Abendessen mit der Bitch
Kapitel XXV
Übersetzer: Janine Heistmann
Mein
Blackberry klingelt. Es ist meine Assistentin Andrea.
„Grey“,
antworte ich knapp.
„Sir,
es gibt einige Probleme mit der Lieferung für Darfur, über die ich sie
informieren wollte“, sagt sie, wohlwissend, dass ich es nicht mag, wenn man
ewig um den heißen Brei herumredet.
„Die
da wären?“ hake ich nach.
„Sir,
Kriegsherren fangen die Lieferungen ab, selbst wenn sie aus der Luft abgeworfen
werden“, sagt sie und kommt direkt auf den Punkt.
„Und
die Landlieferung ist sowohl für die Einheimischen, als auch für die Amerikaner
gefährlich. Idioten! Ist es denn nicht genug, dass bereits deren eigene Leute
leiden? Jetzt müssen sie auch noch die Babys hungern lassen!“ schimpfe ich
wütend.
„Okay,
lassen Sie das Security-Team darüber schauen und lassen Sie Welch nach sicheren
Möglichkeiten suchen, wie wir die Lieferung zu den Leuten bekommen, für die sie
auch bestimmt ist. Sobald er eine geeignete Möglichkeit gefunden hat, soll er
mich anrufen und mit mir darüber sprechen“, sage ich entschlossen.
„Ja,
Sir“, antwortet sie.
„Das
ist alles, Andrea“, sage ich und lege auf. Trotz aller Probleme … werden es
immer mehr, anstatt weniger. Das wird ein sehr kostspieliges Projekt werden,
aber eines, das mir sehr am Herzen liegt. Es plagt mich, dass Kinder überall
auf der Welt Hunger leiden müssen, weil irgendjemand ihnen das Essen
verweigert.
Ich
arbeite noch weitere zwei Stunden, bis ich mich für das Abendessen mit Elena
fertigmache. Mein Blackberry vibriert und der Absender zaubert mir ein breites
Grinsen auf mein Gesicht. Wie macht sie das?
You're in My Heart by Rod Stewart
Von:
Anastasia Steele
Betreff:
Das sagt ja der richtige!
Datum:
31. Mai 2011 22:17 Uhr EST
An:
Christian Grey
Sehr
geehrter Herr,
Wenn
ich mich recht erinnere, ist das Elliots Spruch.
Hängen Sie immer noch?
Hängen Sie immer noch?
Deine
Ana
Diese
kurze Nachricht ist wie ein Licht, das mich aus der Dunkelheit zieht, die die
alltäglichen weltlichen Probleme, mit sich bringen.
Von:
Christian Grey
Betreff:
Schwebezustände
Datum:
31. Mai 2011 19:21 Uhr
An:
Anastasia Steele
Sehr geehrte Miss Steele,
Sie sind also vom Essen zurück. Ihr Aufbruch
war reichlich abrupt – gerade als es anfing,
interessant zu werden.
Elliot besticht nicht gerade durch
Originalität. Bestimmt hat er den Spruch auch jemandem
geklaut.
Wie war das Abendessen?
Christian Grey
CEO, Grey Enterprises Holdings Inc.
CEO, Grey Enterprises Holdings Inc.
Ich drücke auf Senden und warte ungeduldig
auf ihre Antwort. Kann ich mich noch kindischer benehmen?
Von:
Anastasia Steele
Betreff:
Schwebezustände?
Datum:
31. Mai 2011 22:25 Uhr
EST
An:
Christian Grey
Sehr
geehrter Herr,
das
Diner war ganz nett. Sie werden sicher erfreut sein, wenn ich Ihnen mitteile,
dass ich alles auf meinem Teller gegessen habe und bestimmt mehr, als ich
gebraucht hätte.
Was
wurde denn interessant?
Warum
spielt sie selbst jetzt mit mir? Baby, hast du etwa vergessen, dass du mich
gebeten hast, den Reißverschluss deines Kleides herunterzuziehen?
Von:
Christian Grey
Betreff:
Schwebezustände – ganz eindeutig
Datum:
31. Mai 2011 19:29 Uhr
An:
Anastasia Steele
Anastasia, sind Sie absichtlich so
begriffsstutzig? Wenn ich mich recht entsinne, hatten Sie mich gerade gebeten,
den Reißverschluss Ihres Kleids zu öffnen.
Worauf ich mich sehr gefreut hatte.
Und ich vernehme mit Befriedigung, dass Sie
etwas gegessen haben.
Christian Grey
CEO, Grey Enterprises
CEO, Grey Enterprises
Sie
schafft es immer wieder, mich auf jede erdenklich Art und Weise in den Wahnsinn
zu treiben. Aber ich bin ein Mann mit vielen Talenten, Miss Steele. Dieses
Spiel können auch zwei spielen.
Von:
Anastasia Steele
Betreff:
Tja … bleibt immer noch das Wochenende
Datum:
31. Mai 2011 22:35 Uhr
EST
An:
Christian Grey
Natürlich esse ich etwas … Die Unsicherheit,
wenn ich in Ihrer Nähe bin, verschlägt mir
einfach nur den Appetit.
Und ich würde mich nie mit Absicht
begriffsstutzig stellen, Mr. Grey.
Aber das wissen Sie ja inzwischen bestimmt schon ☺
So ist das also … Sie spielt mit mir.
Hmmm.
Von:
Christian Grey
Betreff:
Kann das Wochenende kaum erwarten
Datum:
31. Mai 2011 19:39 Uhr
An:
Anastasia Steele
Ich werde es mir merken, Miss Steele, und
dieses Wissen zweifellos bei Gelegenheit zu
meinem Vorteil einsetzen.
Tut mir leid, dass ich Ihnen den Appetit
verschlage. Ich hätte gedacht, ich hätte eine
anregendere Wirkung auf Ihre Fleischeslust.
Zumindest habe ich diese Erfahrung gemacht,
die ich nur als sehr angenehm beschreiben
kann.
Ich freue mich schon aufs nächste Mal.
Christian Grey
CEO, Enterprises Holdings Inc.
CEO, Enterprises Holdings Inc.
Sie antwortet sofort.
Von:
Anastasia Steele
Betreff:
Sprachliche Turnübungen
Datum:
31. Mai 2011 22:35 Uhr
EST
An:
Christian Grey
Fleicheslust? Wieder mal den Thesaurus bemüht?
Ich überprüfe, wie spät es ist und stelle
fest, dass ich es nicht mehr pünktlich schaffen werde. Ich muss los, um mich
mit Elena zum Essen zu treffen.
Von:
Christian Grey
Betreff:
Durchschaut
Datum:
31. Mai 2011 19:39 Uhr
An:
Anastasia Steele
Wie
gut sie mich kennen, Miss Steele.
Ich bin zum Abendessen mit einer alten
Freundin verabredet, deshalb werde ich mich jetzt
auf den Weg machen.
Ciao, ciao, Baby ☺
Christian Grey
CEO, Enterprises Holdings Inc.
CEO, Enterprises Holdings Inc.
Ich komme an unserem üblichen exklusiven und
vornehmen Restaurant an und reiche dem Angestellten meine Autoschlüssel. Ich
gehe hinein und werde sofort begrüßt und zu unserem üblichen Tisch geführt, an
dem Elena bereits wartet. Sie steht auf und lächelt mich herzlich an.
„Hallo Christian!“ begrüßt sie mich mit einem
freundlichen Lächeln auf ihrem Gesicht.
„Hi Elena“, erwidere ich und hoffe, dass ich
ihr dieselbe Herzlichkeit entgegenbringe, wie sie mir zuvor. Ich beuge mich zu
ihr und biete ihr meine Wangen an. Ihre Arme umschließen meine Oberarme,
während sie mich auf beide Wangen küsst. Sie lässt mich wieder los und wir
setzen uns beide gleichzeitig hin. Der Ober eilt herbei und fragt, was ich
gerne trinken möchte. Ich bestelle den Châteauneuf-du-Pape – einen Weißwein von
2009 - ohne überhaupt einen Blick auf
die Weinkarte zu werfen.
Nachdem der Ober davonhastet, untersucht mich
Elena mit abschätzendem Blick. Ihr entgeht nichts.
„Du scheinst mir heute ein wenig gereizt zu
sein, Christian. Ist alles in Ordnung?“
„Ja“, sage ich und klinge dabei ziemlich
schroff.
„In Ordnung“, sagt sie und ein Lächeln spielt
um ihre hervorragend geschminkten Lippen. „Ich bin davon ausgegangen, dass du
über sie sprechen möchtest“, sagt sie bedeutend. „Ich habe dich noch nie so
gereizt gesehen …“ sagt sie und verbessert sich. „Nicht in so vielen Jahren.
Was ist los? Geht es um deine neue Sub?”
„Ja”, sage ich und weiß genau, dass ihrem
prüfenden Blick nichts entgehen wird. „Anastasia ist weg. Deshalb bin ich ein
bisschen besorgt.“
„Für immer? Ich dachte, ihr zwei habt euch
gerade erst kennengelernt”, sagt sie überrascht und meine Reaktion drauf
schockiert mich selbst.
„Ach du lieber Himmel, nein! Ich ertrage ihre
Abwesenheit ja nicht einmal für einen Tag! Sie ist erst seit weniger als
vierundzwanzig Stunden weg“, sage ich und blicke auf meine Uhr, „und seitdem
bin ich einfach unausstehlich. Niemand hält es länger als nötig in meiner
Gegenwart aus. Sie ist nach Georgia gefahren, um ihre Mutter zu besuchen“, sage
ich. Sie hebt ihre Augenbrauen und sieht mich so an, als ob sie mich eben erst
kennengelernt hat.
„Und … wie ist der Sex? Ich nehme an, er ist unerwartet gut, wenn du sie so sehr
vermisst“, sagt sie und lächelt.
„Er ist spektakulär für jemanden, der so
jung, so unschuldig und so gewillt ist, zu lernen. Vor allem wenn man bedenkt,
dass sie Jungfrau war“, sage ich und blicke Elena an, um ihre Reaktion
beurteilen zu können.
Zu meiner Überraschung verschluckt sie sich
an ihrem Châteauneuf-du-Pape. Ihre Reaktion bringt mich zum Schmunzeln.
„Sie war Jungfrau?“ fragt sie etwas zu
spitzzüngig und ich blicke sie finster an.
„Ja. Ist das ein Problem?“ frage ich
abwehrend.
„Nein. Aber ich hätte nie gedacht, dass du
auf Jungfrauen stehst. Wann hat sich dieser Sinneswandel entwickelt? All deine
Subs waren erfahren und etabliert. Da sie noch so jung ist, hatte ich bereits angenommen,
dass sie noch nicht so viel Erfahrung hat, wie die anderen, aber eine Jungfrau?
Christian, bist du dir sicher, dass sie all deinen Bedürfnisse nachkommen
kann?“ fragt sie leise. Zu leise.
„Niemand hat meine Bedürfnisse bisher so sehr
befriedigt, wie sie es tut!“ sage ich abwehrend.
„Nun mach aber mal halblang! Angesichts
dessen, was du mir gerade offenbart hast, war sie bis vor drei Wochen völlig
unerfahren, was Sex betrifft …“ sagt sie und hebt fragend ihre Augenbraue. „Du
weißt, dass es Jahre braucht, um Unterwürfigkeit zu perfektionieren. Du hast
auch Jahre gebraucht“, sagt sie mit einem wissenden Lächeln. „Woher willst du
wissen, dass sie all deine Bedürfnisse befriedigen wird?“ flüstert sie entschieden und beugt sich zu mir. „Du hast
Bedürfnisse, die selbst eine erfahrene Sub nicht erfüllen kann. Dunkle
Bedürfnisse …“ sagt sie, lehnt sich zurück und lässt den Rest ihres Satzes
offen.
In mir braut sich die Wut zusammen und mein
Blick verdunkelt sich. „Ich möchte nicht, dass du so über Anastasia sprichst!
Ich mag sie!“ sage ich und blicke ihr fest in die Augen. Dann erweicht sich
meine Stimme, als ich an Anastasia denke. „Sehr sogar … ich weiß nie, was sie
tun wird oder sagen wird. Das ist sehr erfrischend. Sie ist klug, witzig und
hat ein großartiges Verhandlungsgeschickt“, sage ich mit einem idiotischen
Grinsen auf meinem Gesicht. „Ich habe mich noch nie so lebendig gefühlt – noch
nie in meinem Leben! Durch sie, fühle ich mich ganz und gar lebendig! Wenn ich
in ihrer Nähe bin, verliere ich den Verstand, aber gleichzeitig ist es mir ein
Rätsel. Sie verleiht mir eine neue Bestimmung, einen neuen Grund zu leben.“
„Ich bin fasziniert, Christian. Aber Klugheit,
Witz und Verhandlungsgeschick sind Fähigkeiten, die man sich von einem
Angestellten erhofft und nicht von einem Sexualpartner. Vielleicht ist sie dir
in deiner Firma von größerem Nutzen, als in deinem Spielzimmer. Aber wenn du
sie so sehr magst, dann würde ich sie gern treffen“, sagt sie kühl, als ob sie
mir damit einen Gefallen tun würde. Nach ihrer Bemerkung bleibt mir der Mund
offen stehen.
„Ich suche keine Angestellte!“ sage ich
harsch. „Und wenn sie es wollen würde, wäre sie äußerst wertvoll. Ich hatte
bereits einige Frauen, die all diese Qualitäten nicht besaßen. Sie haben
vielleicht über sexuelles Können verfügt, aber wir waren nie kompatibel. Dies
sind die Fähigkeiten, die ich an ihr schätze, weil sie weiß, wie sie sie in
unsere Beziehung einbringen kann. Und sicherlich wäre es keine gute Idee, dass
ihr beide euch kennenlernt, wenn ich deine Vorbehalte ihr gegenüber höre. Zudem
weiß ich, dass Anastasia dich nicht allzu sehr schätzt, um es milde
auszudrücken“, sage ich gerade heraus.
„Warum denn das? Und erzähl mir nicht, dass
du sie nicht deiner Lehrerin vorstellen möchtest“, sagt sie und sieht mich
spitz an.
„Sie möchte dich nicht treffen. Ich
glaube, sie hasst dich, weil du mich in den BDSM Lifestyle eingeführt hast, als
ich 15 war. Sie glaubt, du bist eine Kinderschänderin“, sage ich ausdruckslos.
Toxic by Britney Spears
Elena
wird kreidebleich und ist völlig verblüfft.
„Christian! Du weißt, dass es anders war!“
sagt sie abwehrend. „Ich habe gesehen, wie selbstzerstörerisch du dich
verhalten hast, und offen gesagt, waren deine Eltern mit ihrem Latein am Ende.
Deine Schlägereien, deine Probleme in der Schule oder hast du vergessen, dass
du innerhalb eines Jahres von drei verschiedenen Schulen geflogen bist? Sie
hatten kaum noch Möglichkeiten dir zu helfen, außer dich zu Hause zu
unterrichten. Dieser Lifestyle, den deine neue Sub“, sagt sie betonend,
„verabscheut, hat dir dabei geholfen, dein eigenes Schicksal in die Hand zu
nehmen und die Kontrolle über dein Leben zu haben. Er hat dir dabei geholfen,
deine destruktiven Tendenzen zu kanalisieren und dich so davor zu bewahren, dir
selbst Leid zuzufügen. Du hast gelernt, dich auf bestimmte Dinge zu fokussieren
und zielorientiert zu handeln. Es war nie meine Absicht, dich auf irgendeine
Art und Weise zu verletzen. Es war die einzige Möglichkeit, die ich kannte, die
dir dabei helfen könnte, deine Tendenzen zu lenken und Dampf abzulassen, um
fokussiert handeln zu können. Außerdem hast du keinerlei Schaden davon
getragen. Ich meine, sieh dich an! Frauen begehren dich und Männer wollen so
sein, wie du! Du bist reicher als Krösus und außerdem so jung! Du hast noch
dein ganzes Leben vor dir und das nur, weil du gelernt hast, deine destruktiven
Tendenzen zu kontrollieren und Dampf abzulassen, ohne dich dabei selbst zu
verletzen. Zudem hast du gelernt, dich auf deine Ziele zu konzentrieren.
Natürlich war es ein langer Weg, aber wir hatten Spaß.“
„Ich weiß. Sie versteht unsere Beziehung
nicht und sie macht sich Sorgen darüber, was wir hatten. Wir leben in einem
freien Land und natürlich darf sie ihre eigene Meinung haben“, sage ich.
„Aber du bist doch nicht derselben Meinung,
oder?“ fragt sie besorgt und lehnt sich über den Tisch zu mir. „Du weißt, wie
viel mir unsere Freundschaft bedeutet. Du bist mir wirklich wichtig. Du bist
die einzige Person, die mir so viel bedeutet …“ sagt sie und hält inne. „Mehr
als mir irgendjemand sonst bedeutet. Ich kann gar nicht deutlich genug machen,
wie viel mir deine Freundschaft bedeutet, wie wichtig sie für mich ist,
Christian. Ich möchte dich nicht verlieren und bestimmt nicht wegen eine deiner
Subs!“ wiederholt sie betonend.
„Bitte bezeichne Anastasia nicht als ‚eine
meiner Subs‘. Du bist mir auch wichtig und deine Freundschaft bedeutet auch mir viel. Außerdem
sind wir Geschäftspartner, wovon wir beide immens profitieren. Anastasia
versteht unsere Beziehung nicht, weil sie keine abgefuckte Vergangenheit hat
und dafür bin ich dankbar. Ich glaube nicht, dass ich damit umgehen könnte,
wenn sie solch eine Vergangenheit hätte“, sage ich und schüttele meinen Kopf.
Elena beäugt mich vorsichtig, als würde sie
einer Person gegenüber sitzen, die sie noch nie zuvor getroffen hat. Ich rede
weiter über meine Gefühle für Anastasia. „Ihre Abwesenheit“, sage ich, halte
inne und versuche meine Atmung unter Kontrolle zu bringen, „schnürt mein Herz
zusammen, als wenn es jemand herausreißen würde. Und die Tatsache, dass sie am
anderen Ende des Landes ist, der Gedanke, dass sie vielleicht einen anderen
Verehrer treffen könnte, macht mich unglaublich eifersüchtig! Ich kann diese
Emotion nicht benennen. Sie ist mir völlig fremd, Elena!“ sage ich atemlos.
„Verstehe … wenn du so starke Gefühle für sie
hast”, sagt sie und legt ihre Hand über meine, die auf dem Tisch ruht, „und du
sie so sehr vermisst, warum reist du ihr dann nicht nach? Das ist die einzig
logische Konsequenz … findest du nicht?“ hakt sie nach.
„Sie ist nach Georgia gefahren, weil sie in
meiner Gegenwart nicht klar denken kann“, seufze ich. „Mir geht es übrigens
genauso, aber ich glaube, sie muss ihre Gefühle für mich überdenken und
entscheiden, ob diese Beziehung funktionieren kann“, sage ich.
„Christian! Du überraschst mich! Sie ist
deine Sub! Eine Sub denkt nicht nach! Er oder sie tut einfach, was er oder sie
gesagt bekommt. Sie sollte das tun, was ihr gesagt wird. Ansonsten tritt ihr in
den Hintern und such dir eine, die dir gehorcht, so wie es eine Sub tun
sollte“, sagt sie entschieden, wie die Dom, die sie ist. Ich blicke sie finster
an.
„Elena, lass mich mit deinem Dom-Scheiß in
Ruhe! Ich brauche diesen Scheiß nicht und ich weiß besser als du, wie sich ein
Sub verhalten sollte!“ sage ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Ich bemerke
wie sie leicht zusammenzuckt, aber dennoch die Kontrolle behält. „Aber ich möchte
ihr den Raum geben, um den sie mich gebeten hat, den sie will und den sie
braucht. Aber heute, als wir hin und her gemailt haben, hat sie gesagt, dass
sie sich wünscht, ich wäre bei ihr. Ich glaube, sie vermisst mich so sehr, wie
ich sie. Ich möchte, dass das zwischen uns funktioniert … sehr sogar. Sie ist
nicht nur irgendeine Sub. Sie ist mir wichtig …“
Elena starrt mich einige Zeit an und sagt,
„Dann hast du deine Antwort bereits. Wenn sie sagt, sie wünscht sich, du
wärst bei ihr, dann will sie, dass du
kommst. Angesichts ihrer Unerfahrenheit und angesichts des wenigen Sex, den sie
in ihrem Leben bereits hatte und der kurzen Zeit, in der ihr beide nun zusammen
seit, glaubst du es ist klug, in diese …“, sie hält inne, um nach einem
passenden Wort zu suchen und fügt hinzu, „…diese, ich will es nicht Beziehung
nennen, obwohl ich glaube, dass du es so nennen würdest, weil dir auch kein
besserer Ausdruck einfällt … oh ja, Arrangement“,
sagt sie und ist sichtbar zufrieden mit sich selbst, weil sie ein Wort gefunden
hat, das unter dem Status einer Beziehung steht.
„Glaubst du, es ist klug, so viel in dieses
Arrangement zu investieren? Ich sage dies, weil ich mir wirklich Sorgen um dich
mache, Christian. Ich glaube nämlich, dass du emotional zu viel in dieses
Arrangement investiert und das nach nur so kurzer Zeit. Angesichts dessen, dass
sie gefahren ist, weil du zu intensiv für sie bist und der Tatsache, dass du
Gefühle für sie hast“, sagt sie und ich mache ein Gesicht, „Sag mir nicht, dass
du keine Gefühle für sie hast, Christian! Ich sehe es dir an. Deine Haltung,
deine Körpersprache … du weißt, dass ich dich lesen kann, wie ein Buch. Ich
kenne deinen Körper sehr gut, sowohl von innen, als auch von außen“, sagt sie
und auf ihrem Gesicht zeichnet sich ein liebevoller Ausdruck ab.
„Ich weiß, dass du dich zu ihr hingezogen
fühlst, auch wenn du es nicht zugibst. Das berührt mich … ziemlich sogar. Du
bewegst dich auf unbekanntem Gebiet. Es liegt außerhalb deiner Norm. Es ist ein
gefährliches Gebiet, weil du dich selbst emotional offenlegst und so leicht zu
verletzen bist. Emotionen bringen uns dazu, die Kontrolle zu verlieren. Du
weißt das besser, als irgendjemand sonst. Vor allem wenn man bedenkt, dass du
sie gerade erst getroffen hast. Vielleicht sollte sie einfach in Georgia
bleiben“, sagt sie und mir fällt die Kinnlade herunter.
„Was zur Hölle, Elena!“ sage ich aufgebracht.
„Sie ist die erste Frau, mit der ich nicht nur eine Dom/Sub Beziehung möchte!
Sie gibt mir Hoffnung. Sie zeigt mir Möglichkeiten, die außerhalb einer solchen
Beziehung bestehen. Nicht eine ständig wechselnde Sub, mit der ich nur das
Ficken gemeinsam habe, aber eine dauerhafte Beziehung. Ich möchte es nicht
vermasseln, Elena! Ich möchte sie nicht vergraulen. Ich glaube, ich könnte es
nicht ertragen, nicht mit ihr zusammen zu sein“, erkläre ich mit sorgenvoller
Stimme.
Elena fällt die Kinnlade herunter und ihre
Augen weiten sich.
„Christian Grey! Ich glaube es nicht! Bist du
in sie verliebt?” platzt sie heraus.
Ich sehe sie schockiert an und ich merke, wie
sich meine Augen vor Angst weiten. „Nein! Nein! Definitiv nicht! Ich liebe
nicht! Ich verdiene ihre Liebe nicht … ich … ich kann nicht lieben. Du hast es
doch bereits gesagt – es ist eine unnütze Emotion.” Ich schüttele meinen Kopf. „Nein,
ich kann nicht … ich meine, ich glaube, ich bin nicht verliebt”, sage ich und
weiß nicht einmal mehr, wen ich überzeugen will. Elena oder mich selbst.
„Hmmm …”, sagt Elena, ohne mich aus den Augen
zu lassen, „Lass mich deinen Satz neu formulieren, Christian. Du bist in
sie verliebt!“ sagt sie mit überzeugter Stimme – die Art von Stimmlage, die
jemand verwendet, der hundertprozentig von etwas überzeugt ist. „Aber
bist du dir sicher, dass das gut für dich ist? Bist du dir sicher, dass sie gut für dich ist, dich verdient?“ sagt sie mit
aufrichtiger Besorgnis in ihrer Stimme.
You Know I'm No Good by Amy Winehouse
Ich sehe sie fassungslos an. „Ich kann nicht verliebt sein, Elena! Ich
bin derjenige, der nicht gut für sie ist! Sie ist so unschuldig, so pur. Sie
hat solch ein reines Herz, das die Dunkelheit und nichts Abscheuliches, was die
Welt zu bieten hat, je gesehen hat. Ich habe Angst, sie zu verderben. Sie ist
nicht wie wir! Sie steht über uns, ist besser als wir. Sie ist wie ein Engel,
der Notiz von mir genommen hat, der sich um mich kümmert und deshalb möchte ich
nicht ihr Untergang sein“, sage ich mit sorgenvoller Stimme.
„Christian! Du bist immer so streng mit dir.
Hast du denn gar kein Selbstwertgefühl? Du musst damit aufhören, mein Lieber!
Sie sollte hoffen, dass sie gut genug für dich ist! Du bist ein guter Fang,
Christian …“, tadelt sie mich. „Du bist gutaussehend, reich und in so
vielfältiger Art und Weise talentiert. Frauen mögen das. Du bist etwas ganz
besonderes! Und dieser Engel-Mist, du übertreibst. Es gibt haufenweise nette
Typen hier in der Gegend … Warum machen diese netten Typen, die ganzen Frauen
nicht einfach glücklich? Hmmm? Weil diese Frauen das gar nicht wollen! Frauen
brauchen jemanden, der versteht, was sie selbst nicht verstehen. Wir tragen
alle einen dunklen Teil in uns. Etwas unterhalb der Oberfläche. Wenn jemand
kommt und diesen Teil herausfordert, erweckt dies Gefühle, von denen wir nicht
einmal wussten, dass sie in uns existieren. Jeder möchte auch einmal auf die
dunkle Seite gelangen. Aber es will bloß keiner zugeben!
Du weißt, dass der Schein trügen kann. Wer,
der noch ganz bei Trost ist, möchte keinen atemberaubenden Sex? Wer, der noch
ganz bei Trost ist, würde einen Sexgott verlassen – einen Mann, der noch
attraktiver ist als Adonis, reicher als kleinere Länder auf der Welt? Wo soll
sie jemanden wie dich finden? Du bist einer der wenigen heiratswürdigen
Junggesellen, der diese Qualitäten besitzt und das nicht nur in diesem Land,
sondern auf der ganzen Welt!“ sagt sie verärgert. „Wohingegen du nur mit dem
Finger schnippen brauchst und hunderte, nein, tausende Anastasias finden würdest,
die dir auch noch jeden Wunsch von den Augen ablesen würden! Du kannst dir die
Frauen aussuchen … Sie sollte sich glücklich schätzen, dass du ihr deine
Aufmerksamkeit schenkst, mein Lieber“, sagt sie völlig überzeugt von ihren
Argumenten über mich. Es macht mich rasend, dass sie so denkt und die Wut kommt
gerade so aus meinen Poren hervorgeschossen.
„Elena! Ich möchte es nicht noch einmal erleben, dass du
über Anastasia sprichst, als wäre sie eine von Tausenden! Sie ist ganz anders,
als du denkst! Ich schätze sie sehr und sie ist etwas ganz Besonderes, eine
unter Millionen. Im Verlaufe meines gesamten Lebens habe ich noch nie jemanden
wie sie getroffen! Nicht eine einzige Person!
Ich mag sie, weil sie sich überhaupt nicht für mein Geld interessiert.
Ich schaffe es nicht einmal, sie dazu zu bringen, ein simples Geschenk von mir
anzunehmen, ohne dass es zu einem Streit kommt oder einer langatmigen
Diskussion! Natürlich findet sie mich attraktiv, aber sie blickt auch hinter
meine Schale. Sie befreit mich von all dem Scheiß, der mich umgibt und in ihrer
Nähe fühle ich mich, als würde ich ihr meine komplette Seele offenlegen. Und
was den Sex betrifft, er ist einfach unglaublich. Weil sich unsere Körper
vereinen und wir einander so sehr begehren, dass wir wie füreinander geschaffen
sind. Die Spannung, der Sog zwischen uns ist greifbar und sehr berührend. Es
stimmt, dass ich in ihrer Nähe den Verstand verliere und ihr geht es nicht
anders, aber gleichzeitig …“ ich zögere und ergänze dann, „gleichzeitig finde ich eine neue Bestimmung in ihrer
Umgebung. Sie ist mir so wichtig. Ich habe dieses immense Verlangen, sie zu
beschützen und zu behüten. Ich habe Gefühle, die ich nicht in Worte fassen kann
und dass ängstigt mich zu Tode! Aber der Gedanke, sie zu verlieren, ist der
Schlimmste, den ich je in meinem Leben gehabt habe! Ich kann es mir nicht
einmal nur vorstellen! Es ist zu furchterregend … Meine Zuneigung ihr gegenüber
ist schier unbeschreiblich“, gestehe ich.
„Du bist wirklich in sie verliebt, Christian!
Was auch immer du nach diesem Geständnis sagen wirst, wird mich nicht vom
Gegenteil überzeugen! Ich kenne dich besser, als irgendjemand sonst …“ sagt
sie, aber ich unterbreche sie.
„Nein! Anastasia kennt mich besser!“, berichtige ich sie. Sie blickt mich zwischen
zusammengekniffenen Augen an, rückt ihr perfekt geschnittenes Haar zurecht und
streicht es sich mit ihrem manikürten Finger hinters Ohr.
„Besser als ich?“ fragt sie ungläubig.
„Du weißt, dass ich kaum persönliche Dinge
preisgebe“, sage ich zu ihr.
„Und ich bin mit dir vetraut
seitdem du fünfzehn bist, Christian!“ verkündet sie, und versucht mich zu korrigieren.
„Nein Elena! Du und ich sind ungefähr so
intim, wie ein Verkehrsunfall“, berichtige ich sie. „Du und ich haben
angefangen zu ficken, als ich fünfzehn und aufgehört als ich einundzwanzig war.
Aber das war auch das ganze Ausmaß. Ich habe dich auf jede vorstellbare und unvorstellbare Art und Weise
gefickt. Ich war dein Sub und du warst meine Dom. Gut, wir haben auch einmal
die Rollen für kurze Zeit getauscht, aber das war’s dann auch. Du und ich
können über alles Erdenkliche sprechen, aber sie ist die einzige Person, der
ich es jemals gestattet habe, mich näher kennenzulernen. Mich zu lieben, mit
mir zu schlafen. Du und ich haben nie miteinander geschlafen. Wir haben nur
gefickt! Wir haben uns ja nicht einmal geküsst!“ Ich starre sie an.
„Das Ficken war das Beste …”, erklärt sie
schlicht. „Kann diese Anastasia überhaupt mit uns mithalten?“ fragt sie geradeheraus.
Ich lächele sie stolz an.
„Sie ist besser, als alle Frauen die ich
gefickt habe und das kombiniert“, sage ich grinsend.
„Autsch!“ sagt sie lächelnd. „Das ist hart.“
„Du hast danach gefragt und ich habe dir
gesagt, wie ich es sehe, Elena.“
„Also gut. Da du so von ihr schwärmst,
Christian und verliebt in sie bist“, sagt sie und ich öffne meinen Mund, um
erneut zu protestieren. Sie hebt ihre Hand, um auszusprechen.
„Sieh mal. Du wirst zwar der letzte sein, der
es merkt, aber ich sehe, dass du in sie verliebt bist. Ich habe dich noch nie,
NIE, so gesehen! Wenn du eurer Beziehung überhaupt eine Chance geben willst,
solltest du zu ihr fahren. Flieg zu ihr! Besuch deine Frau, wenn du sie so sehr
vermisst. Scheinbar vermisst sie dich ja auch. Wenn sie genauso für dich fühlt,
dann sollte sie ja kein Problem damit haben, dich zu sehen, selbst wenn sie
sagt, dass sie ein bisschen Abstand braucht. Außer natürlich sie ist aus
irgendeinem anderen Grund weggefahren. Etwas, von dem sie dir nichts erzählt
hat. Fahr zu ihr. Fahr zu deiner Frau, Christian!“ sagt sie.
Plötzlich verspüre ich das immense Verlangen,
Anastasia zu sehen. Ich vermisse sie und ich weiß nicht, ob ich noch weitere
drei Tage ohne sie verbringen kann, ohne dass mich dieses Verlangen von innen
nach außen verbrennt.
„Ich möchte ihr den Raum geben, den sie
braucht, sodass sie in Ruhe nachdenken kann. Aber ich würde sie gerne sehen“,
sage ich sehnsüchtig.
„Oh Schatz, ich kann die Sehnsucht in deinen
Augen sehen. Vielleicht flippt sie aus, aber wie willst du herausfinden, was
sie macht“,
sagt sie und ich schwöre, dass ich sie murmeln höre, „oder mit wem sie es macht“,
aber es ist so leise, dass ich nicht genau sagen kann, ob ich es wirklich
gehört oder es mir nur eingebildet habe. Ich verenge die Augen zu Schlitzen,
aber sie gibt nichts Preis und leert ihr Weinglas.
„Ich nehme an, du willst sie immer noch als
deine Sub, richtig? Erzähl mir nicht, dass du nach all den Jahren deine
Ansichten änderst und nun mit einer Jungfrau zusammen sein willst, die quasi
nichts über Sex weiß. Wenn dem so ist, tut es mir Leid, dir sagen zu müssen,
dass du enttäuscht werden wirst. Und ich hasse es, dich so zu sehen, Christian.
Du weißt, was am besten für dich ist! Du weißt, was dir gut tut und was dir die
passende Erleichterung verschafft, nach der du dich sehnst. Du musst
herausfinden, ob sie all diese Dinge erfüllen kann.“
„Ich möchte sie immer noch als meine Sub, aber
ich bin gewillt ‚mehr‘ zu sein und ihr ‚mehr‘ zu geben. Das will sie nämlich.
Wir lernen Kompromisse einzugehen und so den Wünschen des anderen zu
entsprechen“, sage ich. „Wenn es wichtig für sie ist, ist es auch wichtig für
mich“, erkläre ich schlichtweg und Elena sieht mich mit offenem Mund an, als ob
ich ihr gerade erklärt hätte, dass ich ein keuscher Mönch werde, der nach Tibet
zieht und einsam und abgeschieden in den Himalayas lebt. Zum ersten Mal während
unseres Dinners ist sie sprachlos. Als der Entschluss sich in mir breit macht,
nach Georgia zu fliegen, um mit meiner Frau zusammen zu sein, vibriert mein
Blackberry und es ist Anastasia. Ich öffne die Nachricht und überprüfe sie
hastig und aufgeregt.
Von:
Anastasia Steele
Betreff:
Essen mit Freunden
Datum:
31. Mai 2011 23:57 Uhr
EST
An:
Christian Grey
Ich
hoffe doch sehr, dass du und deine Freundin einen angenehmen Abend hattet.
Ana
PS: War es Mrs. Robinson?
Da
ich weiß, dass Anastasia nur Rot sieht, wenn es um Elena geht, beschließe ich,
ihr erst zu schreiben, wenn ich nach Hause fahre oder gar nicht, bis ich selbst
in Georgia bin. Ich möchte Elena nicht auf unsere privaten Gespräche aufmerksam
machen, noch will ich Anastasias Feuer entfachen. Sorgfältig verstaue ich
meinen Blackberry in der Tasche meines Jacketts.
„Was
ist?“, fragt Elena.
„Nichts“,
sage ich lächelnd. „Weißt du, wie Anastasia dich nennt?”
„Nein“,
sagt sie ein wenig besorgt. „Nichts schlimmes oder unverdientes, hoffe ich“,
gibt sie zurück.
„Nein.
Dein Spitzname ist ‚Mrs. Robinson’”, sage ich.
Sie
lacht darüber. „Mrs. Robinson”, sagt sie und erprobt den Klang des Namens. „Sie
muss dir wirklich viel bedeuten, Christian. Sie ist die einzige Sub, mit der du
über mich gesprochen hast oder darüber, was wir miteinander hatten. Aber Subs
kommen und gehen ja anscheinend …“ sagt sie und lässt den Ende ihres Satzes in
der Luft hängen.
„Ja,
Sub kommen und gehen vielleicht, aber Anastasia bleibt!“ sage ich entschlossen.
Auf Elenas Gesicht zeichnet sich ein trauriges Lächeln ab, das schnell von
einem mitfühlenden Blick abgelöst wird.
„Fahr
zu ihr“, sagt sie und nimmt einen großen Schluck von ihrem Wein.
„Das
habe ich vor“, sage ich. „Sie gehört mir!“ Sie sieht mich einen Moment
teilnahmslos an.
„Allerdings.
Wenn sie wirklich, wie du sagst, ihre Gefühle ordnen muss, könnte sie
vielleicht Angst bekommen und davon laufen. Aber, wenn sie dich genauso sehr
begehrt, wie du sie, dann ist sie wahrscheinlich glücklich, dich zu sehen. Du
wirst es nie herausfinden, wenn du es nicht versuchst, Christian“, erklärt sie.
„Kommst
du nächste Woche zur Wohltätigkeitsveranstaltung meiner Eltern?“ frage ich sie
und ändere damit das Thema. Wenn sie kommen möchte, würde ich sie gerne davon
überzeugen zu Hause zu bleiben, da Anastasia bestimmt nicht begeistert wäre,
sie dort zu sehen.
„Ich
spende einen Beautytag für zwei in meinem Salon. Möchtest du, dass ich komme?
Ich habe es mir sowieso schon vorgenommen“, sagt sie spekulativ.
„Mir
wäre es lieber, du kommst nicht. Es wäre Anastasia bestimmt unangenehm“, sage
ich.
„Oh“,
sagt sie und nimmt einen weiteren großen Schluck. „In diesem Fall komme ich
natürlich nicht“, sagt sie nickend und Erleichterung durchströmt mich. „Ich bin
ein bisschen verletzt, Christian“, sagt sie lächelnd. „Wir waren mehr als
Freund und das über Jahre und jetzt gibt’s du einer Sub, die du erst vor drei
Wochen kennengelernt hast, den Vorzug. Ich hatte gehofft, du würdest unsere
Freundschaft etwas mehr schätzen“, erklärt sie.
„Elena,
ich werde allem aus dem Weg gehen, dass das, was ich mit ihr habe, zerstören
könnte. Ich muss es herausfinden und darüber nachdenken. Im Moment habe ich
nicht die Absicht, dass sich eure Wege kreuzen. Du hast einen anderen
Stellenwert für mich. Du bist meine Freundin. Wie es scheint, die einzige, die
ich habe. Aber sie, sie ist mein ‚mehr‘, oder diejenige, mit der ich ‚mehr‘
haben will. Bitte tu mir den Gefallen und lass mich darum kämpfen“, bitte ich
sie.
„Aber
natürlich, Christian! Ich möchte, dass du glücklich bist. Genau genommen, macht
es mich selbst glücklich, dich so zu sehen. Ich hoffe sie weiß, was sie in den
Händen hält. Meine einzige Sorge gilt dir, mein Lieber! Du bist ein guter Mann
und mein bester Freund zugleich! Ich schätze dich und unsere Beziehung so sehr,
dass ich nicht will, dass irgendetwas oder irgendjemand sie gefährdet. Das
wirst du doch nicht zulassen, stimmt’s?“
Ich
blicke sie eindringlich ein.
„Du
bist meine Freundin, Elena, und ich werde unsere Freundschaft immer wertschätzen,
so lange sie das, was ich mit Anastasia habe, nicht zerstört oder verletzt. Ich
hoffe, du respektierst das. Wir haben eine gemeinsame Geschichte, eine
Vergangenheit. Ich sorge mich auf meine eigene Weise um dich. Also bleibt das,
was wir hatten. Aber ich möchte, dass du ihr Raum gibst, da sie dich
offensichtlich nicht leiden kann und ich möchte nicht, dass du dich in meine
Beziehung mit ihr einmischst. Solange du das verstehst und einhältst, werden
wir keine Probleme haben“, erkläre ich.
Sie
nickt.
**** ❦ ♡ ❧ *****
Als
ich das Restaurant verlasse, ist es 21:30 Uhr und ich habe mich entschieden,
nach Georgia zu fliegen. Nachdem der Angestellte mein Auto hochfährt, bleibe
ich noch einige Minuten stehen, um Anastasia zu schreiben. Aber, der Wunsch sie
zu überraschen, überkommt mich und ich stoppe mich selbst.
Ich
möchte, dass sie weiß, dass ich keinerlei sexuelles Interesse an Elena habe und
dass meine Gedanken sich nur um Anastasia allein drehen. Ich will und begehre
nur sie. Niemand sonst! Ich vermisse sie. Ich vermisse sie wirklich … Aber ich
möchte, dass mein Besuch eine Überraschung für sie wird … hoffentlich eine
Überraschung, die sie nicht zu Tode erschreckt.
Ich
lege mein Blackberry in die Halterung, um das Bluetooth zu aktivieren und rufe
Taylor an.
„Ja,
Sir“, lautet seine begrüßende Antwort.
„Taylor,
ich möchte, dass sie den Piloten des Jets anrufen. Sagen sie ihm, dass er sich
bereithalten soll und seinen Co-Piloten informieren soll. Wenn ich nach Hause
komme, möchte ich, dass sie ein Hotel in Savannah reservieren. Wir fliegen
heute Nacht nach Georgia“, befehle ich.
Ich
schwöre, dass ich ein erleichtertes Seufzen von Taylor hören kann.
„Ja,
Sir!“, sagt er ein wenig zu enthusiastisch. Ich lege auf.
„Baby,
ich will mehr. Ich bin bereit, gewillt und in der Lage dir mehr zu geben”, sage
ich zu Anastasia, als ob sie hier bei mir wäre. Ich hoffe bloß, dass das, was
ich ihr zu bieten habe, genug für sie ist.
**** ❦ ♡ ❧ *****
Als
ich im Escala ankomme, hat Taylor bereits meine Tasche gepackt und den Piloten
und den Co-Piloten informiert, sich bereit zu halten.
„Wir
sollten in vier Stunden abheben können, Sir“, sagt er.
„Vier
Stunden? Es kann doch nicht vier verdammte Stunden brauchen, um abzuheben! Das
Flugzeug ist für die nächsten zwei Tage für keine Flüge eingeplant!” sage ich aufgebracht.
„Es
tut mir Leid, Sir. Das ist der Grund, warum es vier Stunden dauert. Der Pilot
ist nicht in der Stadt und er fährt gerade zurück. Ich denke, es ist das Beste
für unser aller Sicherheit, wenn unser Pilot und unser Co-Pilot ausgeruht sind,
bevor wir einmal quer übers Land fliegen.“ Ich werfe ihm einen spitzen Blick zu
und seufze.
„In
Ordnung! Vier Stunden und keine Minute mehr!” Ich vermisse meine Frau mit
solcher Heftigkeit, dass mich alles wütend macht- selbst die loyalen
Angestellten.
All I Want is You - U2
„Ja,
Sir. Geben Sie mir bitte etwas Zeit, um die Hotelreservierung zu machen“, sagt
er. Ich nicke.
**** ❦ ♡ ❧ *****
Als
wir endlich abheben, ist es fast 4:00 Uhr morgens. Ich kann nicht schlafen,
aber ich versuche mich selbst zu beschäftigen, indem ich die langatmige E-Mail
lese, die Anastasia mir geschickt hat. Ich kann sie bereits fast auswendig,
aber ich ertappe mich dabei, wie ich sie immer und immer wieder lese. Außerdem
versuche ich mich abzulenken, indem ich ein paar geschäftliche Reporte lese,
aber ich bin immer noch nervös. Ich sehe, wie Taylor mich beobachtet, aber er
sagt nichts. Sein Gesichtsausdruck
gibt’s nichts preis.
Als
wir in Savannah landen, ist es 15:00 Uhr Ortszeit. Am Flughafen steht ein SUV
für uns bereit und er bringt uns zu unserem Hotel. Taylor hat wie üblich, eine
Suite für mich reserviert. Es ist eines der besten Hotels in Savannah. Die
Aussicht, dass ich Anastasia bald sehen werde, erregt mich. Meine Aufregung ist
greifbar, da ich mich nun in derselben Stadt wie meine Frau befinde. Der
Gedanke, dass ich sie sehen kann, ändert meine Stimmung und ich bin gleich viel
glücklicher und nicht mehr so ein Monster. Ich weiß, wo Anastasias Mutter lebt.
Mrs. Carla Adams, verheiratet mit Robert, a.k.a Bob Adams. Genau genommen weiß
ich alles über Anastasia. Ich kenne sogar den Namen ihrer Erzieherin im
Kindergarten. Ich habe vor, mich heute ein wenig auszuruhen und mir vielleicht
etwas Land anzusehen, dass sich für Anlagezwecke eignet. Wenn Anastasia wieder
einmal ihre Mutter besuchen möchte, habe ich gute Gründe, sie zu begleiten.
Nachdem
ich eingecheckt habe, gehe ich in meine Suite und nehme eine lange Dusche. Das
Wetter hier ist heiß, feucht und schwül. Ich habe das fesselnde Verlangen zu
meiner Frau zu fahren, aber ich will sie nicht verschrecken. Ich werde sie
heute in Ruhe lassen und sie morgen anrufen und überraschen. Ich muss schlafen
und mich ein wenig ausruhen, da ich letzte Nacht während des Fluges quasi
keinen Schlaf bekommen habe. Obwohl sich in meinem Jet ein kleines Schlafzimmer
befindet und ich dort bequem schlafen könnte, haben mich die Gedanken an
Anastasia und die Aufregung sie blad zu sehen, davon abgehalten, eine Mütze
voll Schlaf zu kriegen. Ich bin völlig erschöpft. Aber ich möchte etwas
Besonderes für Anastasia tun und ihr beweisen, dass ich bereit bin, ihr ‚mehr‘
zu geben. Ich möchte, dass sie mein zweitliebstes Hobby mit mir teilt –
zweitliebstes, weil es nachdem ich Anastasia getroffen habe, auf den zweiten
Platz degradiert wurde. Fliegen. Ich beauftrage Taylor mit den Vorbereitungen. Er
wird mich informieren, sobald alles festgelegt ist.
Nachdem
ich noch etwas gegessen habe, lege ich mich endlich hin, um ein bisschen zu
schlafen. Als ich aufwache, ist es bereits fast 19:00 Uhr. Ich habe immer noch
Arbeit vor mir und da ich meine Routine drei Stunden hinterherhängt, will ich
meinen normalen Zeitplan nicht noch mehr durcheinanderbringen. Ich habe zwar Anrufe
von Andrea und Ros, aber das
Geschäftliche kann warten.
Ich
gehe duschen und ziehe meine Jeans und mein weißes Leinenhemd an. Ich fahre mir
mit meinen Fingern durch meine Haare. Das sollte erst einmal genügen. Ich gehe
herunter in das Hotelrestaurant. Der Kellner führt mich in eine ruhige Ecke und
ich bestelle zunächst etwas Wein. Ich studiere die Karte und bestelle
Seebarsch, Wildreis, Spargel mit Sauce Hollondaise und Rucolasalat.
Meine
Gedanken wandern wieder einmal zu Anastasia und ich bin zugleich aufgeregt und
besorgt, da ich nicht weiß, wie sie auf meine Anwesenheit hier in Savannah
reagieren wird. Immerhin ist sie hergefahren, um ein wenig Abstand von mir zu
haben. Aber sie hat doch gesagt, dass sie sich wünscht, ich wäre hier. So, hier
bin ich also. Als ich gerade esse, entscheide ich mich, ihr eine letzte E-Mail
als Antwort zu schreiben. Ich weiß, wie sie über Elena denkt und fühlt. Deshalb
möchte ich ihre Angst ihr gegenüber etwas besänftigen.
Von:
Christian Grey
Betreff:
Essen mit Freunden
Datum:
1. Juni 2011 21:41 Uhr
EST
An:
Anastasia Steele
Ja, ich habe tatsächlich mit Mrs. Robinson zu
Abend gegessen. Und sie ist nur eine alte
Freundin, Anastasia.
Ich freue mich, dich bald wiederzusehen. Ich
vermisse dich.
Christian Grey
CEO, Grey Enterprises
CEO, Grey Enterprises
Gerade als ich auf Senden drücke, blicke ich
auf und sehe Anastasia mit ihrer Mutter an der Bar sitzen und einen Cosmo
trinken. Sie schafft es immer wieder, mich zu überraschen. Ich war doch
derjenige, der sie morgen überraschen wollte. Und jetzt hat sie mich
überrascht, indem sie hier mit ihrer Mutter sitzt und ein oder zwei Cocktails
trinkt. Ihre Mutter geht gerade irgendwohin, als meine Nachricht ankommt. Ich
sehe wie sie ihren Blackberry überprüft. Ihr Gesicht wird puterrot vor Wut.
Schnell tippt sie eine Antwort, als ich sie von meinem Tisch aus beobachte.
Von:
Anastasia Steele
Betreff:
Essen mit ALTEN Freunden
Datum:
1. Juni 2011 21:43
Uhr EST
An:
Christian Grey
Christian, du kannst mich nicht davon überzeugen,
dass sie ist nur irgendeine alte Freundin ist.
Hat sie etwa einen neuen knackigen Jungen
gefunden, den sie sich einverleiben kann?
Bist du ihr inzwischen zu alt?
Ist das der Grund, weshalb ihr nicht mehr
zusammen seid?
Heilige
Scheiße! Sie ist noch wütender, als es ihr rotes Gesicht vermuten lässt und
ihre Wut überrascht mich völlig. Ich musste in den letzten sieben Jahren keine
meiner Handlungen vor irgendjemandem rechtfertigen. Es ist sowohl heiß, als
auch nervenaufreibend. Ich weiß natürlich, dass sie eifersüchtig ist. Aber ich
bin auch genervt, weil ich meine Autonomie mag. Und dennoch mag ich das irgendwie
an ihr. Sie verdeutlicht damit ihren Besitz an mir. Als ich Anastasia ansehe,
während ich ihr meine Antwort tippe, kehrt ihre Mutter zurück zu Bar und sieht
wie aufgebracht Anastasia ist. Sie reden miteinander und Anastasia schüttelt
den Kopf. Ich sehe, wie sie eine weitere Runde Drinks bestellen. Es ist an der
Zeit, sie wissen zu lassen, dass ich hier bin.
Von:
Christian Grey
Betreff:
Vorsicht
Datum:
1. Juni 2011 21:46 Uhr
EST
An:
Anastasia Steele
Das möchte ich nicht per Mail mit dir
besprechen.
Wie viele Cosmos willst du eigentlich noch
trinken?
Christian Grey
CEO, Grey Enterprises
CEO, Grey Enterprises
Als
sie die E-Mail auf ihrem Blackberry liest, weicht jegliche Farbe aus ihrem
Gesicht. Ihr Knopf schnappt herum und sie blickt sich um, um mich zu finden. Es
dauert nicht lange. Unsere Blicke treffen aufeinander. Ist sie atemlos? Ich
bewege mich langsam durch die Menge, ohne sie aus den Augen zu lassen. Ich bin
nervös, wütend, aufgeregt, glücklich und angespannt. Hier geht gar nichts. Ich
blicke meine Frau an, die mich völlig schockiert ansieht. Die typische Spannung
zwischen uns besteht wieder und zieht uns magisch an, sie ist greifbar. Ich
habe sie nun schon seit einigen Tagen nicht mehr gesehen. Ich bin nervös und
möchte sie am liebsten in meine Arme schließen. Aber ich bin mehr als nervös,
wie sie reagieren würde. Ich erreiche ihren Tisch an der Bar und mein Blick
ruht immer noch auf meiner Frau.
„Hi“,
quiekt sie kaum hörbar.
„Hi“,
antworte ich, beuge mich herunter und küsse sie keusch auf ihre Wange, obwohl
ich vielmehr als das machen möchte. Ich habe sie vermisst, und Erleichterung
durchströmt mich. Außerdem bin ich nervös, wie sie mich empfangen wird. Ich
sehe sie an, als ob ich ein wildes Tier beobachten würde, dessen Reaktion
überhaupt nicht abzuschätzen ist. Ich fühle, wie die Wut aus ihren Poren kommt.
Aber ihr Südstaatencharme greift über. Einen Moment lang fühle ich
Erleichterung. Ich will sie. Gott, wie ich sie will!
Baby, I Need Your Loving by The Four Tops
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