.”

Entschlossen verlasse ich Johns Büro. Aber mein Herz ist immer noch schwer. Wie soll ich die paar Tage, die ich Anastasia geben soll, überstehen? Ich bin ein verdammtes Wrack! Aber das hat mir der Doktor verordnet. Ich renne zurück nach Hause.

Taylor wartet nervös an der Tür. Ich sehe ihn an. Er blickt argwöhnisch und besorgt zurück. Aber er sagt nichts.

„Taylor!“

„Ja, Sir”, antwortet er.

„Ähm. Ich brauche ihre Hilfe bei etwas. In dreißig Minuten in meinem Büro“, sage ich. Das sollte mir genügend Zeit geben, um zu duschen und mich anzuziehen.

„Natürlich, Sir.“

In weniger als dreißig Minuten bin ich geduscht und habe mir ein weißes Hemd und schwarze Jeans angezogen. Ich nehme eine Flasche Wasser und gehe in mein Büro. Augenblicklich erscheint Taylor und schließt die Tür hinter sich. Er blickt mich erwartungsvoll an.

Ich atme tief ein und öffne meinen Mund. Dann schließe ich ihn wieder, um ihn erneut zu öffnen.

„Taylor, welcher ist der beste Blumenhändler in Seattle?“ Taylors Augen weiten sich. So schockiert habe ich ihn zuvor noch nie gesehen.

„Blumenhändler, Sir?“

„Ja, Blumenhändler. Morgen möchte ich Miss Steele Rosen schicken, um ihr zu ihrem ersten Arbeitstag zu gratulieren.“

„Das kann ich für Sie machen, Sir”, antwortet er.

„Ich weiß, dass Sie das können, Taylor“, sage ich genervt. „Ich möchte aber wissen, wie man das macht, sodass ich es für sie machen kann“, sage ich. Er versucht sein Lächeln zu verbergen, aber es gelingt ihm nicht. Schließlich bekommt er seinen Gesichtsausdruck wieder unter Kontrolle und blickt mich ungerührt an.

Nach einer dreißigminütigen Suche im Netz haben wir drei verschiedene Floristen herausgesucht. In dieser Zeit rufe ich meine Assistentin Andrea an und auch sie schlägt vor, dass sie diese Aufgabe übernehmen kann. Ich weise auch Andrea zurecht. „Sagen Sie mir einfach, welcher der beste Florist ist, Andrea!“ Dann lese ich ihr die drei Namen vor, die Taylor und ich bereits herausgesucht haben. Sie teilt mir den Namen des besten Floristen mit und ich lege auf.

„Okay. Jetzt wissen wir, welcher der beste Florist ist. Nun zur Bedeutung von Rosen.”

„Bedeutung, Sir?“ fragt Taylor verblüfft.

„Mensch! Sie waren doch schon einmal verheiratet! Haben Sie Ihrer Frau nie Rosen geschickt, die eine besondere Bedeutung haben sollten?“

„Ah!“ sagt Taylor schließlich, als bei ihm der Groschen fällt. „Ich bin mir nicht sicher. Aber Mrs. Jones weiß darüber sicher mehr. Frauen beschäftigen sich doch mit der Bedeutung von Dingen. Ich kann sie holen, wenn sie möchten“, sagt er.

„Ok. Holen Sie Mrs. Jones.“

Einige Minuten später kehren Taylor und Mrs. Jones zurück. Er muss ihr bereits erklärt haben, worum es geht, da sie so ein kleines Funkeln in den Augen hat. Aber ihre Haltung ist wie immer professionell.

„Welche Bedeutung wollen Sie denn vermitteln, Sir?“ fragt sie.

Ich atme tief ein. „Neuanfang, Unschuld, Verehrung, Ehre, Reinheit. Gibt es eine Blume, die all dies ausdrückt oder muss ich einen ganzen Strauß zusammenstellen, um all das zu vermitteln?“ frage ich.

Dieses Mal lächelt Mrs. Jones.

„Es gibt nur eine Blume, die all diese Dinge ausdrückt“, sagt sie und meine Augen erhellen sich zum ersten Mal seit gestern.

„Welche?“ frage ich etwas enthusiastischer.

„Weiße Rosen. Langstielige, weiße Rosen sind am besten. Zugleich stehen sie für ‚junge Liebe‘, Sir“, sagt sie und obwohl ich die Stirn in Falten lege, kann ich ein Lächeln nicht unterdrücken.

„Danke, Mrs. Jones“, sage ich und entlasse sie mit diesen Worte.

„Jederzeit, Sir“, sagt sie und geht.

Ich drehe mich zu Taylor. „Okay und wie machen wir das jetzt?“

„Was machen, Sir?“

„Ich möchte die Bestellung für sie aufgeben!“ sage ich frustriert.

„Oh ja. Zunächst rufen wir den Floristen an und sagen ihm, dass wir eine Terminlieferung aufgeben möchten. Außer Sie möchten sie ihr direkt auf Arbeit schicken“, sagt er und ich unterbreche ihn.

„Nein, ich möchte, dass sie zu ihr nach Hause geliefert werden“, sage ich.

„Dann müssen wir sicherstellen, dass sie zu einer bestimmten Uhrzeit zu ihr nach Hause geliefert wird. Der Florist wird Sie fragen, Sir. Zum Schluss bezahlt man per Kreditkarte.“

„Das sollte kein Problem sein”, sage ich. „Danke, Taylor“, und schicke ihn damit weg. Er nickt und mir entgeht sein kurzes Grinsen bevor er sich umdreht keineswegs.

Ich rufe den Floristen an und gebe meine Bestellung auf. Ich bestelle zwei dutzend langstielige, weiße Rosen, die morgen nach 17:30 Uhr geliefert werden sollen. Ich beauftrage sie, jede halbe Stunde zu überprüfen, ob sie zu Hause ist, bis die Lieferung abgeschlossen ist. Zu allem Überfluss muss ich die Frau am anderen Ende der Leitung noch überzeugen, dass ich wirklich Christian Grey bin, da sie dem Namen auf meiner Kreditkarte nicht traut. Sie sagt, „Sie sollten doch Assistenten haben, die das für Sie erledigen!“ Als wir das Problem schließlich aus dem Weg geräumt haben, übermittle ich noch die Nachricht, die ich ihr überbringen möchte. Nicht zu persönlich, aber auch nicht zu gleichgültig. Ich will sie einfach wissen lassen, dass ich an sie denke.

Gratuliere zum ersten Arbeitstag.
Ich hoffe, alles ist gut gelaufen.
Danke für den Segelflieger. Das war sehr aufmerksam.
Er hat einen Ehrenplatz auf meinem Schreibtisch.
Christian

Ich hoffe, dass sie darauf antwortet und es versteht. Ich hoffe, dass sie mich noch immer liebt und mir vergibt. Ich hoffe … Gibt  es nicht einen Film, in dem es heißt ‚Hoffnung ist etwas Gutes, vielleicht das Beste überhaupt. Und Gutes stirbt niemals.‘ Deshalb hoffe ich einfach.

Als nächstes rufe ich Ros an.

„Ros, Sie haben morgen zwei Schwerpunkte zu erledigen“, beginne ich in dem Moment, als sie ans Telefon geht.

„Ja, Sir. Was für Schwerpunkte?”

„Wir übernehmen SIP!”

„Ähm … was? Was ist SIP?”

„Es ist ein Verlagshaus.“

„Ist es zum Verkauf?“

„Nein, ist es nicht.“

„Steht SIP kurz vorm Ruin? Ist es ein guter Kauf?“

„Keine Ahnung.“

„Ok, Mr. Grey … Christian, es sieht so aus, als befinden wir uns mitten in einem Gespräch, das Sie zuvor allein begonnen haben. Ich bin erst zur Mitte hin eingestiegen. Warum genau kaufen wir dieses Unternehmen?“

„Ros! Es hat seinen Grund, warum mein Unternehmen, KEIN börsennotiertes Unternehmen ist. Ich setze gern meinen eigenen Willen durch. Ich will dieses Unternehmen, weil es stagniert. Später könnte es nutzbringend für uns sein. Es muss sich weiterentwickeln, so wie wir auch. Sie werden diese Aufgabe für mich übernehmen, selbst wenn wir eine feindliche Übernahme starten müssen! Dann möchte ich alle Daten der Angestellten. Von Neueinstellungen bis hin zur oberen Führungsebene. Am besten ist alles Morgen abgeschlossen. Ich möchte, dass alles vorbereitet wird. Bieten Sie am Montag eine freundliche Übernahme an. Wenn dies nicht funktioniert, möchte ich, dass sie am Dienstag alle Aktien kaufen. Ich möchte, dass die ganze Geschichte diese Woche gelaufen ist! Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“ presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Christian, der Boss, ist mit aller Macht zurück.

„Sehr klar, Sir. Ich lasse die Papiere heute noch erstellen.“

„Tun Sie, was immer nötig ist!” blaffe ich und lege auf.

Ich werde alles tun, um das, was mir gehört, zu beschützen. Anastasia gehört mir! Baby, du hast mich noch nicht um dich kämpfen sehen! Es wird spektakulär! Weil ich nicht aufgebe … nicht wenn ich weiß, dass du mich liebst und ich dich liebe.

MONTAG

Tag 2 nach der Trennung, ist zugleich auch Tag 2 meines Kampfes um sie. Und er  ist in vollem Gange. Ros ruft mich am späten Nachmittag an.

„Mr. Grey, wir haben SIP unser Angebot unterbreitet. Wir haben zudem mehr geboten, als die Aktien wert sind. Das Unternehmen war nicht bereiten zu verkaufen. Ich gehe jetzt in Phase Zwei über.“

„Wenn sie nicht zustimmen, lassen sie sie wissen, dass ich kaufen werde. Jede. Einzelne. Aktie, die verfügbar oder auch nicht verfügbar ist. Jede. Einzelne. Haben Sie mich verstanden, Ros? Ich will alles! Es  soll nichts mehr öffentlich sein!” verkünde ich.

„Ja, Sir!” sagt sie und legt auf. Ein kleines Unternehmen wie SIP wird mir nicht im Weg stehen, wenn es darum geht, Anastasia zu beschützen. Gestern habe ich den Floristen gebeten, Anastasia die Lieferung unterschreiben zu lassen. Nur sie allein! Zudem soll die Bestätigung an mich gesendet werden. Ich warte auf deren Bestätigung, wie auf eine Goldlieferung!

Taylor ist bereit, mich nach Hause zu fahren.

„Nein, Taylor. Fahren Sie mich zum Apple Store.“

„Mrs. Jones hat bestimmt Äpfel gekauft, Sir”, sagt er verwirrt.

„Nein, Taylor. Der Apple Store, der MACs, iPods und iPads verkauft.“ Taylor läuft rot an, da er mich falsch verstanden hatte.

„Natürlich, Sir“, sagt er.

Ich möchte, dass meine Entschuldigung aufrichtig und so persönlich wie möglich ist. Nachdem wir zwei Stunden im Laden verbracht haben, habe ich zwei iPads gekauft. Die neusten, die es gibt. Eins für Anastasia und eins für mich. Ich bin nicht so gut darin, meinen Gefühlen mit Worten Ausdruck zu verleihen. Aber Musik hat mir schon immer dabei geholfen, meine Sorgen mitzuteilen. Vielleicht kann sie mir also auch dabei helfen, meine Liebe auszudrücken und das habe ich mit dieser ganz persönlichen Entschuldigung vor.

Als wir zu Hause ankommen, teilt Mrs. Jones mir mit, dass ein Kurier einen Umschlag abgegeben hat. Ich öffne ihn so, als wäre es ein unbezahlbares Gut. Er enthält Anastasias Unterschrift für die Blumenlieferung. Ich presse ihn an meine Brust und umklammere ihn wie einen Rettungsanker, während ich in mein Büro gehe und die Tränen ungehindert über meine Wangen rollen. Ich beiße die Zähne zusammen, setzte mein Pokerface auf und entziehe mich so den Blicken meiner Angestellten.

*****
Ich schlafe mit Anastasias Laptop, ihrem Blackberry und nun auch ihrem neuen iPad in meinem Bett. Ich werde ihr alles so schnell wie möglich zurückgeben, nachdem ich ihr noch ein paar Tage Zeit lassen werden. Das heißt natürlich, wenn ich bis dahin nicht schon längst gestorben bin. Das Leben fühlt sich zurzeit eher an wie die Hölle und ich vermisse sie schrecklich!
Seitdem Anastasia mich verlassen hat, war jeder Tag die reinste Tortur. Ich kann an nichts anderes, als an sie, denken. Ich kann mich nicht konzentrieren. Egal wo ich bin, immer sehe ich ihr Gesicht. Ich lebe in ständiger Dunkelheit, als hätte sie mein inneres Licht mit sich genommen. Ich sehe nichts! Nichts bereitet mir mehr Vergnügen und das klaffende Loch in meiner Brust scheint nur noch mehr zu wachsen! Ich schlafe kaum und wenn ich doch einmal schlafe, wache ich nach einem schrecklichen Albtraum, schweißgebadet auf.

Den Segelflieger habe ich mit zur Arbeit genommen. Dort steht er nun in meinem schicken Gehäuse in meinem Büro. Gestern habe ich ein Foto davon gemacht, um ihn Teil meiner Entschuldigung werden zu lassen. Ich stelle dieses Bild als Sperrbildschirm auf dem iPad ein. Zudem habe ich einige Lieder zusammengestellt, die mich an uns erinnern. Was für ein simples Wort, „uns“, und dennoch hat es solche Macht. Als Hintergrundbild wähle ich das Bild von uns während ihrer Abschlussfeier aus, das auch in der Seattle Times zu sehen war. Die Playlist, die ich erstellt habe, sollte sie an die Dinge erinnern, die wir zusammen erlebt haben.

Zunächst wäre da Thomas Tallis. Zu diesem Lied habe ich sie, mit der braunen Reitgerte mit den geflochtenen Riemen, ausgepeitscht. Sie hatte sich diese Reitgerte ausgesucht.

The Witchcraft. Dazu haben wir im Wohnzimmer getanzt und ich war bereits hin und weg von ihr. Aber zu dumm, um es zu bemerken.

Bachs Marcello. Sie hat gehört, wie ich es mehrere Male gespielt habe.

Jeff Buckley: Lover, You Should’ve Come Over: Der Text spricht mir einfach aus der Seele. 

Jeff Buckley - Lover, You Should’ve Come Over

Ich hoffe, dass sie sich das Lied anhört. Ich hoffe, sie vergibt mir.


Looking out the door I see the rain fall upon the funeral mourners
Parading in a wake of sad relations as their shoes fill up with water
And maybe I’m too young to keep good love from going wrong
But tonight you're on my mind so you never know


Broken down and hungry for your love but no way to feed it
Where are you tonight, child you know how much i need it
Too young to hold on and too old to just break free and run

Sometimes a man gets carried away, when he feels like he should be having his fun
And much too blind to see the damage he's done
Sometimes a man must awake to find that really, he has no-one

So I'll wait for you..... and I'll burn
Will i ever see your sweet return
Oh will I ever learn

Oh lover, you should've come over
'cause it's not too late


Lonely is the room, the bed is made, the open window lets the rain in
Burning in the corner is the only one who dreams he had you with him
My body turns and yearns for a sleep that won't ever come

It's never over, my kingdom for a kiss upon her shoulder
It's never over, all my riches for her smiles when i slept so soft against her
It's never over, all my blood for the sweetness of her laughter
It's never over, she's the tear that hangs inside my song forever

Well maybe I'm just too young
To keep good love from going wrong

Oh.... lover, you should've come over
'cause it's not too late

Well I feel too young to hold on
And I'm much too old to break free and run
Too deaf, dumb, and blind to see the damage I've done


Sweet lover, you should've come over
Oh, love well I'm waiting for you

Lover, you should've come over
Cause it's not too late

Ich schaue aus der Tür, Ich sehe den Regen auf die Trauernden des Begräbnisses fallen, 
vorführen im Gefolge von traurigen Verwandten, 
als ihre Schuhe sich mit Wasser füllen.
Vielleicht bin ich zu jung, um gute Liebe vor dem Schiefgehen zu hindern, 
Aber heute Nacht bist du in meinen Gedanken, 
du wirst es nicht erfahren.

Unglücklich und hungrig nach deiner Liebe, 
ohne einen Weg ihn zu stillen. 
Wo bist du heute Nacht? Kind, du weißt wie sehr ich es brauche. 
Zu jung um anzuhalten und zu alt um einfach loszulassen und fliehen.


Manchmal wird ein Mann von etwas mitgerissen, 
wenn er sich fühlt, als sollte er spaß haben. 
Viel zu blind um die Zerstörung zu sehen, die er angerichtet hat. 
Manchmal muss ein Mann erst erwachen um zu erkennen, dass er wirklich niemanden hat.

Also werde ich auf dich warten und werde brennen. 
Werde ich jemals deine süße Rückkehr sehen? 
Oh, werde ich jemals lernen?

Oh, Geliebte, du solltest zu mir kommen, 
denn es ist nicht zu spät.


Einsam ist es im Zimmer, das Bett ist gemacht. 
Das offene Fenster lässt den Regen hinein. 
Das Brennen in der Ecke ist das einzige, 
was davon träumt mit dir zusammen zu sein. 
Mein Körper dreht sich und schmachtet nach einem Schlaf, 
der niemals eintreffen wird.

Es ist nie vorbei, mein Königreich für einen Kuss über ihrer Schulter. 
Es ist nie vorbei, all meine Güter für ihr Lächeln, wenn ich so sanft neben ihr schlief. 
Es ist nie vorbei, all mein Blut für die Süße ihres
Gelächters. 
Es ist nie vorbei, sie ist eine Träne die für immer in meiner Seele
bleibt.

Aber vielleicht bin ich einfach nur zu jung, um gute Liebe 
Am falsch laufen zu hindern.

Oh, Geliebte, du solltest zu mir kommen,
denn es ist nicht zu spät.

Ja, und ich fühle mich zu jung um anzuhalten. 
Ich bin viel zu alt um auszubrechen und wegzurennen. 
Zu Taub, dumm und blind, um zu sehen, was ich kaputt gemacht habe.

Schatz, du solltest zu mir kommen. 
Oh, Liebe, gut ich werde auf dich warten.

Geliebte, du solltest rüber kommen, 
denn es ist (noch) nicht zu spät.


Dann wähle ich noch „Just Say Yes“ von Snow Patrol aus, da es mein allergrößter Wunsch ist, dass sie mir wirklich, aus tiefstem Herzen, vergibt.

Aber da ich auch weiß, wie abgefuckt ich bin, bitte ich sie, mir ein bisschen Raum für Fehler einzuräumen. Deshalb füge ich auch Nelly Furtados – Try  hinzu.

Enigmas Principles of Lust haben uns auch sehr viel Vergnügen und Lust bereitet. The Scientist von Coldplay und zu guter Letzt, um sie zum Lachen zu bringen, Possession von Sarah McLachlan. Aber das Kronjuwel aller und sie wird es bemerken, wenn sie mich gut kennt Every Breath You Take von The Police. 

Every Breath You Take - The Police

Und da ich weiß, wie sehr sie die Britischen Klassiker liebt, kaufe ich ihr die British Library App, wo sie diese ganzen Bücher abrufen kann. Natürlich gibt es auch eine Gesundes Essen App und die Standard Apps, wie News und Wetter.

Mein Herz zieht sich zusammen, als die Angst, dass sie mir vielleicht doch nicht verzeihen kann, mich zu übermann droht. Ich kann nur hoffen. Wenn sie mir zuhört, kann sie mir vielleicht irgendwie verzeihen.

DIENSTAG

Bevor ich zur Arbeit fahre, ruft Ros an.

„Sir, ich glaube, dass SIP einer freundlichen Übernahme nicht zustimmen wird. Wir haben alles für eine feindliche Übernahme vorbereitet. Wie lauten ihre Anweisungen, Sir?“

„Tun sie es!“ sage ich bestimmt. „Ich möchte, dass es schnell erledigt ist.

„Wie Sie wünschen, Sir. Ich werde Sie später über den Fortschritt informieren und wenn alles so läuft, wie wir uns das vorstellen, können wir morgen unterschreiben.“

„Gut. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie fertig sind“, sage ich bevor ich auflege.

*****
Auf dem Weg zum GEH frage ich Taylor, ob er Anastasia beobachtet hat.

„Ja, Sir“, antwortet er.

„Gestern ist sie zur Arbeit gegangen und per Bus nach Hause gefahren“, sagt er und wieder zieht sich mein Herz zusammen. Es ist alles mein Fehler. Aber ich hake weiter nach. „Was noch?“

„Sie hat das Haus danach nicht wieder verlassen.“

„Wie sieht es mit ihrer Bankaktivität aus?“ frage ich.

„Sie hat ihr Geld noch nicht eingezahlt, Sir. Sie hat immer noch um die Tausend Dollar auf ihrem Konto.“ Ich stöhne innerlich.

„Beobachten Sie sie weiter“, ordne ich an.

„Ja, Sir.“

Nachdem ich circa eine Stunde auf Arbeit bin, ruft Ros an.

„Sir, es ist alles erledigt. Sie sind nicht glücklich, aber so läuft eine feindliche Übernahme nun mal. Wir sollten heute gegen 14:00 Uhr in der Lage sein, die Papiere zu unterschreiben. Natürlich wurde uns für mindestens vier Wochen ein Redeverbot auferlegt, bis alles beendet und eingetragen ist.“

Tick Tack. Tick Tack. Die verdammte Uhr tickt vor sich hin und mein Herz geht fast in Flammen auf, als ich die Tage zähle, die ich nun schon von Anastasia getrennt bin. Vier verdammte Tage! Ich bin unruhig, aufgebracht, nervös und Hals über Kopf verliebt!

„Wie sieht es mit den Daten der Angestellten aus, um die ich Sie gebeten habe? Haben Sie sie mir bereits geschickt? Und die Serverinformationen?“ frage ich.

„Ihr IT-Mann sollte Sie innerhalb der nächsten Stunde erhalten. Da das Unternehmen eh nicht allzu viele Angestellte beschäftigt, sollte dieser Vorgang nicht lange dauern. Geben Sie mir eine Stunde!“

„Sie haben sechzig Minuten, Ros! Tick Tack!“

„Ja, Sir“, sagt sie eilig und ich lege auf.

Als die Daten in meinem Posteingang eingehen, zittern meine Hände. Ich gehe die Liste durch, bis ich zum Buchstaben S gelange.

„Anastasia Rose Steele“

Ich starre auf ihren Namen und das kleine Bild, dass zu ihrer Identifikation verwendet wird. Ihre allzu weit aufgerissenen Augen und kein Lächeln auf dem Gesicht. Fast schon traurig und verzweifelt. „Ich vermisse dich, Baby“, sage ich an das Bild gewandt. Ich vermisse dich wirklich! 

Skipping Stone by Amos Lee

Als ich ihren Chef überprüfe, sehe ich den Namen, “Jacke Hyde“. Augenblicklich hege ich eine Antipathie gegen diesen Mann.

„Na mal sehen, wer sie sind, Mr. Jack Hyde!“ murmele ich.

Ich finde seinen Ordner. Ein Ivy League promovierter burschikoser Typ. Wahrscheinlich Anfang 30. Scharfe, blaue Augen. Ich rufe Welch an.

„Welch, Grey. Ich möchte, dass Sie einen umfassenden Background Check machen.”

„Name?“

„Jack Hyde. Cheflektor bei SIP, dem Verlagshaus.“

„Wie schnell brauchen Sie ihn?”

„Am besten gestern!“ sage ich und mache ihm damit Feuer unterm Hintern.

„Ich werde mich sofort ransetzen, Sir. Im Laufe des Tages werde ich Sie mit meinen gesammelten Informationen vertraut machen. Ich werde natürlich noch weiter suchen und Ihnen einen ausführlichen Bericht zu kommen lassen. Ist das für Sie in Ordnung, Sir?“

„Gut. Lassen Sie mich bloß nicht warten!“ sage ich, bevor ich auflege.

  **** ♡ *****

Als ich ins Escala zurückkehre, ist es bereits 18:00 Uhr. Ich habe aber bereits die Übernahmepapiere unterzeichnet und Anastasia Rose Steele arbeitet offiziell für mich und zu meiner großen Erleichterung, nun unter meinem Schutz. Ich gehe in mein Zimmer, um mich umzuziehen, als ich Anastasias Blackberry auf dem Nachttisch klingeln höre. Ich gehe zum Nachttisch und sehe, wer anruft. Ich kann mir ein Schnauben nicht verkneifen.

„Hallo, Mr. Rodriguez“, melde ich mich.

„Oh, Mr. Grey?“ Es dauert einen Moment bis er etwas sagt und er klingt ziemlich überrascht.

„Anastasia kann im Moment nicht. Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Oh“, sagt er und hält inne. „Ich habe mich gefragt, ob Ana am Donnerstag zu meiner Galerie Eröffnung kommt.“

„Ich weiß es nicht“, sage ich, ohne zu viel preis zu geben. „Ich werde sie fragen und sie wird sich dann bestimmt bei Ihnen melden.“

„Danke, Mann!“ sagt er betreten.

„Keine Ursache“, sage ich und lege auf.

Ich weiß, dass sie ihren Check noch nicht eingezahlt hat, also hat sie auch noch kein neues Auto. Wieder beginne ich nervös mit meinen Fingern zu klopfen.

„Anastasia Steele, du gehörst mir, Baby!“ 

Umbrella by Rihanna

Ich hoffe, dass sie noch keinen anderen gefunden hat. Ich verlasse mein Schlafzimmer und habe völlig vergessen, warum ich eigentlich dort war. Ich rufe Taylor.

„Ja, Sir?“ antwortet er.

„Was hat Miss Steele heute gemacht?“

„Sie ist mit dem Bus zur Arbeit und gegen 17:30 Uhr wieder damit nach Hause gefahren. Seitdem hat sie ihr Apartment nicht verlassen.“

„Sind Sie sicher?“

„Ja, Sir. Ich habe jemanden beauftragt, Tag und Nacht ein Auge auf sie zu werfen.“

„Okay. Das ist alles”, gebe ich zurück.

MITTWOCH

Ich bin mittlerweile so frustriert, dass ich bereit bin, alles und jeden aus dem Weg zu räumen! Ich bin kurz angebunden. Der Löwe in meinem Inneren ist in den letzten paar Tagen ziemlich gewachsen, quält mich und reißt mein Herz in Stücke – Tag ein, Tag aus.

Ich bekomme den vorläufigen Bericht über Anastasias Boss zugeschickt. Was ich sehe, ist beunruhigend. Er ist versiert, hat ein Stipendium bekommen und hat eine interessante Bilanz. Er wechselt seine Assistentinnen alle paar Monate. An diesem Punkt hat Welch eine Notiz hinzugefügt, dass er noch weiter nachforschen wird. Das kann nämlich nur bedeuten, dass er entweder ein schlechter Chef ist, pingelig und störend, oder er belästigt sie. Egal, was es ist, es könnte Anastasia Probleme bereiten.

Ana hat die Rosen, die ich ihr gesendet habe, immer noch nicht quittiert. Kennt sie die Bedeutung von weißen Rosen? Vielleicht nicht, aber Mrs. Jones glaubt, dass Frauen solche Dinge wissen. Aber Ana ist keine gewöhnliche Frau. Ich hoffe, sie versteht, was ich ihr damit sagen möchte.

Ich setze mir selbst ein Zeitlimit, wann ich ihr die erste E-Mail, bezüglich der Ausstellungseröffnung ihres Freundes, schreiben kann. Da sie mich eh schon gefragt hatte, ob ich mitkommen möchte und ich auch zugestimmt habe, müsste dies ein sicheres Thema sein. Meine Hände zittern, als ich tippe und ich bin gezwungen einiges zu löschen, da ich es falsch geschrieben habe.

Von: Christian Grey
Betreff:
Morgen
Datum:
8. Juni 2011 14:04 Uhr
An:
Anastasia Steele

Liebe Anastasia,

verzeih die Störung bei der Arbeit. Ich hoffe, alles läuft gut. Hast du meine Blumen bekommen?
Gerade merke ich, dass morgen die Ausstellungseröffnung von deinem Freund ist. Bestimmt hast du noch keine Zeit gefunden, einen neuen Wagen zu kaufen, und es ist eine lange Fahrt. Ich würde mich sehr freuen, dich hinzubringen – falls du das möchtest. Sag Bescheid.

Christian Grey
CEO, Grey Enterprises Holdings, Inc.

Ich drücke auf Senden, während ich stumme Gebete vor mich hinspreche „Bitte sag ‘Ja’, Baby! Bitte sag ‚Ja‘!“

Ich starre ausdruckslos auf meinen Bildschirm. Immer noch keine Antwort. Wird sie mir sagen, dass ich sie in Ruhe lassen soll? Sie nicht noch einmal belästigen soll? Dass sie mich hasst? Ich kann mit dieser Ungewissheit nicht umgehen! Bitte hass mich nicht, Baby! Bitte nimm meinen Vorschlag an! Bitte komm zu mir zurück!

Meine Gegensprechanlage summt.

„Was?” blaffe ich und ich merke, wie Andrea zusammenzuckt.

„Mr. Welch ist hier, Sir“, sagt sie.

„Schicken Sie ihn rein“, antworte ich ausdruckslos.

Er kommt hinein und schwafelt mich über Hyde voll. Er hatte  so viele Assistentinnen. Keine von ihnen ist in der Firma geblieben oder wurde befördert. Welch hat einige von ihnen befragt und sie haben ihren ehemaligen Chef alle über den grünen Klee gelobt.

„Also ist er ein guter Typ? Nur ein wenig pingelig?“

„Tja, Sir. Mein Gefühl sagt nein. Die Aussagen beider Mädchen waren fast identisch, wie auswendig gelernt. Sie mussten überhaupt nicht nachdenken. Deshalb glaube ich, dass sie überredet wurden, genau das zu sagen, sollte sie jemand irgendwann einmal danach fragen.“

„Belästigung“, sage ich automatisch.

„Das wäre möglich. Ich muss aber noch viel mehr in Erfahrung bringen. Nur zwei ehemalige Assistentinnen zu befragen, reicht dafür nicht aus.“

Als Welch geht, habe ich immer noch keine Antwort von Anastasia bekommen. Ich starre auf den Bildschirm, als ob Anastasia jeden Moment herauskommen würde.

Schließlich bekomme ich eine Antwort und seufze erleichtert.

Von: Anastasia Steele
Betreff:
Morgen
Datum:
8.
Juni 2011 14:24 Uhr
An:
Christian Grey

Hi Christian,

danke für die Blumen; sie sind wunderschön.
Ja, ich würde mich freuen, wenn du mich hinbringen könntest.
Danke.

Anastasia Steele
Assistentin des Cheflektors Jack Hyde, SIP

Ihre Antwort und die Aussicht sie bald zu sehen, macht mich so glücklich, dass ich einen Freudentanz in meinem Büro machen könnte!

Ich schreibe ihr eine weitere Mail, um herauszufinden, wann ich sie abholen soll.

Von: Christian Grey
Betreff:
Morgen
Datum:
8. Juni 2011 14:26 Uhr
An:
Anastasia Steele

Liebe Anastasia,

um wie viel Uhr soll ich dich abholen?

Christian Grey
CEO, Grey Enterprises Holdings, Inc.

Wieder tickt die Uhr, als sie nicht antwortet. Tick Tack. Tick Tack. „Ana, bitte sprich mit mir!” sage ich zu meinem Bildschirm.
___________________________________________________________________________
Von: Anastasia Steele
Betreff:
Morgen
Datum:
8. Juni 2011 14:31 Uhr
An:
Christian Grey

Josés Vernissage beginnt um halb acht. Welche Zeit würdest du vorschlagen?

Anastasia Steele
Assistentin des Cheflektors, Jack Hyde, SIP


Von: Christian Grey
Betreff:
Morgen
Datum:
8. Juni 2011 14:33 Uhr
An:
Anastasia Steele

Liebe Anastasia,

Portland ist ein ganzes Stück weit weg. Ich hole dich um 17:45 Uhr ab.
Ich freue mich darauf, dich wiederzusehen.

Christian Grey
CEO, Grey Enterprises Holdings, Inc.

Ihre Antwort ist kurz. Aber das ist immerhin ein Anfang.
___________________________________________________________________________
Von: Anastasia Steele
Betreff:
Morgen
Datum:
8. Juni 2011 14:37 Uhr
An:
Christian Grey

Bis dann.

Anastasia Steele
Assistentin des Cheflektors, Jack Hyde, SIP

Meine Stimmung bessert sich das erste Mal seit letztem Samstag. Ich fühle endlich wieder ein Fünkchen Hoffnung. Morgen werde ich meine Ana sehen! Das ist meine Chance, meine Fehler wieder gut zu machen.

DONNERSTAG

Der Tag kann gar nicht schnell genug vorüber gehen. Nichts, was ich tue, lässt die Zeit schneller vergehen. Keine Arbeit, kein Business, kein Problem ist groß genug, um sie zu vergessen oder das Ende meines Arbeitstages herbeizubringen. Denn dann werde ich sie endlich wieder sehen! Mein Verstand ist einzig und allein mit Anastasia beschäftigt. Ich rufe Taylor, um ihn zu instruieren, obwohl wir alles eigentlich schon gestern besprochen haben.

„Ist der Pilot bereit?“

„Ja, Sir. Er kümmert sich um Charlie Tango und macht ihn ready. Er übernimmt die Pre-Flight-Checks und startet sie, wenn wir ankommen. Ich werde Sie und Miss Steele am Hubschrauberlandeplatz absetzen, nachdem ich sie von der Arbeit abgeholt habe. Dann werde ich den Piloten nach Portland fahren und ihn zum lokalen Hubschrauberlandeplatz bringen, sodass er Charlie Tango zurückfliegen kann. Danach werde ich Sie gegen halb oder um 9 in Portland abholen, wie Sie wünschen, Sir. Ich werde Sie und Miss Steele dann nach Hause zurückbringen.“

„Gut. Na dann los“, murmele ich vor mich hin. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Taylor „Holen Sie sie sich zurück, Sir!“ gesagt hat oder ich mir alles nur eingebildet habe. Bestimmt nicht! Ich bin zu angespannt!

Gegen 17:00 Uhr verlasse ich mein Büro und wir kommen circa 17:20 Uhr bei SIP an. Die nächsten 25 Minuten, in denen ich auf mein Mädchen warte, sind qualvoll. Ich fühle mich wie ein Marathonläufer, der 40 Kilometer gelaufen ist und schließlich auf dem letzten Kilometer merkt, wie müde seine Knochen sind und dennoch weiter pusht.

Mein Blick ruht auf der Eingangstür von SIP. Sobald Anastasia aus der Tür kommt, steigt Taylor aus. Irgendein Scheißkerl hält ihr die Tür auf! Wieder ein verdammter Verehrer! Taylor öffnet die Hintertür für sie. Ich erblicke meine Liebe das erste Mal seit fast einer Woche und ihr Anblick macht mich fuchsteufelswild!

„Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?“ herrsche ich sie an, als sie neben mir einsteigt.

„Hallo, Christian. Ich freue mich auch, dich wiederzusehen“, sagt sie und das macht mich noch wütender.

„Ich habe jetzt keine Lust auf deine spitze Zunge. Antworte mir“, sage ich mit loderndem Blick.

Äh … mittags habe ich einen Joghurt gegessen – und eine Banane“, sagt sie ausweichend.

Taylor lässt sich wieder auf den Fahrersitz gleiten, startet das Auto und fädelt sich in den Verkehr ein. Der Scheißkerl, der ihr die Tür auf gehalten hat, steht in der Eingangstür von SIP und winkt. Anastasia winkt zurück.

„Wer ist das?“ blaffe ich sie an. Meine Geduld hängt nur noch am seidenen Faden.

„Mein Chef“, sagt sie und späht unter ihren langen  Wimpern zu mir auf. Ich bin so wütend. Meine Lippen sind nur noch eine schmale Linie. Der Bastard, Jack Hyde! Darum werde ich mich später kümmern …

„Also? Wann war deine letzte richtige Mahlzeit?“

„Christian, das geht dich wirklich nichts an“, murmelt sie. Oh, wie schlecht du mich kennst, Baby!

„Alles, was mit dir zu tun hat, geht mich etwas an. Antworte mir“, flehe ich. Sie stöhnt frustriert auf und verdreht die Augen, während sie nach oben blickt. Ich blicke sie finster an. Schließlich unterdrückt sie ein Lachen, dennoch entweicht ihren wunderschönen Lippen ein Kichern. Mein Ausdruck wird weicher, als ich ihre Reaktion sehe. Schließlich zeichnet sich auch auf meinen Lippen ein Lächeln ab.

„Also?“ frage ich mit sanfterer Stimme.

„Pasta alle Vongole, vergangenen Freitag“, flüstert sie und ich bin wieder einmal völlig erschüttert.

Ich schließe meine Augen und sowohl Wut, als auch Bedauern zeichnen sich auf meinem Gesicht ab. Ich hätte ihr viel früher schreiben sollen. Sie ist aufgebracht und hungert sich selbst runter. Sie hat so viel Gewicht verloren und ihre Augen sitzen tief in ihren Höhlen!

„Du siehst aus, als hättest du mindestens fünf Pfund abgenommen. Vielleicht auch mehr. Du musst bitte etwas essen, Anastasia“, schelte ich sie.

Sie blickt auf ihre ineinander verschränkten Finger hinab und fühlt sich wahrscheinlich von mir gemaßregelt. Ich verlagere mein Gewicht und drehe mich zu ihr um. Ich muss sie besser sehen können und abschätzen, wie es ihr geht.

„Wie geht es dir?“ frage ich mit milder, aber besorgter Stimme.

Sie sieht sehr traurig aus und ihre Schultern sacken zusammen, als würde sie eine zentnerschwere Last auf ihnen tragen. Sie ist völlig niedergeschmettert und schluckt ziemlich heftig. „Gut wäre gelogen“, sagt sie.

Ich atme scharf ein. Ihr erging es genau wie mir! „Ja, geht mir auch so!” murmele ich, strecke die Hand aus und ergreife ihre. „Ich vermisse dich“, sage ich leise.

Sie blickt auf unsere verschränkten Hände und das übliche Knistern, die Spannung ergreift uns.

„Christian, ich …“ sagt sie, aber ich unterbreche sie.

„Ana, bitte. Wir müssen reden.“

Wieder ringt sie um Fassung. „Christian, ich … Bitte … ich habe viel geweint“, flüstert sie.

„Oh, Baby, nein.“ Ich ziehe an ihrer Hand, löse ihren Gurt und halte sie in meinen Armen. An dem Ort, an den ich mir sie die ganze Zeit gewünscht habe. Ich schlinge meine Arme noch enger um sie und drücke meine Nase in ihr Haar, atme ihren Duft ein. Wie im Himmel … Sie ist mein Himmel und ich muss Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit ich sie zurückbekomme.

„Du hast mir so sehr gefehlt, Anastasia“, flüstere ich und schließlich schmilzt sie in meinen Armen dahin und lehnt ihren Kopf gegen meine Brust. ‚Ich liebe dich! Ich liebe dich! Ich liebe dich!’ flüstert mein Herz, meine Seele ist wieder intakt, aber mein Mund bleibt verschlossen. 

My Love by Sia



2 comments:

Anonymous said...

So toll endlich alles auf Deutsch zu lesen, vielen lieben dank dafür.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel

Anonymous said...

wann kommt das nächste kapitel :)