Kapitel II
Das zweite Treffen
Übersetzer: Janine Heistmann
Da stehe ich
nun, wie ein idiotischer Teenager vor dem Claytons Baumarkt. Sie arbeitet
heute. Ich atme tief ein und gehe hinein. Innerhalb von dreißig Sekunden finde
ich sie. Sie sitzt an der Kasse und sieht, vertieft in ihre Arbeit, auf den
Bildschirm, während sie einen Bagel ist. Ab und zu leckt sie sich mit der Zunge
Krümel aus ihrem Mundwinkel oder entfernt sie mit ihrem Zeigefinger. Plötzlich
verspüre ich den Drang, zu ihr zu gehen und ihr die Krümel von ihrer Lippe zu
lecken. Sie sieht genauso hübsch aus, wie ich sie in Erinnerung habe. Sogar
weit besser, in Jeans und T-Shirt, viel besser…
Sie sieht von
ihrer Aufgabe hoch und unsere Blicke treffen sich. Ihr Atem geht stoßweise. Ich
lächele. Ich bin froh zu sehen, dass ich
diesen Effekt auf sie ausübe. Sie ist auf jeden Fall nicht lesbisch. Sie ist
überrascht und ihre blauen Augen werden größer.
„Miss Steele. Was
für eine angenehme Überraschung sie hier zu sehen.”
Sie starrt
mein Outfit an, meinen Pullover, Wanderstiefel, an meiner Jeans verweilen ihre
Augen länger. Ich bin erfreut.
„Mr. Grey,”
sie schafft es zu atmen.
„Ich war in
der Gegend. Ich brauche ein paar Dinge,“ erkläre ich. Wieder beißt sie ihre
Lippe und errötet.
„Natürlich,
Mr. Grey,“ zuerst stottert sie, doch dann setzt sie ihr Verkäuferinnenlächeln
auf und fragt, „Womit kann ich Ihnen helfen?“
„Ich brauche
Kabelbinder,“ sage ich lächelnd. Was ich damit nur mit dir anstellen könnte,
denke ich und mein Blick verdunkelt sich. Sie errötet noch stärker. Sie führt
mich durch den Baumarkt. Dann hilft sie mir dabei Malerkrepp und Seile zu
finden. Sie fragt mich, ob ich renoviere. Ich lächle heimlich. Oh nein Baby,
ich renoviere nicht. Ich habe Leute, die das für mich machen. Diese Sachen sind
für andere Projekte, die du wahrscheinlich noch nie ausprobiert hast. Was es
für ein Spaß wäre, sie dir beizubringen.
Wieder errötet
sie unter meinem Blick. Sie ist genauso angetan von mir, wie ich von ihr. Ich
muss sie etwas fragen, damit ich noch mehr Zeit mit ihr habe.
„Arbeiten Sie
hier schon lange?“ Natürlich kenne ich die Antwort. Vier Jahre, Teilzeit. Sie
bestätigt es mir und hält ihren Blick immer noch gesenkt und schüchtern. Sie
zeigt mir zwei verschiedene Arten von Malerkrepp. Ich wähle das breitere.
„Brauchen Sie
sonst noch etwas?“, fragt sich mich mit heiserer Stimme. Ja, sie ist definitiv
von mir angetan. Ich bemerke, wie ich mit derselben Stimme antwortete. Später
schneidet sie das Naturfaserseil wie ein Pfadfinder und ich frage sie, ob sie
einer war und blicke sie gespannt an. Sie errötet wieder und blickt auf ihre
Finger, die sie nervös ineinander verschränkt. „Nein, Mr. Grey,“ sagt sie
„organisierte Gruppenaktivitäten sind nicht so mein Ding.“ Sie blickt mich kurz
von unten herauf durch ihre langen Wimpern an. Es ist frustrierend sie zu
entschlüsseln. „Was ist denn dein Ding, Anastasia?“ frage ich mit tiefer
Stimme. Sie keucht leicht. Ich glaube, ich kenne die Antwort bereits. Ich
wette, es sind Bücher.
“Bücher,”
flüstert sie. Aber ihr sehnsüchtiger Blick verrät noch etwas anderes. Kann ich
es wagen, Bronte und Jane Austen zu erwähnen? „Was für Bücher?“, frage ich
interessiert, obwohl ich die Antwort kenne.
„Ach das
Übliche. Klassiker. Hauptsächlich britische Literatur.”, flüstert sie. Ich
denke sie steht total auf Romantik, Herzchen und Blümchen. Ist das was für
mich? Bei mir gibt es keine Herzchen und Blümchen. Nachdenklich reibe ich an
meinem Kinn. Aber wenn es funktioniert, hätten wir eine Menge Spaß. Ich würde
es so gerne versuchen. Sie wechselt das Thema, indem sie in den Verkäuferinnenmodus
zurückkehrt.
„Brauchen Sie
noch etwas anderes, Mr. Grey?“
Ich muss sie
in ein Gespräch mit mir verwickeln. Sie betört mich. Ich kann meine Augen nicht
von ihr nehmen. Alles was sie macht, ihr Lippenkauen, ihr Winden und ihr
nervöses Fingerwringen, bringt mich dazu, mir zu wünschen, ihre Hände zu
fesseln und ihre Lippe zwischen meine zu nehmen und ihr eine Lektion zu
erteilen.
Dann hören
wir, wie ein Typ ihren Namen ruft, „Ana!“ Ein adrett gekleideter Typ kommt auf
sie zu. Ist das ihr Freund? Ein Schaudern durchfährt meinen Körper. Ich würde
den Typen am liebsten verprügeln. Wer zur Hölle ist er? Sie entschuldigt sich
und geht zu ihm. Meine Augen verschmälern sich. Vielleicht war es ein Fehler
hierher zu kommen. Er umarmt sie und legt
seine Arme besitzergreifend um sie. Aber sie erwidert es nicht. Ich blicke
ihn eisig an. Vielleicht geht doch nichts zwischen den beiden. Sie zieht den
Scheißkerl mit zu mir zurück.
„Mr. Grey, das
ist Paul. Seinem Bruder gehört der Baumarkt. Ich kenne ihn schon eine Weile,
aber wir sehen uns nur selten, da er in
Princeton Betriebswirtschaft studiert.“ erklärt sie und sieht mich erwartend
an. Ich seufze erleichtert. Der Scheißkerl ist nicht ihr Freund, aber der
Bruder vom Besitzer. Während wir uns gegenseitig abschätzen, fügt Anastasia
hinzu „Paul, das ist Christian Grey.“ Er braucht einige Sekunden, um zu
realisieren wer ich bin und ich kann erkennen, dass seine Gedanken voller Bewunderung
und Ehrfurcht sind. Ja, du Scheißkerl, lass sie in Ruhe und geh zurück in das
Loch, aus dem du gekommen bist. Er fragt
mich, ob ich etwas brauche.
„Anastasia war
bereits sehr aufmerksam,“ sage ich und sehe ihn abschätzend an. Schlussendlich
versteht er und geht. Ich verstehe nicht warum ich diese Eifersucht verspüre.
Ich bin nicht vertraut mit solchen Gefühlen und es ist ein unbehagliches. Warum
bin ich eifersüchtig und besitzergreifend ihr gegenüber? Sie ist nichts für
mich. Noch nichts … Ich würde es mir wünschen, dass sie etwas für mich wird.
„Kann ich Ihnen
noch weiter behilflich sein, Mr. Grey?“ Ich ignoriere ihre Frage.
„Wie kommen
Sie mit dem Artikel voran, Anastasia?“ frage ich. Sie sieht mir überrascht in
die Augen. Ich möchte nicht von ihr weggeschickt werden, ich möchte sie für
mich gewinnen.
„Oh, Kate …
ich meine, Miss Kavanagh, mein Mitbewohnerin schreibt ihn. Sie war ganz
geknickt, dass sie das Interview nicht selbst führen konnte. Sie findet es nur
schade, dass sie keine Fotos von Ihnen hat.“
Das überrascht
mich und gibt mir Hoffnung, dass ich vielleicht doch eine Möglichkeit finden
werde, Anastasia noch einmal zu sehen. Sie kann den Schimmer in meinen Augen
sehen.
„Wirklich?“
sage ich. “Ich bleibe hier in der Gegend. Vielleicht morgen… ?“ Aus meinem
Portemonnaie hole ich meine Visitenkarte und gebe sie ihr. Dabei berühren sich
unsere Hände kurz und die elektrische Spannung besteht wieder zwischen uns und
lässt mich auf keuchen. Meine Augen verdunkeln sich. Ich habe denselben Effekt
auf sie. „Sie sollten mich vor 10 Uhr morgens anrufen.“
Sie ist
angenehm überrascht und gibt mir ein strahlendes Lächeln, welches ihre ohnehin
schon hellen Augen noch mehr strahlen lässt. Sie raubt mir den Atem. Sie hat
wirklich das allerschönste Lächeln.
„Ja, werden
wir. Kate wird so glücklich sein. “ sagt sie aufgeregt.
Ich bezahle
meine Einkäufe, während sie wieder nach unten blickt. Ich wünsche mir so sehr,
dass sie mich ansieht. Warum verhalte ich mich nur wie ein Teenager? Ihre
Berührung rührt mich tief in meinem Inneren. Sie sieht mich erneut an, als ich
ihr meine Amex gebe. Unsere Blicke begegnen sich. Sobald ich meine Einkäufe
verstaut habe, drehe ich mich zu ihr und sage „Oh, Anastasia, ich bin froh, dass
Sie mich interviewet haben und nicht Miss Kavanagh.“ Ich will, dass sie weiß,
dass ich an ihr interessiert bin. Ich kann sie keuchen hören. Sie mag mich. Ich
verlasse das Geschäft mit einem erneuerten Ziel. Das wird klappen.
Taylor wartet
auf dem Parkplatz auf mich.
„Los geht’s,“
sage ich. Er fährt mich zum Heathman Hotel. Ich gehe in meine Suite und lege
meine Einkäufe auf einen Stuhl. Ich beginne zu arbeiten, in der Hoffnung, sie
ruft an. Wenn sie nicht anruft, werde ich Portland morgen verlassen und meine
Bestrebungen ihr gegenüber aufgeben. Ich hoffe sie ruft an. Ich gehe
trainieren, um meine überschüssige Energie abzubauen. Ich sehe ihr schüchternes
Lachen vor meinen Augen. Ich trainiere mehrere Stunden. Zurück in meinem
Hotelzimmer, gehe ich duschen. Anastasia und ihre Lippen sind mir noch immer im
Gedächtnis. Welche Chance habe ich auf ein weiteres Treffen, wenn sie mich
nicht anruft? Ich überlege mir bereits einen Notfallplan. Ich verliere nicht
wenn ich eine Mission habe. Nur wenn sie es so will. Sie ist zu jung, für das,
was ich mir vorstelle. Sie sieht so unerfahren aus. Warum ruft sie nicht an? Verdammt!
Ich beantworte
einige E-Mails als das Telefon klingelt. Ich kenne die Nummer nicht. Wer zur
Hölle ist das? Ich bin in schlechter Stimmung. Ich antworte barsch.
„Grey.“
Eine
schüchterne, nervöse und heisere Stimme antwortet.
„Ähm … Mr.
Grey? Hier ist Anastasia Steele.” Mein Herz stockt für eine Sekunde. Als es
normal weiterschlägt, antworte ich mit heiserem, aber sanftem Ton.
„Miss Steele. Wie
schön von Ihnen zu hören.“ Ich dachte schon sie würde mich nie anrufen. Ich bin
erleichtert. Ich höre sie stockend atmen. Ich fühle mich ermutigt, da ich so
eine Wirkung auf sie ausübe. Ich grinse
wie ein Idiot. Ich erzähle ihr, dass ich im Heathman Hotel in Portland
übernachte und bespreche mit ihr, dass das Shooting um 9:30 Uhr am nächsten
Morgen stattfinden soll. Als sie mit belegter, aufgeregter Stimme „Ok, wir
werden uns dort sehen,“ sagt, fühle ich,
wie sich meine Augen verdunkeln. Ich kann kaum noch bis morgen warten. „Ich freue
mich drauf, Miss Steele,“ sage ich mit verführerischer Stimme. Mein
Unterbewusstsein sagt bereits „Du bist mein!“
Das Warten auf
den nächsten Morgen wird von erotischen Träumen von Anastasia in
Seidenstrümpfen und Handschellen begleitet. „Anastasia,“ flüstere ich, ihr Name
ist wie ein Gebet auf meinen Lippen.
„Christian,“
haucht sie. Ihre Stimme ist genug, um mich zu entmannen. Verschwitzt wache ich
mit ihrem Namen auf meinen Lippen auf. Ich lege meinen Arm über meine Augen und
nehme ihn wieder weg und sehe beunruhigt an die Decke. Könnte ein anderer Name,
wie Janet, Mary oder Angie, denselben Effekt auf mich haben? Ich glaube nicht. Anastasia.
Der Name ist eine Liebkosung auf meinen Lippen. Es ist magisch, lebendig. Ich
bin von ihr verzaubert.
Ich stehe auf
und gehe ins Fitnessstudio, um mir die Zeit zu vertreiben. Nach meinem Workout,
nehme ich eine lange Dusche und ziehe ein weißes Hemd mit offenem Kragen und
meine graue Markenflanellhose, die mir tief auf den Hüften sitzt, an. Ich
frühstücke schnell und lasse meine Haare an der Luft trocknen. Sie ruft mich an
und teilt mir mit, dass sie eine andere Suite des Hotels für das Shooting
gebucht haben. Taylor wartet an der Tür.
Sobald ich die
Suite betrete, beginne ich nach ihr zu suchen. Da steht sie. In engen
tiefsitzenden Jeans, die ihre Kurven betonen und einem weißen Shirt, das ihre
Figur hervorhebt. Ich fühle wie sich ihr Atem beschleunigt, als sie mich sieht
und begrüßt mich diskret.
„Miss Steele,
so sieht man sich wieder,“ sage ich und strecke meine Hand aus, um ihre kleine,
blasse Hand zu nehmen. Als wir uns berühren, spüre ich wieder diese elektrische
Spannung zwischen uns und weiß, dass sie es auch fühlt, als sie häufig zu
blinzeln beginnt. Sie errötet und ihr Atem wird unregelmäßig. Sie zieht ihre
Hand viel zu schnell weg und stellt mich ihrer Mitbewohnerin vor, die nicht
anders als erwartet, ein selbstsicheres und herrisches Auftreten hat. Ganz wie
ich.
„Die
beharrliche Miss Kavanagh. Wie geht es Ihnen?” sage ich und danke Gott, dass es
Anastasia war, die gekommen ist und nicht sie. Sie ist hübsch, aber ich würde
sie nicht anrühren.
Dann stellt
Anastasia den Fotografen vor. „Das ist Jose Rodriguez, unser Fotograf.“ Sie
lächelt ihn liebevoll an und er erwidert dies, besitzergreifend. Ich fühle, wie
sich Wut in mir aufstaut. Ist dieser Scheißkerl ihr Freund?
„Mr. Grey,“
der Scheißkerl nickt mir zu.
„Mr.
Rodriguez,“ sage ich eisig. Ich wechsele immer wieder die Position während des
Shootings und lasse Anastasia keine Sekunde aus den Augen. Ich muss
herausfinden, ob einer dieser Scheißkerle, die ich in den letzten zwei Tagen
getroffen habe, ihr Freund ist. Sie waren beide besitzergreifend ihr gegenüber.
Ungefähr dreißig Minuten später sind wir fertig. Miss Kavanagh und ich plaudern
kurz miteinander. Ich drehe mich zu Anastasia und frage, „Begleiten Sie mich
hinaus, Miss Steele?“
„Sicher,“ sagt
sie ängstlich, während ihre Freundin uns argwöhnisch beobachtet und der scheiß
Fotograf finster drein blickt. Er ist ihr Freund, schießt es mir durch den
Kopf. Ich muss es herausfinden. Ich teile nicht. Sie muss mir ganz allein
gehören.
Ich öffne die
Tür und lasse sie hinaus. „Würden Sie mich auf einen Kaffee begleiten?“ Ich verbanne die Erwartung aus meinem Blick
und fühle, wie sich ihr Herzschlag beschleunigt und ihr Gesicht rosa anläuft. Ja,
Baby, das ist ein Date.
Glad You Came - Wanted
Enttäuscht
erklärt sie mir, dass sie alle nach Hause fahren wird. Ach komm schon Baby, das
hindert mich doch nicht.
„Taylor!“
“Bitte bringen
sie Miss Kavanagh, den Fotografen, seinen Assistenten und die Ausrüstung dahin,
wo sie es wünschen.“ Dann drehe ich mich zu Anastasia und sage „Problem
gelöst.“
„Oh, Taylor
muss das nicht tun, Mr. Grey. Ich kann mit Kate das Auto tauschen.“ Sie geht
zurück in die Suite, spricht kurz mit ihrer Freundin und kommt zurück.
„Ok, lassen
Sie uns einen Kaffee trinken.“ sagt sie und wird scharlachrot. Diese Farbe
lässt mich grinsen. Auf dem Weg zum Fahrstuhl unterhalten wir uns. Ich drücke
den Knopf, um den Fahrstuhl zu rufen. Als sich die Türen öffnen, springt ein
Paar, das gerade herumgemacht hat, schnell auseinander. Was haben Aufzüge nur
an sich? Anastasia guckt beschämt. Ich nehme meinen Blick nicht von ihr und
sehe wie sich die liebliche rote Farbe auf ihrem schüchternen Gesicht
ausbreitet. Ich versuche mir ein Lächeln zu verkneifen… vergeblich. Als der
Fahrtsuhl das Erdgeschoss erreicht, öffnen sich die Türen und ich ergreife
Anastasias Hand und führe sie aus dem Fahrstuhl hinaus. Wir hören das Pärchen
kichern, während ich murmele, „Was haben Aufzüge nur so an sich?“
Wir überqueren
die Straße zu einem Café, während ich noch immer ihre Hand in meiner halte. Die
elektrische Spannung ist konstant zwischen uns. Ich lasse sie einen Tisch
wählen und frage sie, was sie möchte.
„Englischen
Frühstückstee, mit dem Beutel extra,“ sagt sie und überrascht mich damit. Also
kein Kaffee. Entschuldigend erklärt sie, dass sie Kaffee nicht so mag. Als ich
uns also etwas zu trinken und zu essen hole, bemerke ich wie sie mich heimlich
beobachtet und auf ihrer Lippe kaut. Sie senkt ihren Blick und schaut auf ihrer
ineinander verknoteten Finger, als ich zum Tisch zurückkehre. Wie gern würde
ich herausfinden, warum sie errötet. Ich hoffe meinetwegen.
„Na, was geht
in Ihrem hübschen Kopf vor?“ frage ich.
Sie errötet.
Gott! Was ich nicht alles mit dir anstellen würde, um herauszufinden an was du
denkst! Ich stelle das Tablett auf den Tisch, den sie gewählt hat und strecke
meine Beine auf dem Platz ihr gegenüber aus, um ihr wunderschönes, schüchternes
Gesicht besser sehen zu können. Ich hake nach:
„Und, was
denken Sie?“
Sie gibt
nichts Preis. „Das ist mein Lieblingstee. Ich mag ihn schwach und schwarz,“
sagt sie. Ich muss mich endlich aus meiner misslichen Lage befreien und sie
fragen. Ich halte es nicht mehr länger aus.
„Ich
verstehe.“ sage ich “Ist der Fotograf ihr Freund?”
„Nein“ stößt
sie hervor, „Er ist nur ein guter Freund. Eher wie ein Bruder.“
„Ich
verstehe,“ unterbreche ich sie „Und was ist mit dem Mann im Baumarkt?“ frage
ich sie direkt.
„Nein. Er ist
auch nicht mein Freund, das habe ich Ihnen gestern schon gesagt.“ Innerlich
seufze ich vor Erleichterung.
„Warum fragen
Sie?“
„Sie werden
nervös in der Gegenwart von Männern,“ stelle ich fest. Sie sieht wieder auf
ihre verknoteten Finger und errötet.
„Ich finde Sie
einfach einschüchternd,“ gibt sie zu. Obwohl ich deutlich sehen kann, dass sie
die Wahrheit sagt, da sie bis zum Haaransatz errötet, muss ich scharf einatmen.
Ich habe eine Wirkung auf sie. Dieser Gedanke gefällt mir und ich kann nicht
anders und muss lächeln.
„Ich bin
einschüchternd, aber schauen Sie bitte nicht immer nach unten. Ich möchte ihr
schönes Gesicht sehen,“ sage ich und
möchte deine Lippen, auf denen du kaust, küssen. Sie blickt auf.
„Ich möchte
wissen, was Sie denken. Sie rätselhaftes Wesen, Anastasia.”
Sie sieht
verwirrt aus.
Ich sage ihr,
dass Sie ziemlich oft rot wird und ich zu gerne wissen möchte, weswegen. Sie
fragt mich, ob ich immer so persönliche Bemerkungen mache. Ich wusste nicht,
dass ich es tat. War sie es nicht, die letzte Woche persönliche Bemerkungen
über mich gemacht hat? Sie schockiert mich, als sie erklärt, dass sie mich für
überheblich halte. Aber wie recht du hast, Baby!
„Ich bin es
gewohnt, meinen Willen durchzusetzen,“ erzähle ich ihr, „in allen Dingen.“
Ich möchte
mehr über sie wissen und frage sie über ihre Familie. Sie fragt mich über
meine. Aber ich habe mehr Lust etwas über ihre zu erfahren. Aber sie gibt nicht
viel Preis. Als ich ihr erzähle, dass meine Schwester Mia in Paris ist, sagt
sie sehnsüchtig, „Ich habe gehört, Paris soll wunderschön sein,“ Ich erzähle
ihr, wie schön es ist und frage sie, ob sie schon einmal dort gewesen ist. Aber
sie hat noch nie das Land verlassen.
Ich frage sie,
ob sie gerne einmal hinfahren möchte. Ihr Gesicht erhellt sich und sie sagt „Nach
Paris? Natürlich, aber ich würde noch lieber nach England fahren.“ Ich denke,
ich weiß warum. Mein Zeigefinger streicht über meine Unterlippe. Sie sieht so
aus, als ob sie sich ein Keuchen kaum noch verkneifen kann. „Warum?“ frage ich.
„Austen,
Bronte, Shakespeare, Hardy. Ich würde gern die Orte besuchen, die diese
Schriftsteller inspiriert haben,“ sagt sie ohne zu blinzeln. Herzchen und
Blümchen, wie ich erwartet habe. Sie sieht auf ihre Uhr. Sie will los, um für
ihre Abschlussprüfung zu lernen. Ich biete ihr an, sie zum Auto von Miss
Kavanagh zu begleiten. Sie dankt mir für den Tee. Oh, das Vergnügen ist ganz
meinerseits. Ich lächele. Ich halte ihr meine Hand hin und sie ergreift sie
automatisch. Sofort ist die Spannung zwischen uns wieder da. Gedankenverloren
gehen wir zurück zum Hotel. Ich liebe es, wie ihr Arsch in dieser Jeans
aussieht und ohne nachzudenken frage ich sie, „Tragen Sie immer Jeans?“
„Meistens,“ antwortet
sie verwirrt. Sie stehen ihr. Sehr sehr gut. Gerade als wir auf den Parkplatz
zusteuern, platzt sie heraus, „Haben Sie eine Freundin?“ Sie errötet. Ich
denke, sie hat einfach ihren Gedanken laut ausgesprochen. Ich gebe ihr ein
halbes Lächeln.
„Nein,
Anastasia. Eine feste Freundin ist nichts für mich,” antworte ich ihr leise.
Sie ist verwirrt,
natürlich. Verschiedene Gedanken flackern über ihr Gesicht, aber sie schmückt
keine in Worte. Sie sieht enttäuscht aus und versucht sich meiner Hand zu
entziehen. Hastig macht sie einen Schritt vorwärts und stolpert auf die Straße.
Ich rufe, „Scheiße, Ana!“ und greife nach ihrer Hand, um sie gerade noch vor
einem vorbeifahrenden Fahrradfahrer wegzuziehen. Ich ziehe sie so nah wie
möglich an meinen Körper. Ich merke, wie sie meinen Geruch einatmet, als ich
ebenfalls den weiblichen Geruch ihrer Haare und ihrer Haut wahrnehme. Ich
schließe kurz meine Augen und flüstere in ihr Ohr, „Alles in Ordnung?“ Ich
drücke sie mit einer Hand in ihrem Rücken weiter an mich und untersuche mit
meiner anderen ihr Gesicht auf Kratzer. Ich streife ihre Unterlippe mit meinem
Daumen, als ein Schaudern meinen Körper durchfährt. Ihr Atem stockt. Wir sehen
einander an. Ihr Blick und ihr Körper signalisieren mir “küss mich.”
Sie ist
wunderschön und ich kämpfe gegen den Drang an, sie noch näher an mich zu ziehen
und sie zu küssen. Ich schließe kurz meine Augen und als ich sie wieder öffne,
bin ich entschlossen. Sie ist zu jung, zu unschuldig, zu schön. Sie eignet sich
nicht für meine Welt.
„Du solltest
dich besser von mir fern halten, Anastasia. Ich bin nicht der richtige Mann für
dich,“ flüstere ich. Ihr Gesicht fällt zusammen, als ob ich sie hart geschlagen
hätte. Es ist besser, sie jetzt zurückzuweisen, als sie später zu verletzen.
„Tief
durchatmen, Anastasia, okay? Ich stelle dich jetzt wieder auf die Füße und
lasse dich selber laufen.“ Auf ihrem Gesicht zeigt sich Enttäuschung und
Schmerz. Sie öffnet ihre blauen Augen so weit wie es ihr möglich ist, damit
keine Tränen aus ihren Augen kommen können.
„Ich habe es
verstanden,“ sagt sie, „Danke, Mr. Grey.“
„Wofür?“
„Dafür, dass Sie
mich gerettet haben,“ sagt sie den Tränen nahe.
Ich bin wütend auf den Scheißkerl, der sie fast
umgefahren hat. „Es war nicht Ihr Fehler. Der Idiot war schuld! Möchten Sie
sich im Hotel noch ein bisschen hinsetzen?”
“Mir geht es
gut,” sagt sie und ihre Stimme bricht. „Danke für das Fotoshooting,“ murmelt
sie. Ihr letzter Versuch gegen die Tränen anzukämpfen. Ich bin hin- und
hergerissen zwischen unbekannten Gefühlen. Ich bin fast so weit, ihr zu
gestehen, dass ich ein abgefuckter Typ bin und dass sie das, was ich ihr geben
kann, unglücklich machen wird. Sie ist ein romantisches Mädchen. Herzchen und
Blümchen. Und der in fünfzig Facetten abgefuckte Christian Grey macht so etwas
nicht.
„Anastasia … Ich…“
ich stoppe. In meinem Inneren kämpfe ich mit mir selbst. Ich will sie. Aber ich
will sie auch nicht verletzen. Ich bin zerrissen. Ich kann den Schmerz auf
ihrem Gesicht nicht ertragen.
„Was ist los,
Christian?“ herrscht sie mich an, mein Name wie ein Gebet auf ihren Lippen.
Nein, ich kann ihr das nicht antun. Ich atme kurz ein und sage, „Viel Glück bei
den Prüfungen,“ und verwirre sie damit.
„Danke!“ sagt
sie den Tränen nahe und entfernt sich von mir. Das letzte, was ich sie sehe
ist, wie sie sich die Tränen aus dem Gesicht wischt. Ich trete mir selbst in den
Arsch.
Scheiße!
Scheiße! Scheiße!
Ich gehe
zurück zum Hotel. Ich muss etwas schlagen, jemanden, etwas … Ich bin voller
Gefühle, mit denen ich nicht vertraut bin. Ich kriege ihr Gesicht nicht aus dem
Kopf. Ihr Blick… der Schmerz… Scheiße! Es ist alles mein Fehler. Ich bin nicht
der Typ für eine feste Freundin und sie ist nicht der Typ Frau, der so etwas
wie ich machen will. Ich bin in einer
Sackgasse. Ich habe ein unbekanntes Verlangen nach ihr, etwas zieht mich
zu ihr und ich will sie nicht verletzen. Ich werde sie verletzen. Sie ist zu
unschuldig. Es würde nicht mit ihr funktionieren. Der Kampf in meinem Inneren
wütet. Woher will ich wissen, dass es nicht klappen könnte, wenn ich es nicht
versuche?
Verdammt! Ich
gebe mir einen Tag. Mal sehen, ob ich über sie hinweg komme. Scheiße! Ich rufe
Claude Bastille an und fordere ihn auf, seinen Arsch nach Portland zu bewegen.
Ich brauche ein heftiges Workout.
Morgen. Ich
werde bis morgen warten.
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