Kapitel II
Du bist die einzige, die ich je wollte
Übersetzer: Janine Heistmann
(Portland Printz Bild)
Ab dem Moment, in
dem ich Anastasia in meinen Armen halte, fühle ich mich geborgen, das klaffende
Loch in meiner Brust existiert nicht länger, meine Seele ist intakt. Ich
erlaube mir unsere Verbindung zu genießen und mich ganz darin zu verlieren. Ich
will, dass sie mir vergibt; Ich werde
sie dazu bringen, mir zu vergeben.
Please Forgive Me
– Bryan Adams
Einige Minuten später hält
Taylor am Bordstein vor dem Haus, auf dem sich der Hubschrauberlandeplatz
befindet, an.
„Komm“, sage ich und schiebe sie
von meinem Schoß herunter, „Wir sind da.“
Sie blickt mich fragend an.
„Hubschrauberlandeplatz – oben auf dem Gebäude“, erkläre
ich ihr und blicke in Richtung des Gebäudes.
Taylor öffnet die Tür des SUV und Anastasia
steigt aus. Ich gehe um das Auto herum und sehe, dass Anastasia errötet. Taylor
und Anastasia müssen über irgendetwas gesprochen haben. Ich weiß, dass Taylor
sie mag und sich ebenso Sorgen um sie gemacht hat. Ich blicke Taylor fragend
an. Er starrt nur gelassen zurück und gibt nichts preis. Jap, er ist ihr
gegenüber auch beschützerisch.
„Um 9?” sage ich zu Taylor.
„Ja, Sir.“ Ich nicke, drehe mich zu
Anastasia und führe sie durch die
Doppeltür in die eindrucksvolle Eingangshalle. Meine Finger sind mit Anastasias
besitzergreifend verschlungen und ich bin auch nicht bereit sie loszulassen.
Wieder einmal werden wir magisch von einander angezogen. Ich weiß, dass sie
dasselbe fühlt, da sie immer wieder zu mir herüberschielt, meine Finger drückt
und dieses Verlangen in ihren Augen hat. Wir erreichen den Aufzug und ich
drücke auf den Rufknopf. Sie späht zu mir herauf und ich lächele sie an. Als
der Aufzug das Erdgeschoss erreicht, öffnen sich die Türen und ich lasse ihre
Hand los, um sie hineinzuschieben.
Als sich die Türen wieder schließen, späht
Anastasia wieder zu mir hinauf. Ich blicke auf sie hinab und meine Augen
leuchten. Hier sind wir also in dieser knisternden Atmosphäre, die die Luft
fast greifbar werden lässt. Sie vibriert, pulsiert, zieht uns wie Magneten an,
zieht uns magisch an.
Anastasia keucht, „Oh“, und sonnt sich in der
Intensität dieser instinktiven, ursprünglichen Anziehungskraft, die zwischen
uns besteht. Sie war nie weg, sie hat sich durch unsere Trennung eher
intensiviert.
„Ich spüre es auch“, sage ich. Meine Augen sind
verschleiert und mein Blick ist intensiv vor Begierde, Sehnsucht und Liebe. All
diese Empfindungen bündeln sich in mir und strahlen durch meinen Körper. Ich
greife nach ihrer Hand und streiche mit meinem Daumen über ihre Fingerknöchel.
Ich weiß, dass sie mich im Moment begehrt, da ihr Körper so auf mich
eingestellt ist. Wir sind wie eine Einheit. Ihre Hände verkrampfen sich und sie
verlagert ihr Gewicht, da sie nach Erlösung sucht. Natürlich beginnt sie auch
wieder auf ihrer Lippe zu kauen und steigert mein Verlangen nach ihr umso mehr.
„Bitte kau nicht auf deiner Lippe, Anastasia“,
flüstere ich.
Sie blickt zu mir auf und lässt von ihrer Lippe
ab. Ihre Augen leuchten vor ursprünglicher Begierde und Sehnsucht. Hier und
jetzt, im Fahrstuhl. Es ist wie damals im Aufzug des Heathman Hotels, derselbe
Blick, dieselbe Anziehungskraft.
„Du weißt, was dann passiert“, murmele ich. Ihre
Lippen teilen sich. Mit dieser Offenbarung hat sie wohl nicht gerechnet. In
ihren Augen beginnt es zu leuchten. Hoffnung? Ich begreife etwas … Sie
ist mir ebenso verfallen, wie ich ihr!
Addicted by Saving Abel
Viel zu schnell kommt der Aufzug oben an. Die
Türen öffnen sich und brechen den Zauber zwischen uns. Nun sind wir auf dem
Dach. Es ist windig und obwohl sie eine Jacke anhat, zittert sie. Ich lege
meinen Arm um sie und ziehe sie schützend an mich. Schnell gehen wir zur Mitte
des Hubschrauberlandeplatzes, wo Charlie Tango steht. Die Rotorblätter drehen
sich bereits langsam.
Mein Pilot Stephan sitzt in Charlie Tango. Er ist
groß, blond, mit kantigem Kinn und dunklem Anzug. Er steigt aus, bückt sich und
läuft auf uns zu. Wir schütteln Hände und ich rufe über den Krach hinweg, den
die Rotorblätter erzeugen.
„Startklar, Sir. Sie gehört ganz ihnen!“
„Alle Checks erledigt?”
„Ja, Sir.”
„Sie holen ihn gegen halb neun ab?“
„Ja, Sir.“
„Taylor wartet unten auf Sie.“
„Danke, Mr. Grey. Ich wünsche einen sicheren Flug
nach Portland. Ma’am”, sagt er und salutiert Anastasia. Ohne ihre Hand
loszulassen, nicke ich, bücke mich und führe sie zur Helikoptertür.
Sobald sie im Helikopter sitzt, schnalle ich sie
fest und ziehe die Riemen straff. Ich schenke ihr ein Lächeln und einen
vielsagenden Blick. Sie sieht einfach hinreißend in diesem Geschirr aus.
„Damit solltest du dich nicht mehr bewegen
können“, murmele ich. „Ich muss schon sagen, das Geschirr gefällt mir wirklich
gut an dir. Lass die Finger von den Instrumenten.“
Sie läuft rot an. Ich fahre mit meinem
Zeigefinger ihre Wange entlang und reiche ihr danach die Kopfhörer. Wie ich es
doch vermisst habe, sie anzufassen. Sie sieht mich böse an. Sie ist fest
verschnürt und kann sich kaum auf ihrem Sitz bewegen.
Ich setze mich auf meinen Sitz und schnalle mich
selbst an. Dann gehe ich die Vorflugkontrollen durch. Ich setze meine Kopfhörer
auf und lege einen Schalter um, sodass der Rotor mit ohrenbetäubendem Lärm zum
Leben erwacht.
Ich drehe mich um und blicke Anastasia an.
„Bereit, Baby?“ sage ich über die Kopfhörer.
„Ja“, lautet ihre Antwort.
Ich grinse sie und das Wissen, dass sie hier bei
mir ist, beruhigt mich sehr. Heute ist die Nacht der Nächte, Baby. Ich werde
dich zurück gewinnen. Ich bin bereit, all meine Karten auf den Tisch zu legen;
aber noch wahre ich mein Pokerface. Heute Nacht werde ich nicht verlieren.
Pokerface by
Lady Gaga
Die Luftverkehrskontrolle meldet sich und gibt
mir Instruktionen. Wir sind startklar.
„Charlie Tango an Tower, verstanden.“ Ich lege
zwei Hebel um und greife nach dem Steuerknüppel. Dann heben wir langsam und
reibungslos in den Abendhimmel Seattles ab.
„Letztes Mal sind wir in die Morgendämmerung
geflogen, Anastasia, jetzt fliegen wir in die Abenddämmerung“, sage ich über
die Kopfhörer. Sie dreht sich zu mir und starrt mich überrascht an. Ich lächele
sie an und sie lächelt schüchtern zurück.
„Und die Abendsonne. Diesmal gibt’s mehr zu
sehen“, sage ich. Als wir letztes Mal von Portland nach Seattle geflogen sind,
war es dunkel. Aber der jetzige Anblick ist einfach spektakulär. Wir fliegen
zwischen den höchsten Gebäuden hindurch und steigen immer höher und höher.
„Das Escala ist dort drüben“, ich zeige in
Richtung meines Gebäudes. „Da drüben siehst du
Boeing und da hinten die Space Needle“, ich zeige
ebenfalls darauf.
Sie reckt ihren Hals, um besser sehen zu können.
„Da war ich noch nie.“
„Wir gehen mal zum Essen hin.“
Sie sieht mich überrascht an. „Christian, wir
haben uns getrennt“, sagt sie. Und das ist wie ein Stoß in mein Herz. Das werde
ich heute Nacht ändern.
„Ich weiß. Trotzdem kann ich dich dort hinbringen
und dich füttern“, sage ich und starre sie an.
Sie schüttelt den Kopf und wird rot. „Es ist
wirklich wunderschön hier oben, danke.“
„Beeindruckend, nicht?“ sage ich. Ich bin jedes
Mal aufs Neue begeistert.
„Ich finde es beindruckend, dass du das kannst“,
sagt sie und überrascht mich mit ihrem Kompliment.
„Schmeicheleien von Ihnen, Miss Steele? Ich bin
ein Mann mit vielen Fähigkeiten“, sage ich.
„Denen bin ich mir voll und ganz bewusst, Mr.
Grey“, antwortet sie und meine Leistengegend zieht sich zusammen.
Ich drehe mich zu ihr und grinse sie an. Langsam
scheint sie sich zu entspannen.
„Wie ist der neue Job?“ frage ich.
„Gut, danke. Interessant.“
„Und dein Chef?“ frage ich.
„Ach, der ist ganz okay“, sagt sie und das bringt
die Alarmglocken in meinem Kopf zum Schrillen. Hat er sich an sie rangemacht?
Sie scheint sich nicht wohlzufühlen.
„Was ist los?“ frage ich.
„Abgesehen von den bekannten Problemen? Nichts.“
Bekannte Probleme? Was für bekannte Probleme?
„Bekannte Probleme?“ frage ich
„Oh, Christian, manchmal bist du wirklich
verdammt schwer von Begriff“, sagt sie.
„Schwer von Begriff? Ich? Vergreifen Sie sich da
nicht ein wenig im Ton, Miss Steele?“
„Meinen Sie?“ gibt sie zurück und bringt mich zum
Lächeln. „Deine spitze Zunge hat mir gefehlt“, sage ich.
Alles, was ich dann höre, ist ein Keuchen. Weiter
sagt sie nichts, sie blickt nur aus dem Fenster und beobachtet, wie die Sonne
wie ein orangefarbener Feuerball am Horizont untergeht. Woran denkst du
Anastasia? Bitte gib mir irgendein Zeichen …
Die Farben der Abenddämmerung über Seattle sind
atemberaubend. Verschiedene Opal-, Pink- und Aquamarintöne vermischen sich
nahtlos. Wir nähern uns dem klaren, kühlen Abendhimmel, und die Lichter von
Portland heißen uns blinkend willkommen. Ich nähere mich dem
Hubschrauberlandeplatz und lande den Helikopter. Wir befinden uns auf einem
Backsteingebäude; der erste Ort, an dem ich Anastasia vor knapp drei Wochen in
meinem Helikopter mitgenommen habe. Es ist ein Beleg dafür, wie sehr sie mich
in dieser kurzen Zeit verändert hat. Sie ist zu einem essentiellen Teil meines
Lebens geworden, zu einer Lebenslinie, ohne die ich nicht leben kann.
I Can’t Live
Without You by Mariah Carey
Für manche mag es vielleicht eine kurze
Zeitspanne sein, aber mir kommt es so vor, als würde ich sie bereits mein
ganzes Leben lang kennen, als ob ein Leben ohne sie gar nicht existiert hat, als
könnte ich mein Leben ohne sie gar nicht sehen. Schließlich schalte ich Charlie
Tango aus, lege die Hebel zurück und der Rotor stoppt. Der Krach verschwindet
und wir können unsere Atemzüge über die Kopfhörer hören.
Ich schnalle mich ab und beuge mich herüber, um
auch sie zu abzuschnallen.
„Hatten Sie einen guten Flug, Miss Steele?“ frage
ich mit sanfter Stimme. Meine Augen glühen beim Anblick meiner Frau. Ja, sie
gehört mir und sie sollte das nicht vergessen!
„Ja, danke, Mr. Grey“, antwortet sie höflich.
„Dann lass uns runtergehen, die Fotos von dem Jungen
anschauen“, sage ich und halte ihr meine Hand hin. Sie ergreift sie und
klettert aus Charlie Tango hinaus.
Old Joe bewacht den Hubschrauberlandeplatz. Als
er uns sieht, kommt er auf uns zu und begrüßt uns mit einem breiten Lächeln.
„Joe“, ich lächele ihn an. Ich lasse Anastasias
Hand los, um seine herzlich zu schütteln. Ich habe ihn schon immer gemocht.
„Halten Sie den Helikopter für Stephan bereit. Er
kommt zwischen acht und neun“, sage ich.
„Wird gemacht, Mr. Grey. Ma’am“, sagt er und
nickt Anastasia zu. „Ihr Wagen wartet unten, Sir. Ach, und der Lift ist kaputt.
Sie müssen leider die Treppe nehmen“, informiert er uns.
„Danke, Joe“, antworte ich.
Ich nehme die Hand meiner Frau und wir gehen zur
Fluchttreppe.
„Bei diesen Schuhen kannst du froh sein, dass es nur drei Stockwerke sind“, murmele ich. Ich möchte nicht, dass sie hinfällt und sich verletzt. Aber ich bin ja da, um sie aufzufangen.
„Gefallen dir die Schuhe nicht?“ fragt sie.
„Doch, sogar sehr, Anastasia”, sage ich und mein
Blick verdunkelt sich. Ich mag es, wenn meine Frau High Heels trägt. Es ist so
unglaublich sexy. Aber sie macht mich in allem an, aber die High Heels … ‚Reiß
dich zusammen, Grey‘ erinnere ich mich selbst. Heute Nacht habe ich eine Mission
und ich darf mich nicht ablenken lassen.
„Komm, aber langsam. Ich möchte nicht riskieren,
dass du hinfällst und dir den Hals brichst.“
Als wir das Gebäude verlassen, wartet der Fahrer
bereits auf uns. Er öffnet die Tür, um uns einsteigen zu lassen. Wir sitzen
schweigend nebeneinander, während wir zur Galerie fahren. Ich bin nervös. Ich
habe ihr gesagt, dass ich sie vermisst habe und sie hat nicht darauf reagiert. Hat
sie jemand anderen gefunden? Ihren Chef? Hatte sie Kontakt zu José seit sie
mich verlassen hat? Sind wir deshalb hier? Hat sie sich für ihn entschieden,
weil ich ihr doch zu abgefuckt bin? Wird sie mir zeigen, dass er besser zu ihr
passt als ich? Ich sterbe hier! ‚Reiß dich zusammen … reiß dich zusammen … reiß
dich zusammen …‘ Dieses Mantra wiederhole ich wieder und wieder in meinem Kopf.
Warum hat sie mir kein Zeichen gegeben, dass sie mich vermisst hat, dass sie
mich will oder dass sie noch Gefühle für mich hat? Liebt sie mich nicht mehr?
Ich liebe sie noch! Ich könnte gar nicht aufhören, sie zu lieben! Ich kann sie
nicht einmal ansehen, weil ich so unglaublich nervös bin.
„José ist nur ein Freund“, murmelt sie
schließlich.
Ich drehe mich zu ihr und starre sie an, nachdem
sie auf meine unausgesprochene Frage geantwortet hat. Mein Blick ist dunkel,
verhalten und argwöhnisch, aber ich gebe nichts preis. ‚Bin ich nur ein Freund
für dich oder mehr, Ana?‘ würde ich sie am liebsten fragen. Aber vielleicht
will ich ihre Antwort gar nicht hören, bis sie alles gehört hat, was ich ihr zu
sagen habe. Ihr Blick ruht auf meinem Mund. Wie gern würde ich dich damit
erobern, Anastasia! Ich rutsche auf meinem Platz hin und her. Ich blicke sie
finster an und ihre großen, blauen Augen, scheinen noch größer geworden zu
sein, nachdem sie Gewicht verloren hat.
„Diese wunderschönen Augen wirken viel zu groß in
deinem Gesicht, Anastasia. Bitte versprich mir, dass du mehr isst“, bitte ich
sie.
„Ja, Christian, das werde ich“, antwortet sie
automatisch.
„Es ist mein Ernst“, sage ich.
„Tatsächlich?“ sagt sie verächtlich. Oh, bitte,
Ana. Fang nicht damit an! Ich bin nicht hier, um mit dir zu streiten. Ich bin
hier, um dich zurückzubekommen!
„Ich will mich nicht mit dir streiten, Anastasia.
Ich möchte dich zurück, und zwar gesund und munter“, bitte ich sie mit sanfter
Stimme.
Sie sieht überrascht aus und ihre Lippen öffnen sich, als sie ausatmet. „Aber es ist alles beim Alten“, antwortet sie.
Sie sieht überrascht aus und ihre Lippen öffnen sich, als sie ausatmet. „Aber es ist alles beim Alten“, antwortet sie.
„Lass uns auf dem Rückweg darüber reden. Wir sind
da.“
Das Auto hält vor der Galerie. Ich steige aus,
gehe um das Auto herum und öffne ihre Tür. Sie steigt ebenfalls aus.
„Warum tust du das?“ fragt sie mit lauter Stimme.
„Was?“ frage ich verblüfft. Was habe ich denn
jetzt gemacht?
„Warum sagst du so etwas und verstummst dann?“
„Anastasia, wir sind da, wo du hinwolltest. Lass
uns hineingehen und hinterher weiterreden. Ich habe keine Lust, das hier auf
der Straße zu diskutieren.“
Sie wird rot und blickt sich um. Schließlich wird
auch ihr klar, dass wir hier nicht ungestört reden können. Sie presst ihre
Lippen aufeinander, als ich sie anstarre.
„Okay“, murmelt sie beleidigt. Ich nehme ihre
Hand und führe sie in das Gebäude.
Das Haus ist ein ehemaliges Lagerhaus mit
Backsteinwänden, dunklem Holzboden und weißer Decke, um dem Gebäude Höhe zu
verleihen. Die Rohrleitungen sind ebenfalls weiß gestrichen. Es ist luftig und
modern und viele Leute schlendern herum, betrachten die Fotografien und nippen
hier und da an ihrem Glas Wein.
„Guten Abend und Herzlich Willkommen zu José
Rodriguez Show“, sagt eine junge Frau, die ganz in schwarz gekleidet ist. Sie hat
braune Haare, trägt einen leuchtend roten Lippenstift, wie ihn nur Nutten
tragen, und große Kreolen. Sie sieht zu Anastasia und dann lungert ihr Blick
auf mir. Schließlich wendet sie ihren Blick wieder Anastasia zu. Sie blinzelt
und wird rot. Was ist los?
„Ach, Sie sind es, Ana. Wir sind schon gespannt
auf ihre Meinung“, sagt sie, reicht ihr eine Broschüre und führt sie zu einem
Tisch, auf dem Getränke und Snacks stehen.
Kennt sie Anastasia?
„Kennst du sie?” frage ich und runzle die Stirn.
Anastasia schüttelt den Kopf und sieht ratlos
aus.
Ich zucke mit den Schultern und lasse mich von
meinem beherrschenden Gedanken ablenken – meine Frau zurück zu gewinnen. „Was
möchtest du trinken?“ frage ich.
„Ein Glas Weißwein, bitte“, sagt sie. Meine Augenbrauen
kräuseln sich, da Wein auf solchen Veranstaltungen meistens schrecklich ist.
Aber ich muss mich heute auf das Wesentliche beschränken und dies ist kein
Thema, worüber ich im Moment streiten möchte.
Ich gehe zur offenen Bar. Vor der Bar stehen bereits
viele Menschen in einer Schlange. Jemand bemerkt, wer ich bin und will sich mir
vorstellen. Er ist ein Mann Mitte dreißig, mit dunklem Haar, grünen Augen, die
viel zu sehr vor oberflächlicher Begeisterung leuchten, so wie bei einem
verrückten Professor. Ich hasse Smalltalk und vor allem heute.
„Verzeihen sie mir meine schlechten Manieren,
aber sind Sie der Christian Grey?“ sagt der Mann mit den grünen Augen, die
irgendwie high aussehen. Er versucht sich seinen Weg zu mir zu bahnen. Er
drängelt sich zu mir, rempelt die anderen Leute aus dem Weg, als wären sie
leblose Hindernisse auf seinem Weg. Ich mustere ihn kurz. Er trägt lässige Businessklamotten, angemessen für
solch einen Event.
„Entschuldigen Sie mich …“ Er rennt die Frau vor
mir um, und „Entschuldigen Sie mich“, sagt er wieder zu dem Mann hinter ihm. Er
rennt noch weitere Leute auf seinem Weg um. Er muss ziemlich aufgeregt sein,
mich zu treffen.
„Ja, der bin ich“, sage ich ein wenig genervt.
Mein Verstand ist bereits voll ausgelastet. Ich bin nicht in der Stimmung, um
Höflichkeiten auszutauschen oder Leute zu treffen, da ich versuche, die Frau,
die ich liebe, zurückzubekommen.
„Ich bin ein großer Fan von Ihnen, Sir!“ sagt er
überschwänglich. „Mein Name ist George … George Dumass“, sagt er und hält mir
seine verschwitzte Hand hin. Widerstrebend ergreife ich sie.
„Freut mich, sie kennenzulernen, Mr. Dumass“,
sage ich ausdruckslos.
„Wie Sie, arbeite ich auch in der Branche der
erneuerbaren Energie, Sir!“ strömt es aus ihm hervor und er stürzt sich in ein
Gespräch, von dem ich nicht wusste, dass wir es begonnen haben. Auf seinem
Gesicht zeichnet sich ein breites Lächeln ab. „Hier, meine Karte. Rufen Sie
mich an, wenn sie meine Unterstützung brauchen“, sagt er. Welche Art
Unterstützung sollte ich von einem Fremden annehmen?
Ich sehe den Mann ausdrucklos an, „Danke, aber es
gibt Dienstwege, um sich für eine Stelle in meiner Firma zu bewerben. Das mache
ich nicht in meiner Freizeit, Mr. Dumass“, sage ich.
„Oh nein. Ich suche nicht nach einer Stelle. Ich
bin an einer Teilhaberschaft interessiert”, sagt er und ich verenge meine
Augen.
„Teilhaberschaft?” sage ich ungläubig. „Mr.
Dummarsch, ich teile nicht, habe ich nie und werde ich auch nicht!”
„Oh, es heißt Dumass! Mein Name ist Dumass.“
„Also gut, Dumass. Ich bin nicht interessiert.
Sie beanspruchen gerade meine freie Zeit, die ich mit meiner reizenden Freundin
verbringe. Ich bin nicht aus geschäftlichen Gründen hier. Und wenn es um andere
Geschäfte geht, nutzen Sie mit den entsprechenden Dienstweg!“ sage ich drohend
und verliere langsam die Geduld.
„Aber Sir, Sie könnten vielleicht Interesse an
dem haben, was ich Ihnen anbiete!“ sagt er hartnäckig.
„Dummarsch! Lassen Sie mich eins klarstellen”,
sage ich.
„Das hier ist meine Freizeit, die ich mit meiner
reizenden Freundin verbringe“, sage ich und fühle ihren Blick auf mir. Ich
drehe mich zu ihr um und unsere Blicke treffen sich. Für einen Moment sind wir
beide regungslos, unfähig uns zu bewegen, unfähig zu funktionieren. Mein Blick
bohrt sich in ihren, heiß und glimmend. Er verliert sich in ihr, in der Liebe,
die ich für sie empfinde. Ihr Anblick lässt mich schneller atmen und erinnert
mich, warum ich hier bin. Ich habe eine Mission: Sie zurückzubekommen. Sie
redet mit José bis die Dame mit dem sehr kurzen Haar, den großen Kreolen, und
dem leuchtend roten Lippenstift kommt
und ihn wegholt. Und dann küsst er meine Frau! Zwar auf die Wangen, aber
nichtsdestotrotz, küsst er sie!
I’m Jealous by
Shania Twain
Ich kann mich kaum beherrschen und die
beschissene Schlange bewegt sich kein bisschen! Der Wein kann gar nicht so gut
sein! Was haben die Leute nur immer mit kostenlosem Alkohol? Mr. Dummarsch mit
den schweißigen Händen hängt mir immer noch auf der Pelle.
„Mr. Grey, Sie werden es nicht bereuen!“
Ich drehe mich gereizt zu ihm um und werfe ihm
einen eisigen Leg-dich-jetzt-lieber-nicht-mit-mir-an-Blick zu!
„Warum verdammt nochmal, verstehen Sie es nicht,
wenn ich sage, dass ich in meiner freien Zeit mit meiner Freundin hier bin!
Gefällt es Ihnen, wenn sie in ihrer freien Zeit gestört werden, Dummarsch?“
„Nein, natürlich nicht. Ich stelle sogar mein
Handy aus …“ sagt er, aber ich unterbreche ihn.
„Na prima! Auch für den unwahrscheinlichen Fall,
dass Sie mich noch einmal irgendwo anders mit meiner Freundin treffen … stören
sie mich nicht noch einmal. Nie wieder! Sie werden es bereuen“, sage ich mit
ruhiger, aber bedrohlicher Stimme.
Der Mann hinter mir dreht sich zu Mr. Schweißhand
um und sagt, „Stellen Sie sich in die Reihe, Mann! Lassen Sie den Mann einen
ruhigen Tag mit seiner Frau verbringen und hören Sie auf, die Schlange zu
stören!“ Mr. Schweißhand gibt verärgert auf und geht auf seinen Platz zurück.
Der Kommentar eines anderen Fremden ist mir im Moment so willkommen, wie kaltes
Wasser an einem heißen Tag. Der Mann nickt mir entschuldigend zu. Das Verhalten
von Mr. Dummarsch scheint auch ihm auf die Nerven zu gehen. Und die Tatsache,
dass jemand anders Anastasia als meine Frau betitelt hat, ist ein gutes Omen.
Ich werde mich an jedes Fünkchen Hoffnung klammern.
Schlussendlich bin ich dran.
„Welche Weinsorten haben Sie?“ frage ich den
Barkeeper ungeduldig.
„Chardonnay und Sauvignon Blanc, Sir“, sagt der
Barkeeper und zeigt mir zwei No-Name-Produkte. Ich ziehe ein Gesicht.
„Dann nehme ich zwei Gläser Sauvignon Blanc“,
sage ich.
Als ich mich schließlich auf den Weg zurück zu
Anastasia mache, sieht sie sich gerade ein Foto von einem See an. Auf dem Bild
ist es früher Abend und die rosafarbenen Wolken spiegeln sich auf der glatten
Oberfläche des Wassers wieder. Es ist sehr friedlich und reflektiert die
natürliche Schönheit der Landschaft. Als ich ihr näher komme, atmet sie tief
ein und schluckt, als würde sie sich sammeln. Ich reiche ihr ein Glas.
„Entspricht er deinen Erwartungen?“ fragt sie nun
mit normaler Stimme.
Spricht sie von den Porträts?
„Der Wein“, sagt sie, als sie meinen fragenden
Blick sieht.
„Nein. Aber das ist bei solchen Anlässen nur
selten der Fall. Der Junge hat Talent, findest du nicht?“ frage ich und
bewundere das Foto.
„Glaubst du, ich hätte ihn sonst gebeten,
Porträts von dir zu machen?“ sagt sie. Sie ist stolz auf ihren Freund. Mit
mürrischem Blick wende ich mich zu ihr. Die Eifersucht steigt in mir auf.
„Christian Grey?“ sagt der Fotograf der Portland
Printz. „Darf ich ein Foto von Ihnen machen, Sir?“
„Gern“, sage ich und verberge meinen mürrischen
Gesichtsausdruck. Ich muss meine ruhige Fassade waren, obwohl in mir ein Tornado
wütet. Anastasia macht einen Schritt zurück, aber ich greife nach ihrer Hand
und ziehe sie an meine Seite. Sie ist meine Freundin. Und dass gehört keinen Falls der Vergangenheit an.
Solange ich meinen Teil dazu beitragen kann, wird es nie der Vergangenheit
angehören! Der Fotograf blickt uns an und sieht ziemlich überrascht aus.
„Danke, Mr. Grey“, sagt er und schießt ein paar
Fotos. „Miss …?“ fragt er.
„Steele“, antwortet sie.
Die ganze verdammte Welt soll wissen, dass sie
mir gehört! Sie ist vom Markt, genau wie ich!
„Danke, Miss Steele“, sagt der Fotograf und läuft
hastig davon.
„Ich habe im Internet nach Bildern von dir in
Begleitung gesucht und keine gefunden. Deshalb hat Kate wohl gedacht, du wärst
schwul“, sagt Anastasia und mein Mund verzieht sich zu einem Lächeln.
„Das erklärt deine dreiste Frage. Nein, ich bin
nie in Begleitung, Anastasia, nur mit dir. Aber das weißt du ja“, sage ich und
ich will, dass sie merkt, wie ernst es mir mit ihr ist.
„Dann hast du deine …“ sagt sie und blickt nervös
im Raum herum, um sicherzugehen, dass niemand zuhört, „… Subs niemals
ausgeführt?“
„Manchmal war ich mit ihnen unterwegs, jedoch nie
offiziell. Nur zum Shoppen“, sage ich und zucke mit den Achseln. Meine Augen
ruhen nur auf ihr, als ob sie jeden Moment davonlaufen würde und sich alles in
einen Albtraum verwandelt, nach dem ich ohne sie aufwache.
Ihre Lippen öffnen sich leicht, als sie versteht,
dass sie wirklich die einzige ist. Die einzige Ausnahme bei all meinen Regeln.
„Nur mit dir, Anastasia“, flüstere ich.
You’re Still The One by Shania Twain
Sie läuft rot an und blickt auf ihre Finger hinab. Ich wünschte, sie würde verstehen, wie tief sie bereits in meiner Seele verwurzelt ist! Ich würde ihr es so gerne sagen, aber ich will es nicht versauen! Ich war noch nie der Herzchen und Blümchen Typ. Als sie wieder zu mir auf blickt, sage ich, „Dein Freund scheint eher auf Landschaften, als auf Porträts spezialisiert
zu sein. Lass uns seine Bilder anschauen“, und
strecke ihr meine Hand entgegen. Sie ergreift sie und ich schließe kurz meine
Augen, um unsere Verbindung zu genießen.
Wir schlendern durch die Ausstellung, sehen uns
einige Bilder an und ein Pärchen nickt Anastasia breit lächelnd zu, als ob sie
auf einem sonntäglichen Kirchenausflug wären und Anastasia ihr Chormädchen ist,
die sie so gut kennen! Ich glaube nicht, dass es wegen mir ist, weil sie sie so
anstarren! Was ist los?
Dann kommt ein weiterer junger Mann und starrt
sie unverfroren an. Sein Mund steht weit offen und er beäugt MEINE
Frau!
Als wir um die Ecke gehen, sehen wir den Grund
dafür, dass sie von allen angestarrt wird. Dort hängen SIEBEN riesige Porträts
von Anastasia an der Wand. Sie sind gewaltig!
Als jegliche Farbe aus ihrem Gesicht weicht,
kommt mein Blut in Wallung und ich gehe fast in die Luft! Es sind riesige
Bilder von Anastasia – lachend, ernst, schmollend, mürrisch, amüsiert,
ausgelassen und stinksauer. Aus irgendeinem Grund kommen mir diese Bilder noch
intimer vor, als wenn es Nacktaufnahmen wären. Es sind Nahaufnahmen und ganz in
Schwarz/Weiß gehalten. Ich sehe mir jedes Bild genauestens an. Und in diesem
Moment bemerke ich, dass ich sie noch nie so gesehen habe – so entspannt, ohne
Sorgen, die sich in ihren Augen wiederspiegeln. Und die Tatsache, dass der
Fotograf diese Momente eigenfangen hat und auch derjenige war, der diese
einfachen und doch glücklichen Momente mit ihr erlebt hat, macht mich
eifersüchtig. Ich bin neidisch auf diesen Scheißkerl. Ich bin von diesen
Bildern verzaubert … verzaubert von ihrer schlichten Magie, ihrer Unschuld und
der Gelassenheit, die sie versprüht. Sie ist atemberaubend!
„Ich scheine nicht der einzige zu sein“, murmele
ich und realisiere erst jetzt, dass auch der Fotograf in sie verliebt ist. Mein
Mund wird zu einer schmalen Linie. Bei meiner Arbeit macht mir ein kleiner
Konkurrenzkampf nichts aus, aber ich möchte nicht, dass irgendjemand mit mir in
Konkurrenz steht, wenn es um meine Freundin geht. Da sie ja jeder erkennt und
alle Anwesenden von ihr verzaubert sind, möchte ich nicht, dass irgendjemand
diese Bilder kauft und sie in deren Freizeit begafft.
„Entschuldige mich“, sage ich zu Anastasia,
starre sie eindringlich an, um ihr zu bedeuten, genau hier auf mich zu warten. Ich
gehe zu Miss sehr kurzes Haar, große Kreolen und leuchtend roter Lippenstift
zurück.
„Ich möchte die Fotos von Anastasia kaufen!“ sage
ich bestimmt.
„Großartig!“ sagt sie strahlend. „Welches?“
Ich starre sie ungläubig an. „Alle!“
„Wirklich?“ fragt sie noch strahlender. „Ich
meine, natürlich … kein Problem. Jedes Bild kostet …“ sagt sie, aber ich
unterbreche sie.
„Es ist mir egal wie viel sie kosten. Ich werde
all sieben Porträts von Anastasia kaufen!“ sage ich, hole meine Kreditkarte
hervor und gebe sie ihr.
„Natürlich, Sir!“ sagt sie immer noch strahlend.
Nachdem sie meine Kreditkarte durchgezogen hat, reicht sie mir den Beleg zum
Unterschreiben und lässt sich die Lieferanschrift geben.
„Ich möchte, dass sie Mr. Rodriguez sagen, dass
er keine weiteren Kopien dieser Bilder machen soll!“
„Oh, aber ihm gehören die Negative. Sie kaufen
nur die Abzüge, Mr. Grey“, sagt sie.
„Also gut“, sage ich genervt, „dann kaufe ich
wohl auch noch die Negative. Ich brauche eine schriftliche Erklärung von ihm, dass
er keine weiteren Abzüge von Anastasias Bildern macht. Und sollte er noch
andere Bilder oder Negative haben, darf er diese ohne ihr schriftliches
Einverständnis nicht drucken oder ausstellen. Habe ich mich klar genug
ausgedrückt?“ sage ich mit bedrohlicher Stimme.
„Sehr klar, Sir!“ sagt sie ganz nervös. Problem
gelöst. Schließlich drehe ich mich um, um zu Anastasia zurück zu gehen und was
sehe ich? Einen blonden Mann, der meine Frau angafft und mit ihr spricht! Kann
ein Mann seiner Frau nicht einmal den Rücken zuwenden, ohne dass ein anderer
Mann sich sofort an sie ranmacht? Schnell gehe ich zu ihr zurück und lege meine
Hand besitzergreifend auf ihren Arm. Ich blicke über sie hinweg zu dem Mann mit
der blonden Mähne und stecke mein Territorium ab.
„Sie sind ein Glückspilz“, sagt die blonde Mähne
und grinst mich an. Ich starre mit kaltem Blick zurück.
„Der bin ich“, murmele ich finster und ziehe
meine Frau an meine Seite. Mein Arm ist besitzergreifend um ihre Schulter
geschlungen. Ich verdeutliche allen Männern, die sich ihr nähern sollten, dass
sie erst an mir vorbei müssen.
Die blonde Mähne versteht, worauf ich hinaus will
und geht.
„Hast du eins der Fotos gekauft?“ fragt
Anastasia.
„Eins?“ schnaube ich und nehme meine Augen keine
Sekunde von ihr.
„Mehr als eins?“ fragt sie ungläubig.
Ich verdrehe meine Augen. „Alle, Anastasia. Ich
will nicht, dass irgendein Fremder dich bei sich zuhause nach Herzenslust
angaffen kann“, sage ich. Aber das ist mein geringstes Problem. Diese Fotos
sind sehr intim und persönlich.
„Das darfst also nur du?“ spottet sie.
Ich starre sie an und bin wieder einmal völlig
überrascht von meiner kühnen Freundin (im Präsens). Dennoch bin ich amüsiert,
da sie in Spiellaune zu sein scheint.
„Offen gestanden, ja“, antworte ich.
„Perversling“, formt sie mit ihren Lippen und
kaut danach auch noch auf ihrer Unterlippe, sodass mir der Mund weit offen
steht. Nachdenklich streiche ich mir über mein Kinn. Was ich nur gerne mit dir
machen würde, wenn du so mit mir sprichst und auf dieser Lippe kaust.
„Dem habe ich nichts entgegenzusetzen,
Anastasia.“ Ich schüttele meinen Kopf und meine Stimmung bessert sich. Ihr
Ausdruck wird noch spielerischer. Sie leckt über ihre Unterlippe und sagt
verschwörerisch, „Ich würde mich gern weiter mit Ihnen über das Thema
unterhalten, Mr. Grey, aber leider habe ich eine Verschwiegenheitsvereinbarung
unterschrieben.“
Ich seufze und blicke sie an, während sich meine
Augen verdunkeln. Hast du überhaupt eine Ahnung, was du mir mit deinem
zügellosen Mundwerk antust? Wie du alle möglichen Emotionen in mir aufbringst
und mich antörnst? „Was ich jetzt am liebsten mit deiner spitzen Zunge
anstellen würde“, murmele ich. Ich kann sie auf verschiedene Arten einsetzen,
Baby.
Sie keucht, da sie meine Andeutung verstanden
hat.
„Was fällt dir ein?“ sagt sie und klingt
schockiert.
Ich grinse sie an und bin sehr vergnügt. Aber
dann wandert mein Blick zurück zu den Bildern und ich runzle die Stirn. Ich
wünschte, ich wäre derjenige, der sie so glücklich und zufrieden gemacht hat
wie auf den Bildern.
„Auf den Fotos siehst du so entspannt aus,
Anastasia. Ich kenne das eher selten von dir“, sage ich fast schon traurig.
Sie läuft rot an und blickt instinktiv auf ihre
Finger hinab. Ich möchte nicht, dass sie sich vor mir schämt. Ich drücke ihren
Kopf nach hinten und bei unserem Hautkontakt saugt sie die Luft tief ein.
„Ich möchte, dass du bei mir auch so entspannt
bist“, flüstere ich. Es ist eher ein Versprechen meinerseits. Ich werde
sicherstellen, dass sie mit mir genauso entspannt und glücklich ist.
„Dann solltest du aufhören, mir Angst zu machen”,
herrscht sie mich an.
„Und du solltest lernen, mir zu sagen, wie du
dich fühlst“, fauche ich mit loderndem Blick zurück. Ich versuche ihr gegenüber
immer ehrlich zu sein, aber manchmal ist sie einfach so verschlossen. Anastasia
sieht mich an, atmet tief ein und wappnet sich dafür, mir Einblick in ihre
Gedanken zu geben.
„Christian, du wolltest mich als Sub. Und genau
da liegt das Problem. Das geht bereits aus der Definition hervor. Du hast sie
mir sogar gemailt“, sagt sie, hält inne und versucht sich an meinen exakten
Wortlaut zu erinnern. „Ich glaube die Synonyme waren, und ich zitiere, fügsam,
nachgiebig, gefügig, passiv, folgsam, gleichgültig, geduldig, gelehrig,
unterwürfig.‘ Ich durfte dich nicht ansehen und nicht mit dir sprechen, außer
du hast mir die Erlaubnis dafür gegeben. Was erwartest du?“ zischt sie.
Ich blinzele, als ich ihre Einschätzung der
Situation höre. Mein Hauptproblem, wenn es um diese Beziehung geht, ist dass
ich zu Beginn eine vertragliche Beziehung wollte und mich dann verliebt habe.
Aber es war nun einmal die einzige Art von Beziehung, an der ich interessiert
war. Aber schon in dem Moment, in dem ich Anastasia kennengerlernt habe, wusste
ich, dass sie anders ist. Aber ich wusste nicht, dass ich mich dermaßen in sie
verknallen würde. Es gab bereits andere Subs, die mehr wollten und entweder
habe ich die Beziehung beendet oder sie, da sie jemand anderen gefunden hatten.
Ich habe nie länger darüber nachgedacht, da ich einfach keine Gefühle für sie
hatte. Aber diese Frau hier vor mir, dieses unschuldige Mädchen, zieht mich zur
Rechenschaft und geht in direkte Konfrontation mit mir. Es ist erfrischend,
sexy, erschreckend und treibt mich gleichzeitig in den Wahnsinn. Sie ist kühn
und leider hat sie Recht. Als sie weiter spricht, werden die Falten auf meiner
Stirn noch tiefer.
„Es ist verdammt verwirrend, mit dir zusammen zu
sein. Einerseits möchtest du nicht, dass ich dir widerspreche, andererseits
magst du meine spitze Zunge. Du erwartest Gehorsam, nur nicht dann, wenn du ihn
nicht willst, damit du mich bestrafen kannst. Ich weiß nie, woran ich mit dir
bin.“
Meine Augen verengen sich. Sie spricht und sie
hat mir all das offenbart, was ihr auf der Seele liegt. Sie redet endlich mit
mir! Aber ich möchte nicht, dass damit unsere Trennung zementiert und ein
Grabstein auf unserer Beziehung, die wir haben könnten – nein, die wir haben
werden, errichtet wird. „Wie immer gut argumentiert, Miss Steele“, sage ich mit
kühler Stimme. „Komm, lass uns etwas essen gehen.“
Sie hat all ihre Karten offengelegt und nun bin
ich an der Reihe.
„Aber wir sind doch erst eine halbe Stunde hier“,
protestiert sie.
„Du hast die Fotos gesehen und mit dem Jungen
gesprochen“, gebe ich zurück.
„Sein Name ist José“, tadelt sie mich.
Gut! „Du hast mit José gesprochen – mit dem Mann,
der neulich, als du betrunken warst, versucht hat, dir gegen deinen Willen die
Zunge in den Mund zu schieben“, knurre ich.
„Aber er hat mich nie geschlagen“, faucht sie
mich an und verletzt damit meine Gefühle. Ich blicke sie finster an und der
Zorn sprüht quasi aus mir heraus. So sieht‘s aus! Wir werden jetzt gehen, auch
wenn ich sie über meine Schulter tragen und ihr einen kräftigen Schlag auf ihr
reizendes Hinterteil vor all den Leuten und der Presse geben muss! „Das ist ein
Schlag unter die Gürtellinie, Anastasia“, flüstere ich bedrohlich.
Sie wird rot. Ich bin völlig verzweifelt und
fahre mir mit meinen Händen durchs Haar. Ich koche vor Wut und kann mich nur
schwer beherrschen. So ist es nun einmal mit Anastasia … Ich weiß nie, was sie
sagen oder tun wird. Nur sie kann mich so wütend machen und am liebsten würde
ich sie gleichzeitig bestrafen und lieben. Ich bin voller Emotionen, die ich
vorher noch nie verspürt habe. Ich bin ihr gegenüber so dermaßen
besitzergreifend und im Moment würde ich sie am liebsten küssen, ficken, lieben
und versohlen, und das alles zur selben Zeit. Und trotzdem würde nichts davon
diese überströmenden Gefühle in mir sättigen!
Sie starrt mich an, wie niemand es sonst kann.
„Wir gehen jetzt etwas essen. Du wirst vor meinen
Augen immer weniger. Verabschiede dich von dem Jungen!“ sage ich.
„Bitte, können wir nicht noch ein bisschen
bleiben?“ fragt sie.
„Nein. Geh jetzt und verabschiede dich von ihm!“
betone ich. Meine Toleranzgrenze ist schon lange überschritten.
Sie starrt mich an. Durch ihre Wut ist sie
puterrot im Gesicht. Ihre Augen verengen sich und wenn es auch nur irgendwie
möglich wäre, würde ihr Dampf aus den Ohren steigen! Schließlich wendet sie
ihren Blick von mir ab und hält Ausschau nach dem Jungen. Als sie ihn endlich
erblickt, geht sie zu ihm und verabschiedet sich.
Um den Fotografen haben sich einige Mädchen
versammelt. Ich stehe auf der Stelle, wie gelähmt und die Ungeduld verzehrt
mich. Ich kann nicht mehr länger warten. Heute Nacht werde ich alle Karten auf
den Tisch legen und Gott weiß, dass ich dich heute zurückgewinnen werde,
Anastasia Steele! Ich erwische mich dabei, wie ich nervös mit dem Fuß auf den
Boden klopfe. Ana ist ein ganzes Stück von mir entfernt, aber mein Blick
verlässt sie keine Sekunde, ich blinzele nicht einmal.
Der verdammte Fotograf zieht meine Frau in eine
ungestüme Umarmung und wirbelt sie herum! Das Blut schießt mir in den Kopf,
meine Augen werden dunkel und die Wut, die ich so mühsam gezügelt habe, ist nun
kurz vorm Überschwappen. Und mit einer berechnenden Bewegung schlingt
Anastasia, meine Anastasia, die Arme um den Hals des Scheißkerls, der
überglücklich ist, in ihren Armen zu liegen, da er ebenfalls in sie verliebt
ist! Ich bin so verdammt wütend! Wenn ich Anastasia wie ein Höhlenmensch an
ihren Haaren ziehen muss, werde ich das tun. Mein Blick verdüstert sich und die
Eifersucht bringt mich noch um! Was tut sie mir an? Anastasia Steele, du wirst
mich noch umbringen! Hast du überhaupt eine Ahnung, wie sehr ich in dich
verliebt bin! Weißt du eigentlich wie weit ich gehen würde, um dich in meinem
Leben zu halten? Hast du eine Vorstellung davon in welcher Hölle ich mich in
der letzten Woche in deiner Abwesenheit befunden habe? Und jetzt zeigst du
einem Mann deine Zuneigung, bei dem ich doch weiß, dass du nichts für ihn
empfindest, und das nur um mich eifersüchtig zu machen! Ich bin im Moment
stinksauer auf dich und ich will einfach am nächstmöglichen Ort mit etwas
Privatsphäre meinen Anspruch dir gegenüber deutlich machen!
Langsam gehe ich auf die beiden zu. Sie liegt
immer noch in seinen Armen und redet über irgendwelches dumme Zeug mit ihm.
Mann, wenn du nicht gleich die Finger von ihr nimmst, werde ich sie dir
abhacken! Als ich nur noch wenige Schritte von ihnen entfernt bin, zieht der
Scheißkerl sie noch enger an sich. Ich gehe schneller und erreiche Anastasia.
Ich schäume vor Wut. Ich blicke sie finster an und greife nach ihrem
Ellenbogen.
Der Depp lässt endlich von ihr ab und sagt, „Melde
dich, Ana. Ach, Mr. Grey, guten Abend“, sagt er, als ob er gerade erst bemerkt
hat, dass ich hier bin. Ja, du solltest dich besser an Christian Grey erinnern,
denn er wird die Rolle von Anastasias Freund einnehmen. Nimm deine Finger von
ihr, verdammt nochmal!
Ich kann mich kaum beherrschen und stoße mit
eisig freundlicher Stimme hervor, „Mr. Rodriguez, sehr beeindruckend. Tut mir leid,
dass wir nicht länger bleiben können, aber wir müssen zurück nach Seattle.
Anastasia?“ sage ich und betone das Wort ‚Wir‘ ganz besonders, stelle uns als
Paar dar. Ich nehme ihre Hand.
„Bye, José. Nochmal Gratulation“, sagt sie und
küsst ihn auf die Wange. Innerlich explodiere ich wie ein Vulkan. Mehr ertrage
ich nicht. Ich ergreife ihre Hand und ziehe sie aus dem Gebäude. Alle möglichen
Hormone strömen durch meinen Körper und mein Gehirn. Wut, Eifersucht und
Frustration sind auf ihrem Höchstlevel angekommen. Wegen all dieser Emotionen
schwitze ich wie ein Sünder in der Kirche!
Als ich vor dem Gebäude ankomme, blicke ich die
Straße auf und ab und gehe schließlich nach links. Abrupt ziehe ich sie in eine
Nebengasse und drücke sie gegen eine Wand. Die Gefühle in mir explodieren. Ich
ertrage es nicht, dass die Frau, in die ich verliebt bin, gerade noch in den
Armen eines anderen lag, umarmend und küssend, und ich habe sie noch nicht
einmal geküsst. Ich umfasse ihr Gesicht mit meinen Händen und zwinge Anastasia dazu,
mir in meine leidenschaftlichen, resoluten Augen zu blicken.
Principles Of
Lust by Enigma
Sie keucht, als sie merkt, mit welcher
Leidenschaft ich sie küsse. Ich dränge meinen Mund auf ihren. Ich küsse sie
heftig, hemmungslos, sodass unsere Zähne gegeneinander stoßen. Plötzlich ist
meine Zunge in ihrem Mund und sucht sich energisch ihren Weg.
Das Verlangen in uns explodiert wie der Vulkan
Vesuv und zu meiner immensen Erleichterung küsst sie mich zurück. Ihre
Leidenschaft steht meiner in nichts nach. Ihre Hände sind in meinen Haaren,
ziehen hart daran und sie versucht unsere Körper zu vereinen, als ob unsere
Trennung unvergleichlichen Hunger … auf
mich …verursacht hat! Ich stöhne tief in meiner Kehle und dieses Stöhnen
hallt durch meinen gesamten Körper. Schnell bahnen sich meine Hände ihren Weg
zu ihrem Oberschenkel. Meine Finger graben sich durch ihr sexy pflaumenblaues
Kleid in ihr zartes Fleisch.
Meine Furcht, mein Verlangen und meine Sehnsucht
nach ihr, meine Angst, die diese unbekannte Emotion, die Eifersucht, gezüchtet
hat, und diese Verlustangst spiegeln sich in meinem Kuss wider. Der Kuss
verbindet uns und in diesem Moment realisiere ich, dass wir beide auf dieselbe
Weise fühlen.
Ich bringe all meine Gefühle in diesem Kuss zum
Ausdruck und küsse sie lang und heftig, bis ich völlig außer Atem bin. Meine
Augen glühen wie Kohlen. Meine Begierde ist riesig und die Lust in meinem
Körper, in meinem Blut glüht heiß in mir. Ich bin ein Mann in Flammen!
Ring Of Fire
sung by Joaquin Phoenix
Wir sind beide atemlos und ich mache ihr meine
Liebeserklärung.
„Du. Gehörst. Mir“, knurre ich und betone dabei
jedes einzelne Wort, lasse meine Liebe für sie darin wiederklingen. Wie soll
ich ihr erklären, dass es für mich nichts Wertvolleres gibt, als sie in meinem
Leben, in meinen Armen, in meinem Herzen zu haben? Wie, Ana? Sag es mir!
Ich trete einen Schritt zurück, stütze mich mit
meinen Händen auf meinen Knien ab und versuche wieder zu Atem zu kommen. Ich
fühle mich, als wäre ich gerade einen Marathon gelaufen, und das bin ich … über
Tage habe ich versucht, sie zu bekommen. Habe versucht ihr Zeit und Raum zu
geben … Habe ich versucht ihr Zeit zum Nachdenken zu geben … Habe ich ihr die
Möglichkeit gegeben, ihre Gefühle zu sortieren. Aber ich bin ausgebrannt! Ich
bin ein verliebter Mann … Ich kann einfach nicht ohne sie leben! Selbst wenn
sie einen anderen Mann als Zeichen der Freundschaft umarmt oder mich versucht
zu provozieren – tja … die Gründe zählen nicht, denn sie sind unbedeutend. Ich
bin schlicht und einfach leidenschaftlich in sie verliebt und sofort
eifersüchtig, wenn sie irgendeinem anderen Typen ihre Aufmerksamkeit schenkt!
„Um Himmels Willen, Ana“, sage ich flehend.
Sie lehnt sich keuchend gegen die Wand und
versucht ihren Körper wieder unter Kontrolle zu bekommen und sich zu
fokussieren.
„Es tut mir leid“, flüstert sie atemlos.
„Das sollte es auch“, sage ich und plötzlich
bricht meine Stimme, da diese überwältigenden Gefühle einen Kloß in meinem Hals
verursacht haben. „Mir war klar, was du gemacht hast. Willst du den Fotografen,
Anastasia? Immerhin empfindet er etwas für dich“, sage ich und bete
gleichzeitig, ‚Bitte sag nein, bitte sag nein, bitte sag nein!‘ In dem Moment,
als ich die Bilder von Anastasia auf der Ausstellung gesehen habe, lächelnd,
schmollend, wütend, Grimassen schneidend … ich war zuvor noch nie so
eifersüchtig. Jemand hat sie auf eine Art und Weise erlebt, die ich an ihr noch
nie zuvor gesehen habe. Und dann musste ich feststellen, dass der Fotograf auch
in sie verliebt ist. Ich kann es einfach nicht ertragen, sie mit jemand anderem
zu sehen, sei es nun real oder imaginär.
Sie errötet, als sie meine inbrünstige Frage hört
und schüttelt ihren Kopf.
„Nein“, sagt sie und ich bin unglaublich
erleichtert. „Er ist nur ein Freund.“
Erleichtert seufze ich auf.
„Ich habe immer versucht, extremen Emotionen aus
dem Weg zu gehen“, sage ich und blicke ihr in die Augen, meine Stimme bricht.
„Aber du … du weckst Gefühle in mir, die mir völlig fremd sind. Es ist sehr …“,
sage ich und runzele die Stirn und suche nach dem richtigen Wort, „…
verwirrend.“ Aber es ist mehr als das. Mein Herz, meine Seele und mein
Schicksal liegen in ihren Händen und sie
kann damit machen, was sie will. Entweder wird sie sie behalten und von sich
stoßen oder wegwerfen. Ich war noch nie in meinem Leben so verletzlich! Nicht
in so vielen Jahren. Ich hatte bereits viele Frauen, aber ich war nie grausam
oder gemein zu ihnen. Ich habe nicht mit ihren Gefühlen gespielt. Und nun
könnte alles, was Anastasia macht, für mein Glück oder mein Schicksal sorgen!
So sehr liebe ich sie. Anastasia ist der einzige Mensch auf der Welt, der dafür
sorgen kann, dass sich mein Herz bereits bei einem missachtenden Blick schmerzhaft
zusammenzieht … So viel Macht hat sie über mich; es erschreckt mich zu Tode.
Mein Leben und mein Schicksal liegen in ihren kostbaren Händen!
„Ich habe gern alles im Griff, Ana, doch bei dir“
– ich stehe wieder aufrecht und blicke sie intensiv an, „löst sich alles in
Luft auf“, sage ich und wedele flüchtig mit der Hand durch die Luft, um mir
anschließend damit durch die Haare zu streichen. Ich atme tief ein und greife
nach ihrer Hand.
„Komm, lass uns reden. Und du musst etwas essen.“
Ich bin bereit all meine Karten auf den Tisch zu
legen und ich werde diesen Kampf gewinnen, ich werde meine Frau zurückgewinnen.
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