Kapitel XV
Qualen heben mich auf,
der Tod ist mir behilflich;
von allen Schmerzen, ist der größte Schmerz,
zu lieben und vergebens zu lieben.
„Ich hatte solche Angst“, ist alles, was ich
hervorbringe. Ich hatte solche Angst, wie nie zuvor. Die Verlustangst war so
qualvoll und unerträglich. Vor Erleichterung schluckt Anastasia heftig und
Tränen steigen in ihre Augen. Ich blicke sie, ohne zu blinzeln, an und mit
leiser und sanfter Stimme beginne ich zu sprechen.
(You’re the Only Woman by Ambrosia)
„Als ich Ethan draußen vor der Tür gesehen habe,
war mir sofort klar, dass dich irgendjemand in die Wohnung gelassen haben
musste. Taylor und ich sind aus dem Wagen gesprungen. Wir wussten auf der
Stelle, wer es gewesen sein musste, und sie dort stehen zu sehen – mit der
Waffe, auf dich gerichtet. In diesem Moment bin ich tausend Tode gestorben,
Ana! Sehen zu müssen, wie dich jemand bedroht … jemand dein Leben bedroht …“
Ich ersticke fast an meinen Worten und kneife meine Augen zusammen. Meine
restlichen Gedanken kann ich nur noch flüstern. „Es war, als hätten sich all meine
schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet. Ich war so wütend. Auf sie, auf dich“,
sage ich, schlucke und starre sie an, „auf Taylor. Und auf mich. Ich glaube ich
war auf die gesamte Welt wütend.“
Es fällt mir schwer, die Qual, die mein Herz verzehrt,
in Worte zu fassen. Das Höllenfeuer brennt in mir. „Ich wusste ja nicht, wie
aggressiv Leila sich verhalten würde. Ich wusste nicht, was ich tun soll. Ich
habe mich so hilflos gefühlt!“ sage ich und blicke in ihre gequälten Augen. Ich
will, dass sie mich versteht. „Ich
wusste nicht, wie sie reagieren würde, Ana. Ich hatte solche Angst um dich.“
Ich halte inne, um meine Gedanken zu sortieren, meinen Herzschlag zu beruhigen.
Ich blicke sie prüfend an, versuche abzuschätzen, ob ich sie erreiche.
Verständnisvoll schüttelt sie den Kopf und
bedeutet mir, weiterzuerzählen. Sie möchte hören, was ich zu sagen habe.
Erleichterung durchströmt mich.
Ich schlucke und erzähle weiter.
„Ich war völlig bestürzt, sie in diesem Zustand
zu sehen und zu wissen, dass ich für ihren Geisteszustand mitverantwortlich
sein könnte …“ Ich kann nicht weiter sprechen. Meine Abgefucktheit kommt an die
Oberfläche, wie der Ölteppich auf dem Ozean. Mit beiden Händen reibe ich mir
über mein Gesicht. Ich weiß, dass ich für ihren Zustand irgendwie mitverantwortlich
bin. Der Gedanke quält mich. „Du musst
verstehen, Ana; sie war immer so quirlig, so verschmitzt“, sage ich. Ich nehme
an, dass ich sie irgendwie gebrochen habe. Diese Vorstellung ist unerträglich
und mein Bewusstsein belastet mich sehr. Ich fühle mich verantwortlich und das
ist schrecklich qualvoll. Ich atme ein und unterdrücke mein Schluchzen. Die
Schuld lastet schwer auf mir. In der Vergangenheit habe ich irgendetwas falsch
gemacht und Leila damit Unrecht getan und dadurch Anastasia jetzt fast getötet.
Ich wäre gestorben! Ich wäre der Tod auf Füßen! Mit schmerzverzerrtem Gesicht
blicke ich sie an.
„Sie hätte dir etwas antun können. Und es wäre
allein meine Schuld gewesen.“ Meine Sünden und mein Schicksal holen mich ein
und ich musste es wieder in Ordnung bringen, es gerade rücken. Ich konnte Leila
nicht so zerbrochen zurücklassen. Der Schrecken, dass sie in ihrem wahnsinnigen
Geisteszustand eine Waffe hatte, versucht hat, sich durch Anastasia an mir zu
rächen, ist grauenhaft. Ich glaube deshalb fokussiert sich der Mob, auf die
Leute, die man liebt. Dich zu töten, würde für keine andauernde Qual sorgen.
Was für eine prometheische Misere hätte ich durchlebt, wenn sie das getan
hätte?
„Aber sie hat es nicht getan, Christian“,
flüstert Anastasia. Und du bist schließlich nicht dafür verantwortlich, dass
sie sich jetzt in diesem Zustand befindet“, sagt sie leidenschaftlich. Sie
bedeutet mir, weiterzusprechen. Aber hinter ihren Augen versteckt sich immer
noch diese Tristesse. Ihr Blick ist vor Sorge vernebelt, dass ich sie nicht
will oder sie in Zukunft möglicherweise nicht mehr wollen würde. Wie könnte ich
meine eigene Seele, mein eigenes Herz nicht wollen oder begehren? Ich brauche
sie mehr, als meinen nächsten Atemzug! Wie kann sie das auch nur denken? Sie
macht sich immer noch Sorgen über die Tatsache, dass ich sie nicht mehr im
Apartment haben wollte. Verstehst sie nicht, dass Leila labil war und ich sie
stabilisieren musste?
„Ich wollte dich nur aus dem Weg haben, Ana. Ich
wollte dich aus der Schusslinie haben, aber du … Wolltest. Einfach. Nicht.
Gehen“, zische ich. Ich hatte Angst, dass die Gefahr immer noch präsent war und
Anastasias Anwesenheit, hat es mir schwer gemacht, mich zu konzentrieren. Sie
verärgert mich immer. Ich schüttele meinen Kopf. Ich liebe sie so sehr. Es
bringt mich um, dass sie diese einfache Tatsache nicht versteht. Alles,
was ich tue, tue ich nur für dich!
(Everything I Do by Bryan Adams)
Eindringlich sehe ich sie an. Ich möchte, dass
sie versteht und meine Liebe spürt. „Anastasia Steele, du bist die
starrköpfigste Frau, der ich je begegnet bin“, sage ich, als ich meine Augen schließe und
realisiere die eine Tatsache, die zählt: Sie macht mich mit einem Blick, einem
Wort, unglaublich wütend; sie erregt mich, macht mich geil, indem sie auch nur
eine Sekunde auf ihrer Lippe kaut; sie verärgert mich mit einem ihrer Blicke,
und deshalb bin ich so wahnsinnig in sie verliebt … sie macht mich verrückt,
verärgert mich, ist mein Allheilmittel und sie ist mein Leben. Sie bedeutet mir
alles! Wenn ich sie verliere, würde ich alles verlieren … schließlich öffne ich
meine Augen und blicke sie verzweifelt an. „Du wolltest also nicht weglaufen?“
frage ich.
„Nein!“
schreit sie bestimmt und tadelt mich.
Als
ich meine Augen erneut schließe, ist es vor Erleichterung und nicht mehr vor
Verzweiflung. Die Erleichterung durchströmt meinen gesamten Körper, entspannt
mich zum ersten Mal an diesem beschissensten Tag meines Lebens. Aber der
Gedanke und der Schmerz, dass ich ihrer nicht würdig bin, zeigt wieder seine
hässliche Fratze und quält mich ungemein.
„Ich dachte wirklich“, sage ich und halte inne,
„Ich dachte, du verlässt mich …“ Ich schaffe es nicht, diesen Satz zu beenden.
„Sie mich an, Ana! Das bin ich. So, wie ich wirklich bin, mit allem Drum und
Dran … und ich gehöre nur dir. Was muss ich tun, damit du das endlich
begreifst?“ frage ich … „Ich GEHÖRE DIR
ALLEIN.“ Erneut bohre ich meinen
Blick in sie. „Was muss ich tun, damit du das endlich begreifst und verstehst?
Ich will dich und zwar nur dich … auf jede erdenkliche Weise …“, sage ich
leidenschaftlich. „Dass ich dich liebe?“, flüstere ich innig und begehrlich.
„Ich liebe dich auch, Christian!“ antwortet sie
sofort. „Aber dich so zu sehen, ist …“, sagt sie, hält inne und erstickt fast
an ihren Worten, als die Tränen erneut über ihre Wangen strömen. Ihre Lippen
beben vor Kummer. Sie sieht verzweifelt aus und sie sieht aus, als würde sie
sich vor Pein krümmen. „Ich dachte, ich hätte dich zerstört“, schluchzt sie und
legt ihr Gesicht in ihre Hände.
Sofort strecke ich meine Arme nach ihr aus, ziehe
ihr Hände von ihrem Gesicht und nehme sie in meine. „Baby, nein! Du hast mich
nicht zerstört, Ana! Genau das Gegenteil ist der Fall.
Du
bist nämlich mein Rettungsanker“, flüstere ich und küsse ihre Fingerknöchel und
ihre Handflächen.
Ich
möchte, dass sie mich besitzt … mich spürt … alles an mir. Langsam ziehe ich an
ihrer rechten Hand und platziere sie auf meiner Brust, genau über meinem
Herzen, sodass sie spüren kann, wie sehr es für sie schlägt. Mein Herz schlägt
wie wild! Mein Blick ruht auf ihr, mein Kiefer angespannt und meine Zähne fest
aufeinandergebissen. Ich will, dass sie mich berührt. Alles an mir. Keine Zone
meines Körpers ist für sie verboten. Sie wird alles von mir bekommen! Ihre
Miene verändert sich und ihr Blick ist gefüllt von Liebe und Ehrfurcht. Ihr
Atem beschleunigt sich und ihr Brustkorb hebt und senkt sich in kurzen
Abständen. Mit ihrem beschleunigten Puls passt der Rhythmus ihres Herzens nun
genau zu meinem.
(The Rhythm of
My Heart by Rod Stewart)
Ich möchte, dass
sie es ungehindert tun kann, ohne die Nötigung meiner Hand. Ich löse meine Hand
und lasse sie spüren, wie wild mein Herz für sie schlägt, vor Liebe und vor
Aufregung. Anastasia bewegt ihre Finger und fühlt mein Herz durch den dünnen
Stoff meines Hemdes. Ich halte den Atem an, versuche mich an das Gefühl ihrer
Hand auf meiner Brust zu gewöhnen, versuche meine Angst zu überwinden, die
Furcht ein für alle Mal zu begraben. Als Anastasia meine Anspannung bemerkt,
zieht sie ihre Hand etwas von meiner Brust zurück.
„Nein!“ sage
ich vor Angst. „Nicht …“, sage ich schnell und presse ihre Hand mit meiner auf
mein Herz. „Nein … du gehörst hierher“, sage ich schlicht. Wenn jemand zu
meinem ganzen Körper gehört, dann ist es Anastasia. Er gehört ihr und sie kann
damit tun, was sie möchte. Sie sieht mich an, rutscht näher an mich heran,
sodass sich unsere Knie berühren. Sie hebt ihre andere Hand, blickt mir in die
Augen und verdeutlicht ihre Absicht. Sie möchte mit beiden Händen meine nackte
Brust berühren. Meine Angst wächst und meine Augen weiten sich. Auf diese Weise
wurde ich schon sehr, sehr lange nicht mehr angefasst. Aber im Moment wünsche
ich mir nichts sehnlicher, als das Anastasia mich berührt! Ich sehne mich nach
dieser Verbindung mit ihr. Ich möchte, dass sie jeden Teil an mir besitzt, und
mich vervollständigt.
Anastasias
beginnt, mit ihrer linken Hand, die Knöpfe meines Hemdes aufzuknöpfen. Es fällt
ihr ziemlich schwer, diese Aufgabe mit nur einer Hand zu erledigen. Der
Schatten eines kleinen Lächelns zeichnet sich auf meinen Lippen ab. Sie bewegt
ihre rechte Hand und lässt mich wissen, dass sie gerne beide Hände benutzen
würde. Ich löse meine Hand von ihrer und nun beginnt sie einen Knopf nach dem
anderen zu öffnen. Wir blicken einander in die Augen, unsere Verbindung ist
eingerichtet. Gott! Es gibt nicht eine Sache oder eine Person, die ich mehr
liebe, als diese Frau!
Schließlich hat
sie alle Knöpfe geöffnet und ungehinderten Zugang zu meiner Brust. Ich schlucke
heftig und mein Atem beschleunigt sich, um meinem gestiegenen Puls gerecht zu
werden. Meine Lippen sind leicht geöffnet und meine Augen weiten sich. Das ist
es! Sie sieht mich an, sucht meine Zustimmung, versucht herauszufinden, was ich
will. Ich brauche das! Ich brauche diese Verbindung. Sie streckt ihre Hände
aus, berührt mich aber noch nicht. Sucht immer noch, versucht mich zu
verstehen, versucht zu verstehen, ob ich sie dies freiwillig tun lasse. Ihr
Blick ist suchend, fragend. Sie kommuniziert allein mit ihren Blicken. Ihre
Hände ruhen genau über meiner Brust, genau über der einstigen verbotenen Zone.
Ich neige meinen Kopf zur Seite, wappne mich, erwarte ihre Berührung. Mein
Körper ist angespannt und die Anspannung strömt durch meine Poren, stark und
fühlbar. Die Angst versucht mich zu verzehren. Die Angst der vergangenen Qualen,
Angst, davor, was vielleicht an die Oberfläche kommt, Angst der Hilflosigkeit.
Aber ich kann diese Ängste nicht mit Anastasia verbinden. Sie ist das Wunder,
das mich vor diesen Ängsten retten muss!
Anastasia
berührt mich nicht. Ihre Hände schweben immer noch zögernd; vorsichtig darauf
bedacht, mich nicht zu berühren.
„Ja.“ Ich gebe
ihr meine Zustimmung. Fass mich an, Ana!
(You Put a Move on My Heart by Tamia)
Sie streckt
ihre Fingerspitzen aus und streift mein Brusthaar, jedoch immer noch ohne meine
Haut zu berühren. So zärtlich, so behutsam. Ihre Finger streichen von meiner
Brust hinunter zu meinem Brustbein. Ich schließe meine Augen und in mir prallen
Qual und Lust aufeinander. Ausnahmsweise wird meine Zukunft über meine
abgefuckte Vergangenheit siegen. Mein Gesicht ist von dem Kampf, der in mir
tobt, verzehrt, versuchz die qualvollen Erinnerungen an den Zuhälter zu
verdrängen. Anastasia zerstört seinen Hass, seinen Missbrauch und seine
Feindlichkeit mit ihrer Liebe. Der Kampf ist schmerzvoll. Wieder einmal bin ich
zwischen meiner schmerzhaften Vergangenheit und meiner liebevollen Zukunft
gefangen!
Als Anastasia
den Kampf, der in mir wütet, bemerkt, zieht sie ihre Finger von meiner Brust
zurück, hebt sie hoch und beraubt mich ihrer Berührung. Ich greife ihre Hand
und lege sie auf meine nackte Brust. Sie muss es tun! Sie ist diejenige, die
diesen verdammten Fluch, der mein ganzen Leben geschnürt hat, zu brechen.
„Nein“, befehle
ich ihr mit immer noch angespannter Stimme. Der Kampf in mir tobt noch immer.
„Ich muss es schaffen …“ Wieder berühren mich ihre Finger und ich kneife meine
Augen so fest zusammen, dass noch nicht einmal das Licht durch meine Augen
dringen kann. Langsam wandern Anastasias Finger über meine Brust, erfahren
meine Konturen, spüren meine verbotene Zone zum ersten Mal und machen sich zum
ersten Mal mit meinem Körper vertraut. Langsam öffne ich meine Augen, um sie
anzusehen. Meine Augen glühen vor Hitze. Die Angst versucht sich wieder an die
Oberfläche zu arbeiten, aber die Liebe, die ich für Anastasia empfinde, und die
Liebe, die sie mir entgegenbringt, sind einfach überwältigend. Mein Mund
erschlafft schließlich und dieser überwältigende Kampf bringt mich zum Keuchen.
Der Geist meiner Vergangenheit kämpft mit dem Schmerz und die Liebe zu
Anastasia mit der Lust. Die ultimative Schmerz und Lust Zone.
(The Lady in My Life by Michael Jackson)
Anastasias
Haltung verändert sich, sie erhebt sich auf ihre Knien und hält meinem Blick
stand; sie will mich küssen … auf meine Brust. Ich bewege mich nicht. Ich
erlaube ihr, mich zu küssen. Schließlich beugt sie sich nach vorn und sanft wie
ein Schmetterling, küsst sie mich auf die Stelle über meinem Herzen. Ihre
sanften Lippen fühlen sich durch ihre Tränen noch viel weicher auf meiner Brust
an. Die Empfindungen, die ich durch diese simplen Berührungen erfahre, sind die
gewaltigsten, die ich je gespürt habe. Der Schmerz und die Lust, die ich
empfinde sind jenseits von Gut und Böse! Ein würgendes Stöhnen entweicht meinen
Lippen. Anastasia nimmt es lediglich als Schmerzenslaut wahr und setzt sich
auf. Nein!
„Nochmal“,
flüstere ich, während ich meine Augen noch immer fest zusammenkneife. Sie beugt
sich wieder zu mir und küsst eine meiner Narben, die der Zuhälter mir zugefügt
hat, indem er seine Zigarettenstummel ausgedrückt hat. Ich stöhne laut und
plötzlich empfinde ich dieses Gefühl der Liebe für Anastasia, wie ich es noch
nie zuvor getan habe. Ehe ich mich versehe, schließe ich sie in meine Arme.
Meine rechte Hand wandert in ihr Haar, zieht ihren Kopf hoch, um meinen Lippen
kraftvoll und energisch zu begegnen. Meine Lippen und mein Mund sind
beharrlich, fordernd, begierig, unersättlich und hungrig. Hungrig nach ihrer
Zuneigung; ihrer Liebe. Sie begegnet meinem fordernden Kuss mit demselben
Hunger und Wildheit. Ihre Hände bahnen sich ihren Weg in mein Haar, krallen
sich fest hinein und versuchen uns miteinander zu vereinen. Wir küssen uns, als
wäre dies, der letzte Tag auf Erden, als gäbe es kein Morgen mehr; unsere Liebe
ist bindend, verzehrend und unglaublich heilend.
Völlig außer
Atem ziehe ich mich zurück, drehe Anastasia herum und drücke sie unter mir auf
den Boden. „Oh, Ana“, flüstere ich und auf ihrem Gesicht zeichnet sich nichts
als Liebe und Begehren für mich ab. Ihre Hände umschließen mein Gesicht und
ihre Daumen streichen über meine Wangen. Ich fühle mich überwältigt,
überwältigt vor Liebe, überwältigt vor Lust, überwältigt, dass sie mich trotz
der Tatsache, dass ich total abgefuckt bin, will. Die Empfindungen sprudeln
über, explodieren in meinem Inneren und die Tränen beginnen über meine Wangen
zu laufen. Schließlich hat die Liebe, ihre Liebe, es geschafft, die Angst aus
meinem Inneren zu waschen.
„Bitte Christian, nicht weinen“, fleht sie
mich an. „Ich habe
doch gesagt, dass ich dich niemals verlassen werde. Das war ernst gemeint. Wenn
ich dir das Gefühl gegeben habe, dass es nicht so ist, tut es mir Leid … Bitte
Christian, bitte, verzeih mir. Ich liebe dich, und ich werde dich immer
lieben“, sagt sie leidenschaftlich.
(I Will Always
Love You by Whitney Houston)
Ihre Liebeserklärung versengt mein Herz vor
Schmerz. Meine Miene verhärtet sich und nimmt einen qualvollen, betrübten
Ausdruck an. Sie kennt immer noch nicht mein schlimmstes Geheimnis … Ich bin
schlecht …Ich bin sehr, sehr schlecht!
„Was ist?“ fragt sie. Ich schlucke. Der Schmerz,
dieses dunkle Geheimnis vor Anastasia zu verbergen, ist schmerzhaft.
„Christian, was hast du für ein Geheimnis, dass
du glaubst, ich würde schreiend davonlaufen, wenn du es mir verrätst? Dass du
so sicher bist, ich würde dich auf der Stelle verlassen?“ bettelt sie mit
bebender Stimme.
„Bitte,
sag es mir, Christian, bitte …“, bettelt sie.
Augenblicklich setze ich mich auf. Ein weiterer
Kampf wütet in mir. Ich kreuze meine Beine und sie setzt sich ebenfalls auf,
streckt ihre Beine aus. Bein Blick ruht auf ihr. Ich kämpfe immer noch mit mir,
ob ich ihr mein dunkelstes Geheimnis offenbaren soll oder nicht. Meine Seele
fühlt sich wie die Wüste, die sie nun einmal ist, an. Meine Augen spiegeln
diese Verlassenheit wider. Ich weiß nicht, wie ich ihr das offenbaren soll. Es
ist die Hölle … ich bin die Hölle. Ich bin so ein Freak, ein abgefuckter Typ.
„Ana.“ Ich bin kaum in der Lage, zu flüstern. Ich
schließe meine Augen, atme tief ein und schlucke. Ich gebe ein stummes Gebet
ab, dass sie mich nach meiner Offenbarung immer noch liebt. Ich öffne meine
Augen und offenbare ihr mein letztes Geheimnis.
„Ich bin Sadist, Ana“, sage ich betrübt. „Ich
stehe darauf, kleine, zierliche Brünette auszupeitschen, weil ihr alle genauso
ausseht wie die Crackhure – meine leibliche Mutter. Ich bin sicher, du kannst
dir denken, wieso“, sage ich in einem Atemzug. Ich liebe sie; ich möchte offen
mit ihr sein, keine Geheimnisse vor ihr haben und das war der letzte Scheiß,
den ich ihr vorgehalten habe. Jetzt erwarte ich eigentlich, dass sie nichts
mehr mit mir zu tun haben will. Stück Scheiße! Wie der Zuhälter gesagt hat. Ich
zerschmettere meine eigene verdammte Welt, aber ich schulde Anastasia die
Wahrheit. Ich nehme an, dass sie mich in der Sekunde verlassen wird, in der sie
registriert, was ich ihr gerade gesagt habe, wenn sie den Schock überwunden
hat. Ich
schlucke, meine Augen sind weit aufgerissen, mein Herz in der Hand, bereit in
tausend Stücke zerbrochen zu werden. Ich warte darauf, dass sie aufsteht und so
schnell davonrennt, wie sie ihre Beine tragen können.
(Without You by Mariah Carey)
Sie gafft mich an,
verloren, besorgt, betrübt, aufgebracht, fassungslos und verwirrt. Sie schafft
es, all diese Emotionen in nur einen Blick zu packen. Sie sieht aus, als hätte
ich gerade ihre Welt auf den Kopf gedreht, was ich natürlich getan habe.
„Aber …“, sie hält inne,
„du hast doch gesagt, du wärst kein Sadist“, flüstert sie. Ich habe nie gesagt,
dass ich es nicht bin. Ich habe nur nicht gesagt, dass ich es bin; ich habe
diese Information einfach ausgelassen, weil ich sie so verzweifelt gewollt
habe, so sehr wie ich noch nie etwas in meinem Leben gewollt habe.
„Nein“, antworte ich. „Ich habe gesagt, ich sei
dominant. Ich habe dir nur die halbe Wahrheit erzählt, Ana. Es tut mir leid“,
sage ich und blicke reuevoll auf meine Hände hinab. Ich habe Angst davor, herauszufinden, wie sie reagieren
wird. Wenn sie bis jetzt noch nicht weggerannt ist, wird sie es sicherlich
jeden Augenblick tun. In meinem Kopf spreche ich mir immer wieder folgenden
Satz vor: Ich kann das nicht vor ihr
verstecken. Sie verdient Besseres von mir. Bitte lauf nicht weg. Bitte lauf
nicht weg. Bitte lauf nicht weg, Ana!
„Als du mir diese Frage gestellt hast, hatte ich
noch eine völlig andere Beziehung zwischen uns im Sinn“, murmele ich mit
sanfter Stimme.
Ein trauriges Wimmern entweicht ihren Lippen.
„Also stimmt es doch“, flüstert sie. Ihr Blick
begegnet meinem, zutiefst bekümmert. „Ich kann dir nicht geben, was du
brauchst“, murmelt sie. „Wie könnte ich auch? Natürlich …“, sagt sie leise,
kaum zu hören. Ihre Miene verhärtet sich und mein Herz fällt in sich zusammen.
„Nein! Nein! Nein! Nein! NEIN! Ana! Nein! Das
kannst du und du gibst mir, was ich brauche …“ Ich balle meine Hände zu
Fäusten, so sehr, dass meine Knöchel bereits hervortreten. „Bitte, glaub mir!
Bitte, Ana!“ flüstere ich leidenschaftlich.
„Im Moment weiß ich nicht, was ich glauben soll,
Christian. Das ist alles so verdammt
abgefuckt“, flüstert sie erstickt. In ihren Augen
schwimmen bereits die Tränen.
(Sorrow from the
Gladiator)
Ich will, dass sie weiß, dass ihr Liebe mich
verändert hat.
„Bitte Ana, glaub mir doch! Nachdem ich dich
bestraft hatte und du mich verlassen hast“, sage ich und ersticke fast an
diesen Worten. Die schrecklichen Gefühle bahnen sich ihren Weg zurück. „hat
sich mein gesamtes Weltbild verschoben. Wirklich alles! Ich habe dir bereits
gesagt, dass ich alles tun würde, um nicht noch einmal diese Gefühle erleben zu
müssen.“ Ich flehe sie an, schmerzvoll und betrübt. „Es war eine Offenbarung
für mich, zu hören, dass du mich liebst. Niemand hat das jemals zu mir gesagt.
Es war, als hätte ich erst dadurch mit etwas abschließen können. Vielleicht
warst auch du diejenige, die diesen endgültigen Abschluss herbeigeführt hat,
ich weiß es nicht. Darüber reden Dr. Flynn und ich uns im Moment die Köpfe
heiß“, offenbare ich ihr.
Schließlich zeichnet sich auf ihrem Gesicht ein
leiser Hoffnungsschimmer ab … Hoffnung für uns. „Was bedeutet das für uns?“ flüstert
sie.
(Now We Are Free from the Gladiator)
„Es bedeutet, dass ich diese Dinge nicht
unbedingt brauche. Zumindest jetzt nicht.“ Niemals. Ich wurde von meinen
eigenen Grenzen befreit. Sie sieht mich zweifelnd an. „Aber woher weißt du das? Wie kannst du dir da so
sicher sein?“ fragt sie.
„Ich weiß es einfach. Die Vorstellung, dir
wehzutun …“, sage ich schmerzhaft. „Ich meine, dir wirklich wehzutun. Auf
welche Weise auch immer … ist abscheulich“, sage ich mit loderndem Blick. Ich
werde nicht zulassen, dass sie irgendjemand verletzt, vor allem ich nicht!
„Aber ich verstehe das nicht. Was ist mit den
Linealen, dem Versohlen und all der anderen perversen Scheiße?“
Ich fahre mir mit den Händen durchs Haar und
seufze reumütig. „Ich rede von den richtig
heftigen Sachen, Anastasia. Du solltest mal sehen,
was ich mit einem Rohrstock oder einer Katze so alles anstellen kann“, sage
ich. Sie sieht mich schockiert an und ihr steht der Mund offen. „Lieber nicht“,
keucht sie mit weit aufgerissenen Augen.
„Ich weiß“, antworte ich. Ich weiß, dass sie
nicht Teil dieses Lebens sein möchte und es macht mir nichts aus. „Wenn du es
auch gewollt hättest, wunderbar … aber du willst es nicht, und das kann ich
verstehen. Ich kann all diese abartigen Dinge nicht mit dir machen, wenn du es
nicht willst. Das habe ich dir schon einmal gesagt. Du hältst die Fäden in der
Hand. Und jetzt, da du zu mir zurückgekommen bist, verspüre ich diesen Drang
plötzlich nicht mehr, Ana. Nichts.“
Diese Offenbarung erschreckt Anastasia, aber sie
stellt bereits die nächste Frage. „Aber als
wir uns kennen gelernt haben, hast du dir genau
das gewünscht, richtig?“ fragt sie.
„Ja. Zweifellos“, antworte ich.
„Wie kann dieser Drang auf einmal verschwinden,
Christian? Wie eine Art Wunderkur, als wärst du plötzlich … in Ermangelung
einer anderen Bezeichnung … geheilt? Das verstehe ich nicht.“
Ich
seufze. Natürlich bin ich nicht geheilt. Aber mit Anastasia bin ich auch nicht
krank.
„Na ja, als geheilt würde ich es nicht bezeichnen
…“, sage ich und bin nicht in der Lage, meinen Satz zu beenden. Sie blickt mich
so ungläubig an. „Du glaubst mir kein Wort, stimmt’s Ana?“ frage ich mit
flehender Stimme.
„Ich
finde es nur unglaublich. Das ist ein gewaltiger Unterschied.“
„Anastasia, hättest du mich nicht verlassen,
würde ich wahrscheinlich auch nicht so empfinden. Mich zu verlassen, war das
Beste, was du für uns tun konntest … für unsere Beziehung. Erst dadurch ist mir
klar geworden, wie sehr ich dich will. Nur dich allein und nicht diese ganze
perverse Scheiße. Und wenn ich sage, dass ich dich in jeder Hinsicht will, ist
das mein voller Ernst“, sage ich aufrichtig. Sie ist alles, was ich will. Ich
will all das sein, was sie will, was sie braucht. Ich möchte Anastasia würdig
sein. Ich möchte der einzige Mann sein, den sie braucht.
(All the Man
That I Need by Whitney Houston)
Sie sieht mich verwirrt und sprachlos an. Der
Ausdruck auf ihrem Gesicht verrät mir, dass sich bei ihr heftige Kopfschmerzen
zusammenbrauen. Sie versucht, den ganzen Scheiß, den ich mitbringe, zu verarbeiten.
Wenn sie es doch nur schaffen könnte.
„Du bist immer noch da“, sage ich leise, da ich
erwartet habe, dass sie davonläuft und nie wieder zurückblickt. Sie hat das
Recht, es zu tun und ich schulde ihr diese Information. Ich hätte nicht damit
leben können, es ihr zu verschweigen. Wenn
sie das letzte dunkele Geheimnis meiner bedeutungslosen Seele nicht kennen
würde. „Ich war mir sicher, dass du inzwischen längst schreiend zur Tür
hinausgelaufen wärst“, flüstere ich.
„Warum sollte ich das tun, Christian?“ scheltet
sie mich wütend. „Weil ich dich für einen kranken Perversen halte, der darauf steht,
Frauen, die genauso aussehen wie seine Mutter, auszupeitschen und sie danach zu
ficken? Wie kommst du bloß darauf, Christian?“, faucht sie mich an und ich
werde ganz blass. Ich habe es verdient, natürlich. Aber es aus Anastasias Mund
zu hören, tut trotzdem weh. Liebe tut so verdammt weh!
„Ich hätte es vielleicht nicht ganz so derb
ausgedrückt, aber im Grunde hast du Recht“, schaffe ich es verstört zu
antworten. Wieder einmal bemerke ich, dass Anastasia mich allein mit Worten und
nicht nur mit Taten verletzen kann; selbst wenn sie begründet sind. Sie ist die
einzige, die das Potenzial hat, mich auf mehrere Arten zu verletzen; mein Leben
ist von ihr abhängig. Sie kann es zerstören, indem sie mich einfach verlässt
oder mich aufbauen, indem sie mich einfach nur anlächelt.
Mein Blick ruht unerschütterlich auf Anastasia.
Ich blinzele nicht, und blicke sie erwartend an. Ich liebe sie, verdammt noch
mal! Liebst du mich auch und baust mich wieder auf oder lässt du mich in meiner
persönlichen Hölle zurück, Ana? Sag es mir! Ich blicke sie flehend an.
Sie seufzt und schüttelt ihren Kopf.
„Ich bin hundemüde, Christian. Können wir morgen
darüber reden? Ich will jetzt ins Bett.“
Häh? Wie bitte? Ich habe erwartet, dass sie
abhaut und nie wieder zurückblickt. Überrascht, schockiert, glücklich,
erleichtert und ermutigt frage ich, „Du gehst also doch nicht?“
„Willst du denn, dass ich gehe?“ fragt sie
besorgt. Natürlich nicht! Ich habe mich davor gefürchtet; ich musste einfach
ehrlich zu ihr sein, offen in allen Belangen.
„Nein, Baby! Will ich nicht. Ich dachte nur …“
Bestürzt schließe ich die Augen. Daraufhin öffne ich sie wieder und blicke sie
verzweifelt an, „Ich dachte, du würdest auf der Stelle davonlaufen, wenn ich
dir mein schlimmstes Geheimnis verraten habe.“
Sie sieht mich voller Liebe an, aber auch
verwirrt und völlig frustriert. Ich liebe sie so sehr! Mein Herz gehört und
wird auch immer Anastasia gehören … Wenn es um Anastasia geht, kommen meine
selbstsüchtigen Eigenheiten zum Tragen, ich möchte sie ganz für mich allein
haben. Meine Gefühle für sie sind so inbrünstig. Meine ständige Angst, dass sie
irgendwann glauben könnte, dass die ganze Last, die ich mit mir rumschleppe zu
viel ist, macht mich unsicher. Wenn es um unsere Beziehung geht, mache ich
häufig genug Fehler. Es ist einfach alles so neu für mich. Wenn ich wütend
werde, was ziemlich oft passiert, fühle ich mich völlig außer Kontrolle, obwohl
ich mein Bestes gebe, mich zu beherrschen und mich daran zu erinnern, dass
Bestrafungen keine Möglichkeit sind. Und Anastasia kann mit mir umgehen und
mich beruhigen wie niemand sonst! Sie kennt meine schlimmsten Seiten und liebt
mich dennoch. Sie ist enttäuscht, aber liebt mich trotzdem!
Trotzdem mache ich mir Sorgen, dass sie mich
verlassen könnte. Sie hat mich schließlich schon einmal verlassen, obwohl sie
mir ihre Liebe erklärt hat.
„Verlass mich bitte nicht“, bettele ich sie an. Ich
werde alles tun; ich werde für sie kämpfen.
(Way of My
Life by John Meyer)
Sie sieht mich
völlig gefrustet an, kneift ihre Augen zusammen und schreit:
„Oh Herrgott, Christian! Ich sage es noch einmal –
nein! Ich werde nicht gehen!“ Ihr Geschimpfe ist der willkommenste Klang auf
der ganzen Welt.
„Wirklich?“ frage ich erleichtert.
Ihr Gesicht nimmt einen belehrenden Ausdruck an.
Streng, entschlossen und bestimmt. „Was muss ich tun, damit du begreifst, dass
ich nicht davonlaufe? Was soll ich sagen, damit du mir glaubst?“ fragt sie
entnervt.
Es gibt nur eine Sache, die sie tun kann … Es
gibt eine Frage, auf die sie antworten kann. Genau genommen braut sich diese
Idee schon längere Zeit in meinem Kopf zusammen. Ich habe auf bessere Umstände
gehofft, aber es muss jetzt sein. Wieder steigt die Angst in mir auf und das
Gefühl ihrer nicht würdig sie zu sein, ist allgegenwärtig. Aber ich habe ein
selbstsüchtiges Herz. Es will, was es will, was es begehrt. Und das Objekt
meiner Begierde steht genau vor mir. Ich schlucke, als wäre es ein
unerreichbares Ziel, aber eines, für das ich sterben würde.
Ich schlucke. „Es gibt da durchaus etwas, dass du
tun kannst, damit ich dir glaube, Anastasia“, sage ich.
„Was?“ blafft sie mich an und verliert die
Geduld.
„Heirate
mich“, flüstere ich. „Werde meine Frau.“
„Was?“
Sie klingt wie vor den Kopf geschlagen. Das hat sie nicht erwartet. Sie ist
sich nicht sicher, ob sie mich richtig verstanden hat. Sie kaut heftig auf
ihrer Lippe. Nicht, weil sie nachdenkt, sondern um sich vom Lachen abzuhalten!
Lauthals zu lachen! Sie lacht völlig hysterisch über meinen Antrag! Sie lacht
so sehr, dass sie rückwärts auf den Boden kippt und vor Lachen johlt! Ich bin
froh, dass ich etwas zu ihrer Unterhaltung beitragen kann. Aber ich bin mir
nicht sicher, ob meine Gefühle der Grund für ihren Spott sein sollen. Verspottet
sie mich? Ist mein Antrag so lächerlich für sie? Ihre Arme bedecken ihr Gesicht
und versuchen ihre überwältigen Gefühle zu verbergen. Ich weiß, dass sie einen
aufreibenden Abend hatte, aber komm schon Ana, du verletzt mein Ego!
Als
ihr Lachen langsam verebbt und sich der Klang ihrer Hysterie in Geschrei
verwandelt, hebe ich ihre Arme von ihrem Gesicht. Sie dreht sich um und blickt
mich an. Wir hatten beide einen harten Abend. Ich drehe meine Hand herum und
wische ihr die Tränen von den Wangen.
„Sie finden meinen Antrag also lustig, Miss Steele?“
frage ich und versuche meinen Schmerz zu verstecken. Aber sie versteht es.
Irgendwie tut sie das immer. Sie streckt ihre Hand aus und streicht mir sanft
über meine Wange, fühlt die Stoppeln, die seit heute Morgen gewachsen sind. Ich
lehne mein Gesicht in ihre Berührung.
„Oh Mr. Grey.“ Sie seufzt und schüttelt ihren Kopf. „Christian,
dein Timing ist zweifellos …“, sie hält inne und ist nicht in der Lage, ihren
Satz zu beenden. Ihr fehlen die Worte.
Ich grinse sie an, aber es ist nur zu ihrem
Nutzen. Ich möchte sie auf jede erdenkliche Weise. Aber nun scheint sie meine
Gefühle nicht zu erwidern. Tatsache ist, dass ich mich zurückgewiesen,
abgelehnt und ungewollt fühle. Ich fühle mich völlig leer, als ich meine Hand
nach ihr ausstrecke und nichts als Luft vorfinde. Meine Augen hintergehen mich,
hintergehen meine Gefühle.
„Deine Reaktion hat mich tief getroffen, Ana. Willst
du mich heiraten?“ frage ich leidenschaftlich. Bitte sag ja, Baby! Bitte
sag ja!
(I Melt With
You Nouvelle Vague)
Sie setzt sich auf und beugt sie über mich. Als
sie ihre Hände auf meine Knie legt, blickt sie mir in die Augen und seufzt.
„Meine Güte, Christian! Du weißt, was für einen beschissenen Abend ich hatte. Ich
wurde heute Abend von deiner durchgeknallten Ex mit einer Waffe bedroht. Ich
wurde aus meiner eigenen Wohnung geworfen und musste zusehen, wie du mir
gegenüber komplett ausflippst, all deine fünfzig Facetten zum Vorschein
gekommen sind …“ beginnt sie mit ihren Beschuldigen. Ich öffne meinen Mund, um
ihr zu widersprechen, aber Anastasia hält ihre Hand hoch, um ihren Gedanken zu
Ende zu bringen. Ich schließe meinen Mund und lasse sie aussprechen.
„Christian, Baby. Du hast mir etwas
zugegebenermaßen ziemlich Schockierendes über dich verraten, und jetzt fragst
du mich, ob ich dich heiraten will. Offen gestanden, bin ich gerade ein
bisschen überwältigt“, erklärt sie.
Natürlich hat sie Recht. Also ist es kein ja, aber
auch kein nein. Ich schüttele meinen Kopf. „Ja, ich denke, das ist eine
ziemlich treffende und akkurate Zusammenfassung der Situation“, stimme ich zu.
Schließlich lächelt sie mich an und gibt mir
meine eigenen Worte zurück. „Was ist aus Ihrer Schwäche fürs Hinauszögern
geworden, Mr. Grey?“
„Ich habe meine Meinung geändert und bin jetzt
überzeugter Verfechter der sofortigen Belohnung. Carpe diem, Ana“, flüstere
ich. Nutze
den Tag!
(Notion by Kings
of Leon)
„Okay, Christian, ich kenne dich seit gefühlten
drei Minuten, und es gibt noch so viele Dinge, die ich wissen muss. Ich habe zu
viel getrunken, bin hungrig und müde und will ins Bett. Ich muss über deinen
Antrag genauso nachdenken, wie ich über diesen Vertrag zwischen uns nachgedacht
habe“, erklärt sie. Dann nimmt ihr Gesicht plötzlich einen verstimmten Ausdruck
an. Sie presst ihre Lippen aufeinander. „Und außerdem …“, murmelt sie und
schüttelt enttäuscht ihren Kopf, „war er
nicht gerade romantisch.“
Oh! Okay! Damit kann ich leben. Wenn ich sonst schon nichts
bin, ein schneller Lerner bin ich auf jeden Fall. Ich lege meinen Kopf schräg
und ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. „Ein berechtigtes Argument, wie immer, Miss Steele“,
flüstere ich erleichtert. „Also ist es kein Nein?“ fragt sie.
Anastasia seufzt entnervt. „Nein, Mr. Grey, es
ist kein Nein, es ist aber auch kein Ja.“ Sie scheint an meinen Absichten zu
zweifeln und fügt an, „Du fragst mich
nur, weil du Angst hast und mir nicht vertraust.“
Das stimmt nicht, Ana!
„Nein, ich frage dich, weil ich endlich jemanden
gefunden habe, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will“, sage ich
inbrünstig. Anastasia fällt die Kinnlade herunter. Ich habe sie noch ein
weiteres Mal an diesem Abend schockiert.
„Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas
passieren könnte, die richtige zu finden“, sage ich völlig verliebt, und
aufrichtig mit meinen Gefühlen. Anastasia starrt mich weiterhin an. Sie
blinzelt und schließlich schafft sie es, ein paar Wörter aneinander zu Reihen,
die irgendwie Sinn ergeben.
„Christian, darf ich in Ruhe darüber nachdenken,
bitte? Und über alles andere, was heute passiert ist? Was du mir gerade gesagt
hast? Du hast mich darum gebeten, geduldig zu sein und Vertrauen zu haben.
Genau das brauche ich jetzt von dir, Grey. Du kannst dich jetzt erkenntlich
zeigen“, murmelt sie.
Ich suche ihr Gesicht nach Hinweisen ab, dass sie
mir keine Abfuhr erteilt, nicht Nein sagt. Als ich mir sicher bin, dass es
nicht so ist, fühle ich mich erleichtert, beuge mich zu ihr vor und streiche
ihr mit intimer Geste eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. Zustimmend nicke ich.
„Okay, Ana, damit kann ich leben“, antworte ich. Natürlich hat sie Recht. Anastasia
ist der Herzchen und Blümchen Typ und mein Antrag war ganz bestimmt nicht so. Nachdem
ich sie sanft auf ihre Lippen geküsst habe, flüstere ich, „Nicht besonders romantisch,
ja?“ Sie schüttelt ihren Kopf. „Du willst Herzchen und Blümchen?“ frage ich
leise und kenne bereits ihre Antwort. Sie nickt und ich lächele erleichtert.
Sie wird also wirklich über meinen Antrag nachdenken. Ich könnte einen
Freudentanz machen! Alles, was ich tun muss, ist sie absolut umzuhauen …
Herzchen und Blümchen, Herzchen und Blümchen, Herzchen und Blümchen für Ana.
„Du hast Hunger?“ frage ich.
„Ja“, antwortet sie. Oh, verdammt! Sie hatte die
ganze Zeit über Hunger? Es ärgert mich, und außerdem hat sie getrunken!
„Das heißt, du hast wieder mal nichts gegessen“,
erkläre ich. Ich blicke sie tadelnd an. Warum hat sie exzessiv getrunken, ohne
zu essen? Ich habe es ihr schon einmal gesagt. Meine Miene verhärtet sich und
ich kneife meine Augen zusammen.
„Natürlich habe ich nicht gegessen“, sagt sie und
setzt sich auf ihre Fersen zurück. Sie verschränkt ihre Arme, wappnet sich für
den Kampf mit mir. „Aus meiner Wohnung
geworfen zu werden, nachdem ich zusehen musste, wie mein Freund seiner Exsub
zärtlich das Köpfchen streichelt, hat mir zugegebenermaßen den Appetit
verdorben“, antwortet sie eisig und starrt mich teilnahmslos an. Natürlich hat
sie Recht. Ich wollte schließlich auch nichts essen, als mich Mrs. Jones danach
gefragt hat. Ich stehe auf und strecke ihr meine Hand hin, ziehe sie auf ihre
Füße.
„In Ordnung, dann mache ich dir kurz etwas zu
essen.“
„Oh“, stöhnt sie. „Kann ich nicht einfach ins
Bett gehen?“, fragt sie und ihre Hand
ruht noch immer in meiner. Ich kann nicht anders. Wenn ich weiß, dass sie
Hunger hat, kann ich sie nicht einfach so ins Bett gehen lassen. „Nein, Baby.
Du hast Hunger und du musst etwas essen. Komm“, sage ich und führe sie in die
Küche und setze sie auf einen Barhocker. Ich gehe zum Kühlschrank und hoffe
darauf, etwas zu finden, dass ihr Interesse weckt.
„Oh Christian, ich bin nicht mehr hungrig“, sagt
sie. Natürlich hast du Hunger, Baby. Ich ignoriere ihre Beschwerden.
„Käse?“ frage ich. Etwas Leichtes.
„Nicht um diese Uhrzeit“, antwortet sie.
„Brezeln?“
„Aus dem Kühlschrank? Nein, danke“, sagt sie
brüsk.
„Magst du etwa keine Brezeln?“ Ich wende mich ihr
zu und lächele sie an.
„Nicht um halb zwölf abends. Ich gehe jetzt ins
Bett, Christian. Du kannst gern die ganze Nacht lang im Kühlschrank herumstöbern,
wenn du Lust hast. Ich bin müde, außerdem habe ich einen Tag hinter mir, der
eindeutig zu aufschlussreich für meinen Geschmack war. Wenn ich könnte, würde
ich ihn am liebsten auf der Stelle vergessen“, sagt sie und rutscht vom Hocker
herunter, um zu gehen.
„Warte! Wie sieht es mit Makkaroni und Käse aus?“
Das perfekte Trostessen. Ich halte die Schüssel mit dem leckeren, hausgemachten
Mac and Cheese hoch und blicke sie hoffnungsvoll an. Vielleicht sagt sie Ja.
Sie hält inne. „Du isst gern Makkaroni mit Käse,
Christian?“ fragt sie, als wäre es unvorstellbar. Wer mag Mac and Cheese nicht?
„Willst du?“ frage ich hoffnungsvoll. Ich kann
nicht anders. Ich muss mich um sie kümmern. Ich muss das Gefühl haben, dass ich
mich um sie kümmere. Nach all dem Scheiß, der heute passiert ist, möchte ich
etwas Positives fühlen, damit sie sich besser fühlt. Sie ist noch nicht ins
Bett gegangen.
„Du weißt also, wie man die Mikrowelle bedient?“
fragt sie. Ja, ich habe ziemlich krasse Mikrowellenfertigkeiten. Ich kann die Nummern
eintippen wie kein Zweiter!
„Mit allem, was verpackt ist, komme ich normalerweise
gut klar. Nur die richtigen Lebensmittel bereiten mir ein bisschen Probleme.“
Sie steht immer noch da. Bevor sie also gleich aus der Küche verschwindet,
stelle ich die Gedecke für beide von uns hin.
„Es ist schon sehr spät“, murmelt sie.
„Dann geh morgen eben nicht ins Büro. Bitte geh
nicht“, flehe ich sie an.
„Oh, Christian, ich muss morgen ins Büro. Mein Boss fliegt nach New York.“
Dieser Scheißkerl! Ich runzele die Stirn.
„Willst du am Wochenende auch nach New York
fliegen?“ fragt sie.
Sie schüttelt den Kopf. „Nicht wirklich. Ich habe
mir die Wettervorhersage angesehen. Es soll regnen.“ Okay.
„Gut. Was willst du dann am Wochenende machen?“
frage ich. Nachdem die Makkaroni mit Käse erhitzt sind, nehme ich sie aus der
Mikrowelle.
Anastasia seufzt, „Im Moment wäre es mir am
liebsten, nur von einem Tag zum nächsten zu denken. Diese ganze Aufregung ist
so … anstrengend“, erklärt sie und hebt eine Augenbraue. Ich weiß. Erst Elena
und jetzt Leila. Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn es einer ihrer
Exfreunde wäre. Ich würde sicherlich verrückt werden. Ich gebe uns beiden etwas
Mac and Cheese auf die Teller und stelle sie auf die Frühstückstheke.
„Das mit Leila tut mir leid“, sage ich verärgert.
„Weshalb?“ fragt sie aufrichtig.
Ich zucke
mit den Schultern. „Es muss ein entsetzlicher Schock für dich gewesen sein, sie
mitten in deinem Apartment stehen zu sehen“, sage ich schaudernd. „Taylor hat
heute Nachmittag noch alles überprüft. Er ist am Boden zerstört“, gebe ich zu.
„Ich mache Taylor keinen Vorwurf. Es ist nicht
sein Fehler“, sagt sie.
„Ich auch nicht. Er hat dich überall gesucht“,
erzähle ich ihr.
„Was, wirklich? Warum?“ fragt sie Ernst.
Oh, Baby! Weißt du, wie aufgebracht ich war? Wie
am Boden zerstört ich war, als ich herausgefunden habe, dass du nicht nach
Hause gefahren bist?
„Ich wusste nicht, wo du bist. Du hast deine
Handtasche und deinen Schlüssel im Wagen gelassen. Ich konnte dich also nicht
mal orten“, sage ich und lasse die Tatsache aus, dass ich versucht habe, Ethan
zu orten. Es besteht kein Grund, sie heute Abend noch weiter aufzureiben. „Wo warst
du, Ana?“ frage ich leise, aber mit tadelndem Unterton. Ich bin fast verrückt
geworden, da ich wusste, dass sie mit Kavanagh unterwegs war, der auch noch ein
Auge auf meine Freundin geworfen hat.
„Ethan und ich sind in eine Bar auf der anderen
Straßenseite gegangen. Damit ich sehe, was weiter passiert“, erklärt sie
schlicht. In diesem Moment realisiere ich, dass sie mich gesehen hat, wie ich
Leila liebevoll in meinen Armen getragen habe. Sie hat gesehen, wie ich mit
Flynn ins Auto gestiegen bin.
„Verstehe“, sage ich.
Ich merke, wie sich ihre Haltung ändert, obwohl
sie versucht ungezwungen zu wirken. Sie ist alles andere als das. „Und was hast
du mit Leila in meiner Wohnung gemacht?“ fragt sie. Ich kenne dich, Anastasia.
Du bist genauso eifersüchtig wie ich. Ich möchte nicht, dass sie aus der Haut
fährt.
„Willst
du das wirklich wissen?“ frage ich. Langsam legt sie ihre Gabel auf den Teller
und schließt vor Schmerz kurz die Augen. Als sie wieder aufblickt, spiegelt
sich die Traurigkeit darin, „Ja“, flüstert sie. Ich bin mir nicht sicher, ob
ich darüber sprechen sollte. Ich weiß, dass ich es bereuen werde. Argh! Ich
stöhne innerlich und presse meine Lippen zusammen. Ich zögere. Vielleicht werde
ich mir dafür später in den Arsch treten. „Wir haben geredet. Ich habe sie
gebadet und ihr etwas von deinen Sachen angezogen“, sage ich mit heiserer
Stimme. Sie ist zu ruhig. Das ist kein gutes Zeichen. Zu schockiert, zu
ausdruckslos. „Ich hoffe, dass macht dir nichts aus, Ana. Sie war völlig
verdreckt.“ Oh Gott! In ihren Augen schwimmen die Tränen. Sie ringt mit ihrer
Würde. Ihr Kiefer ist gespannt und sie sieht aus, als würde sie schluchzen,
wenn sie auch nur einen Muskel bewegt. Verdammt! Verdammt!
„Mehr konnte ich nicht für sie tun, Ana“, flehe
ich sie an. Ich will, dass sie es versteht.
„Empfindest du immer noch etwas für Leila?“ fragt
sie und ist kaum noch bei Verstand.
„Nein! Nein!“ Ich habe das nicht getan, weil ich
Gefühle für sie habe. Ich habe es getan, weil ich mich für ihre derzeitige
Verfassung verantwortlich fühle. Ich wollte es wieder in Ordnung bringen, das,
was ich vielleicht falsch gemacht habe. Meinen Fehler wieder gut machen.
Anastasia dreht sich von mir weg, als könnte sie es nicht ertragen, mich zu
sehen, als würde ich sie anwidern, anekeln.
„Ana, Leila so zu sehen – so am Boden zerstört, so
verwirrt, halb verrückt und wie ich sie sonst nicht kenne …“ Ich weiß nicht,
wie ich meinen Satz beenden soll. „Sie bedeutet mir etwas, aber nur in dem
Sinne, wie einem als normalem Menschen das Wohlergehen eines anderen am Herzen
liegt. Nicht so wie du denkst“, sage ich achselzuckend und erinnere mich daran,
dass sie nur noch der Schatten ihrer Selbst war. Anastasia blickt mich nicht
einmal an. Sie ist zu aufgebracht, zu überwältigt und so distanziert. Ich kann
es nicht ertragen …
„Ana,
sieh mich an“, bettele ich. Aber sie tut es nicht. Ihr Körper ist steif,
gespannt wie ein Bogen, bereit zu schießen. Plötzlich zittert sie heftig. Oh,
nein! Ich tue jedem weh, den ich berühre!
„Ana
…”, ist alles, was ich hervorbringe.
„Was?“
sagt sie scharf. Sie will nicht mit mir sprechen und ist nicht in der Lage,
mich anzusehen.
„Tu’s nicht, Ana. Es hat nichts zu bedeuten. Es
war, als hätte ich mich um ein völlig verstörtes Kind gekümmert, das nicht mehr
aus noch ein weiß“, versuche ich, zu erklären. Vielleicht hat ein Teil von mir
versucht, sich um das Kind in mir zu kümmern, das vernachlässigt wurde. Das zu
tun, wonach ich mich als Kleinkind gesehnt habe.
Sie sagt nichts. Sie sammelt ihren Teller ein,
geht zum Mülleimer und kratzt die Reste herunter.
„Ana?“ frage ich und hoffe, dass sie antwortet.
Sie stellt einfach nur ihren Teller in die Spüle. Sie hat sich wieder von ihrem
Körper verabschiedet.
„Ana,
bitte“, flehe ich sie an, mich anzusehen.
Sie wirbelt herum und die Qual zeichnet sich auf
ihrem Gesicht ab. Sie ist physisch und emotional erschöpft. „Hör auf,
Christian!“ schreit sie mich an, sie will mich nicht mehr hören. „Hör endlich auf
mit diesem verdammten ›Ana, bitte‹!“ tadelt sie mich, als ihr die Tränen über
das Gesicht strömen. Sie schnappt nach Luft, als hätte ich sie soeben
geschlagen. Ihre Brust hebt und senkt sich zügig. Ihr Gesicht ist gebrochen,
ihre Lippen beben und ihre Augen sind von ihren Tränen vernebelt. „Ich habe mir
genug von diesem Mist angehört. Ich gehe jetzt ins Bett. Ich bin müde und kann
nicht mehr klar denken. Und jetzt lass mich in Ruhe“, sagt sie, dreht sich um
und sprintet ins Schlafzimmer. Ihre Reaktion schockiert mich zutiefst. Ich habe
getan, was ich tun musste und ich weiß, dass meine Vergangenheit vollgeladen
ist mit Scheiße und nun kollidiert sie mit allem, na gut, mit der einzigen
Person, die mir wirklich etwas bedeutet und ich verletze sie. Ich will sie
nicht verletzen und nun bin ich hier und versaue es wieder einmal. Ich war
eifersüchtig, als sie mit Kavanagh abgehauen ist. Und sie ist mit ihm nur auf
einen Drink gegangen, nachdem ich sie aus dem Apartment geworfen habe. Könnte
ich damit umgehen, wenn sie Kavanagh nackt gebadet hätte? Ich würde böse,
wahnsinnig werden!
Sie sieht aus, als wäre sie in der letzten halben
Stunde um zehn Jahre gealtert. Das letzte, was ich höre, sind ihre wogenden
Schluchzer auf dem Weg ins Schlafzimmer. Ich muss zu ihr. Ich muss sie dazu bringen, mir zu
vergeben.
(It’s hard to Say I’m Sorry sung by
Boyz 2 Men)
Ich muss
wenigstens, ihren Schmerz stillen. Ich kann nicht zu Leila gehen und versuchen,
mich um sie zu kümmern und die einzige Frau, die ich je geliebt habe, auf diese
Weise brechen. Ich bin der schlechteste Freund überhaupt! Was für eine Art Mann
liebt seine Frau und bringt sie in soll eine missliche Lage?
Zügig gehe ich
ihr hinterher. Ich bleibe stehen, nachdem ich mein Schlafzimmer betreten habe.
Der Klang ihrer schwermütigen Schluchzer, die im Badezimmer widerhallen, ist
qualvoll, fremdartig, nicht als würde sie weinen, eher als würde ihre Seele
zerfetzt werden. Dieser Klang zerreißt mir das Herz. Rasch gehe ich ins
Badezimmer und finde Anastasia zusammengefallen auf dem Boden. Ihr ganzer Körper
zittert und bebt, in alles verzehrender Misere. Ich lasse mich neben ihr auf
den Boden fallen und ziehe sie in meine Arme, „Hey, Ana“, sage ich mit
erstickter Stimme. Ich möchte mit ihr weinen, aber ich muss stark für sie sein.
„Baby, bitte, nicht weinen, Ana bitte“, flehe ich sie an. Ich halte sie wie ein
Kind auf meinem Schoß. Schließlich schlingt sie ihre Arme um meinen Hals und
schluchzt in meine Halsbeuge. Ihre Tränen laufen über meine Brust, kühlen,
während sie mich durchnässen und mich in ihr Elend einhüllen. Ich wiege sie wie
ein Baby, versuche sie zu beruhigen, streichle ihr Haar und ihren Rücken.
„Es tut mir so
leid, Baby …“, flüstere ich wieder. „Es tut mir so leid.“ Ich halte sie noch
fester, versuche den Schmerz, den ich ihr zugefügt habe, von ihr zu nehmen.
Aber wie soll man die Seele eines anderen heilen, wenn man sie selbst zerstört
hat? Sie
weint noch stärker, gießt ihre Misere aus, wäscht ihre Seele mit ihren Tränen.
(Shadow Days
by John Mayer)
Ihr Kummer ist
auch mein Kummer. Selbst wenn ich Leila nur geholfen habe, um meine Schuld zu
begleichen, mich an das Scheibchen Menschlichkeit zu klammern, das ich habe,
habe ich doch nur versucht, das in Ordnung zu bringen, was ich in der
Vergangenheit falsch gemacht habe. Aber für Anastasia war es grausam und egal,
was ich tue, es verletzt sie. Wir sitzen auf dem Boden, halten einander,
verdeckt mit unseren individuellen und gemeinsamen Miseren. Ich halte und wiege
sie, bis sie die letzte Träne vergossen hat. Schließlich stelle ich mich auf
und taumele mit Anastasia in meinen Armen ins Schlafzimmer, trage sie zum Bett
und lege sie darauf. Augenblicklich ziehe ich mich aus, schalte das Licht aus
und lege mich neben sie. Ich ziehe Anastasia eng an mich, in meine Arme, werde
sie nie wieder loslassen. Und wenn es ihr wieder schlecht geht und sie weinen
muss, möchte ich derjenige sein, der sie hält und beruhigt. Wir können unseren
Kummer teilen. Das Licht ist ausgeschaltet, der Kummer und die Sorge wiegen schwer auf
meinem Bewusstsein. Wir fallen in einen unruhigen Schlaf und meine quälenden
Albträume heißen mich willkommen.
(Died in Your Arms Tonight by Cutting
Crew)
1 comment:
Schön das es weiter geht...ich mach mich gleich an's nächste Kapitel.Bin schon soooo Gespannt.
Gruß
Post a Comment